Marcus Scholz

28. August 2020

Endlich! Das hat mir nach einer gefühlt langen Phase mit durchwachsenen Partien echt mal wieder gut gefallen. Bis auf die individuellen Unachtsamkeiten von anfangs Josha Vagnoman und später noch Julian Pollersbeck sowie Tom Mickel und Jung in der zweiten Halbzeit hat der HSV heute mit der Dreierkette gegen den niederländischen Topklub Feyenoord Rotterdam richtig gut gearbeitet. Klar, die kapitalen Fehler dürfen nicht passieren und hätten den HSV auch 0:2 oder gar 0: 3 zurückliegen lassen können – aber diese Fehler sind mit etwas mehr Konzentration und etwas weniger müden Beinen abstellbar. Zudem muss ich sagen, dass mir in der Offensive die Umstellung von Sonny Kittel auf die Zehn sehr gut gefallen hat. Ebenso wie der erneut sehr fleißige Manuel Wintzheimer, der sich mit seinem Sieg-Treffer erneut zu empfehlen wusste. Dass zudem die rechte Seite mit Vagnoman hinter Narey besser harmonierte als gestern Bakery Jatta mit Vagnoman – es passte in das insgesamt gute Spiel des HSV und sorgte für den überraschenden, aber verdienten 1:0-Sieg des HSV gegen Feyenoord Rotterdam…

 

 

Ich muss zugeben, dass ich in den letzten Tagen ein ungutes Gefühl hatte, wie es beim HSV weitergeht. Und das ist auch noch nicht gänzlich behoben, ehrlich gesagt. Aber heute habe ich das erste Mal einen organisiert auftretenden HSV gesehen, der eine sehr gute Balance auf dem Platz hatte. Es gab keine großen Lücken mehr. Die Abwehr stand trotz des „Kinderriegels“ Vagnoman, David, Ambrosius in der Dreierkette sicher und wurde von den Außen Narey und Leibold gut ergänzt/unterstützt.  Vor allem aber hatte der HSV durch die Umstellung im Zentrum, wo Amadou Onana (Leiste) und Aaron Hunt (muskuläre Probleme) verletzungsbedingt ausfielen, heute endlich Zug nach vorn. und Ideen. Klaus Gjasula war deutlich konzentrierter und räumte ab, während Jeremy Dudziak das Defensivspiel des HSV als Schnittstellenspieler immer wieder schnell auf Offensive umschaltete. Und vorn war der HSV trotz des nur mäßigen Auftrittes von Terodde mit Sonny Kittel und Manuel Wintzheimer immer wieder gefährlich.

Wieder trifft Wintzheimer - und belohnt sich selbst

Insbesondere Wintzheimer krönte sich heute zum Gewinner dieses Trainingslagers. Und das nicht zuletzt durch seinen Treffer in der 52. Minute, als ihn Gjasula lang schickte und sich der zuletzt an den VfL Bochum verliehene Angreifer erst körperlich stark durchsetzte, um dann eiskalt mit dem linken Fuß abzuschließen. Ein vermeintlich unspektakulärer Treffer – aber eben auch richtig gut gemacht von einem Angreifer, den die meisten hier in Hamburg schon wieder vor dem Abflug wähnten. Inzwischen aber hat sich Wintzheimers Position trotz des Zukaufs von Top-Angreifer Simon Terodde sogar verbessert. Dank seiner eigenen Leistungen wohlgemerkt.

Und wo es Gewinner gibt, gibt es fast immer auch Verlierer – und hier heißt er ziemlich eindeutig Lukas Hinterseer. Der Österreicher, mit dessen Abgang spätestens seit der Terodde-Verpflichtung viele rechnen, kam auch heute nur zu 30 Minuten Spielzeit und dürfte sich selbst ausrechnen können, wie sein Standing aktuell beim neuen Trainer Daniel Thioune ist. Dass das HSV-Spiel mit seiner Einwechslung, die einherging mit der von Amaechi und Wood, zwar offensiv etwas weniger gefährlich aber alles andere als schlecht wurde – es wird ihm aktuell im internen Konkurrenzkampf nicht viel helfen.

 

 

Zumal am kommenden Wochenende nur noch ein Testspiel gegen Hertha BSC ansteht, es am 14. September zum ersten Pflichtspiel nach Dresden und anschließend schon in der Zweiten Liga im Auftaktspiel gegen Fortuna Düsseldorf geht. Und das dann auch mit einem neuen Innenverteidiger, der seit Donnerstag in Bad Häring beim HSV ist: Toni Leistner. Der 30 Jahre alte Defensivspieler war in der Rückrunde der Vorsaison an den 1. FC Köln verliehen und stand seit Sommer 2018 beim englischen Zweitligisten Queens Park Rangers unter Vertrag. In Hamburg erhält der ablösefreie Profi einen Zweijahresvertrag, teilte der HSV am Freitag mit. Leistner hat in der Bundesliga 13 und in der Zweiten Liga 135 Spiele bestritten. In England absolvierte er 71 Partien.

„Toni ist ein Innenverteidiger mit großer Zweitliga-, aber auch Erstligaerfahrung. Er ist sehr zweikampfstark und verfügt über eine tolle Persönlichkeit. Er passt genau in unser Anforderungsprofil und ist die gesuchte Verstärkung. Seine Entscheidung für den HSV trotz anderer Angebote zeigt, dass er Bock auf die Aufgabe in Hamburg hat“, sagt HSV-Sportdirektor Michael Mutzel auf der vereinseigenen Homepage.

Leistner kommt ablösefrei für zwei Jahre

Auch Leistner, der zukünftig mit der Nummer 37 auflaufen wird, zeigt sich erfreut über die Zusammenarbeit: „Ich hatte sehr gute Gespräche mit den Verantwortlichen, die mich total überzeugt haben. Jetzt freue ich mich auf die Aufgabe und will möglichst schnell die Jungs kennenlernen.“ Zuletzt hatte die „Bild“ berichtet, dass Bundesligist Union Berlin  den Abwehrmann nach der Vertragsauflösung mit Neven Subotic (31) zurückholen wolle.

 

Dass Leistner benötigt wird, zeigte sich heute trotz der Leistungssteigerung bei Ambrosius/David/Vagnoman erneut sehr deutlich. Zum einen durch die Nicht-Einwechslung von Ewerton, der offensichtlich noch immer nicht zu 100 Prozent fit ist. Zum anderen aber auch durch die Einwechslung von Gideon Jung, der vom ersten Moment an überfordert wirkte und mit einem kapitalen Fehlpass quer durch den eigenen Sechzehner die Niederländer zum Ausgleich einlud – allein Dudziaks Reaktion war es zu verdanken, dass es beim 1:0 für den HSV blieb.

Ob und inwieweit Leistner, der seinen eigentlich noch bis 2021 bei den Rangers laufenden Vertrag auflöste und ablösefrei nach Hamburg wechselt, sofort helfen kann, wird sich zeigen. Mit dem ehemaligen und Wieder-Mannschaftskameraden Simon Terodde hat er auf jeden Fall einen schnellen Anknüpfungspunkt im Team. Vor allem aber hat der HSV seit heute, seit der Systemumstellung Thiounes einen „Kinderriegel“, der heute zeigte, dass er durchaus das Zeug hat, zum dauerhaften Abwehrriegel beim Zweitligisten zu werden. Vielleicht mit Hilfe der Erfahrung Leistners und/oder Ewerton oder auch einem weiteren neuen Innenverteidiger, die die Jungen als „Säulenspieler“ führen sollen. Aber auch das wäre okay. Wichtig ist, dass der HSV tatsächlich talentierte Spieler in den Reihen hat, die sich entwickeln können und die auf dem richtigen Weg sin. Obgleich klar ist, dass dieser sicher noch weit ist und künftig schwerer wird als gegen die Niederländer von Feyenoord, die nach acht Tagen Trainingslager heute ihre letzte Einheit gegen den HSV „feierten“.

 

Wintzheimer empfiehlt sich mit guten Leistungen

Apropos Feiern – um hier nach den zuletzt eher unterdurchschnittlichen Leistungen nicht gleich durchzudrehen, werte ich den heutigen Tag einfach mal als „Lichtblick“. Sportlich auf dem Platz - und auch außerhalb mit der Verpflichtung des sehr kopfballstarken Innenverteidigers Leistner, der noch zwei Wochen hat, um sich beim HSV für die ersten Pflichtspiele der Saison zu empfehlen. Wie man das in dieser kurzen Zeit schafft, kann der gebürtige Dresdner ja bei seinem neuen Kollegen Manuel Wintzheimer erfragen…

In diesem Sinne, Euch allen einen schönen Abend. Ich melde mich morgen wieder bei Euch. Dann zwar ohne MorningCall, aber selbstverständlich mit allem Neuen und Wissenswerten rund um den HSV, der am Sonntag wieder gen Hamburg reisen wird.

Bis dahin!

Scholle

 

DAS SPIEL IM STENOGRAMM: 

HSV: Pollersbeck (62. Mickel) - Vagnoman, David, Ambrosius (71. Jung) - Narey (89. Opoku), Gjasula, Dudziak, Leibold (89. Jatta) - Kittel (62. Amaechi) - Wintzheimer (62. Wood), Terodde (62. Hinterseer) 

Rotterdam: Bijlow (60. Marsmann) - Nieuwkoop, Burger, Senesi, Haps (46. Johnston) - Diemers (60. Geertruida), Fer - Kökcü (60. Narsingh) - Berghuis (60. Botteghin), Jörgensen (60. Bozenik), Linssen (60. Toornstra) 

Tore: 1:0 Wintzheimer (52.) 

Gelbe Karten: Linssen (40.)

 

 

 

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