Marcus Scholz

10. Oktober 2019

Nach einem sehr unterhaltsamen Spiel an der Hamburger Straße waren alle zufrieden. Die Braunschweiger, die sich als Drittligist nicht nur teuer verkauft hatten, sondern sogar bis zur 89. Minute mit 2:1 geführt hatten. Und auch der HSV war nicht unzufrieden: „Man muss immer kritisch sein, aber man darf nicht vergessen, unter welchen Voraussetzungen man gespielt hat. Der Test war insgesamt richtig gut für uns. Ich habe gegen einen engagierten Gegner viele positive Aspekte gesehen“, so HSV-Trainer Dieter Hecking, der sich vor allem darüber freute, vielen selten eingesetzten Spielern Spielpraxis gegeben zu haben. Gerade einmal 17 Spieler hatte Trainer Dieter Hecking mit nach Braunschweig genommen. Unter ihnen zwei Torhüter und drei U19-Youngster – und von denen begann einer in der Startelf: Travian Sousa durfte als Linksverteidiger beginnen. Direkt neben dem erfahrenen Ewerton, der heute für den HSV das erste Mal auf dem Platz stand - und leider einen sehr unglücklichen Beginn hinlegte.

 

Denn nachdem der Braunschweiger Benjamin Kessel in der sechsten Minute nach einem Eckball schon Tom Mickel mit einem Kopfball aus acht Metern prüfte, war es der Brasilianer, der das 0:1 einleitete. In der Vorwärtsbewegung spielte der ansonsten als technisch stark und ballsicher geltende Linksfuß einen Fehlpass kurz hinter der Mittellinie – ohne Absicherung. Die hatte er zwar erwartet, aber sie fehlte. Und so musste Ewerton zuerst ins lange Laufduell, das er gegen Kevin Goden deutlich verlor. Und im Anschluss daran musste er noch mit ansehen, wie Goden den Ball auf den mitgelaufenen ehemaligen HSV-II-Spieler Nick Proschwitz querlegte – und der hatte keine Probleme, das 1:0 für den Drittligisten (10.) zu erzielen.

Dem 0:1 folgt der Ausgleich quasi im Gegenzug: Wood trifft

Aber: Der HSV ließ sich nicht lange bitten. Schon vor dem 0:1 hatte Bakery Jatta für den HSV aus 17 Metern die Latte getroffen. Und nur zwei Minuten nach dem Gegentreffer war es Bobby Wood, der egalisierte (12.). Timo Letschert, Ewertons Nebenmann, hatte den Ball auf Höhe der Mittellinie erkämpft, einen Doppelpass mit Jairo Samperio gespielt und Wood durchstarten sehen. Der US-Amerikaner nahm den Ball kurz mit und zog mit links ab – das 1:1 (12.). Dass es bis zur Halbzeit bei diesem Spielstand blieb lag letztlich daran, dass beide Teams ihre Großchancen (Braunschweig in der 28. Minute, der HSV in der 41.) nicht nutzten. Und daran, dass der HSV trotz eines emsigen Sonny Kittel im Zentrum insgesamt wenig Mittel fanden, die kompakte Defensive der Gastgeber zu durchbrechen.

Defensiv machte es der erst 18 Jahre junge Sousa dagegen sowohl fußballerisch sehr ansprechend, als auch körperlich sehr gut. Seine Gegenspieler hatten in Kopfballduellen selten bis nie eine Chance. Und auch körperlich war Sousa extrem präsent. Wenn einer lag, dann war es sein Gegenspieler. „Er hat das schon sehr ordentlich gemacht“, so Hecking im Anschluss mit einem vielsagenden Lächeln. Dass er den US-Amerikaner nicht wie geplant gegen den mitgereisten Tim Leibold ausgewechselt hatte, darf Sousa sehr wohl als Kompliment auffassen. Und das bekam er dann auch noch verbal vom Trainer bestätigt: „Ich habe keinen Anlass gesehen, da irgendwas verändern zu müssen. Wir werden ihn jetzt erst einmal dabei behalten und sehen, wie er sich entwickelt.“ Ergo: Der Linksverteidiger aus Kalifornien, hat seine Chance genutzt.

Anders Amaechi. Der Engländer wirkte noch immer zu verspielt, zu wenig zielstrebig. Anstatt den schnellen Doppelpass oder überhaupt den Pass zu suchen, ließ er sich immer wieder auf unnötige, uneffektive Dribblings ein. Raumgewinn entstand so in der ersten Hälfte bis auf eine Szene in der 41. Minute nicht.

 

Aber zumindest das sollte in der zweiten Halbzeit besser werden. Zwei Wechsel nahm Trainer Dieter Hecking in der Pause vor. Julian Pollersbeck kam für Tom Mickel und der nach einem Zusammenprall leicht angeschlagene David Kinsombi wich für den nächsten Youngster: Jonah Fabisch. Bis auf viele zwei gefährliche Fernschüsse von Narey (52.) und Kittel (62.) blieb es in der zweiten Halbzeit zunächst ruhig vor den Toren – bis Amaechi über rechts frei durch war und erneut zu zögerlich agierte. Anstatt seine erste Schussposition zu nutzen oder den Ball querzulegen, ging er ins Dribbling. Allerdings vom Tor weg, was den Braunschweigern die Zeit verschaffte, sich defensiv zu sortieren und den Ball abzuwehren.

Ein Remis - mit U19-Youngster Sousa als Gewinner

Dennoch blieb das Spiel spannend. Und anstatt verdient in Führung zu gehen, ging es plötzlich in die andere Richtung. Die Braunschweiger, die sich inzwischen aufs Kontern beschränkten, trafen. Und wie. Der eingewechselte Leandro Putaro schnappte sich am Sechzehnmetereck den Ball und zog mit links einfach mal ab. Mit gefühlt 200 Kmh schlug die Kugel über Pollersbeck hinweg oben links ein. Das 2:1 für die Gastgeber (77.). Ein sehr schöner Treffer - aber glücklicherweise noch nicht der letzte für heute.

In dem insgesamt sehr unterhaltsamen Spiel sollte es heute keinen Verlierer geben. Und so kam es dann auch. Der eingewechselte Martin Harnik chippt den Ball gekonnt auf den ebenfalls eingewechselten Jeremy Dudziak und der Linksfuß trifft eine Minute vor Ultimo zum 2:2 (89.). „Ein gerechtes Ergebnis“, befand Braunschweigs Trainer Christian Flüthmann nach dem Spiel und auch HSV-Trainer Dieter Hecking war nicht unzufrieden. „Bei mir überwiegt heute das Positive“, so der HSV-Trainer.

 

Hecking betonte noch einmal, dass es ihm vor allem auch darum gegangen sei, die Spieler zu sehen, die sonst wenig oder gar nicht gespielt hatten. „Natürlich darf einem Ewerton so ein Fehler wie vor dem 0:1 nicht passieren. Das weiß er selbst am besten. Aber in der zweiten Halbzeit hat man auch gesehen, mit welcher Abgeklärtheit er agieren kann.“ Dennoch, so Hecking, sei der Brasilianer für das Topspiel am 21. Oktober noch nicht einzuplanen. Im Gegensatz zu Bobby Wood, der von Trainer Hecking ebenso wie Sousa ein Lob bekam. „Bobby hat lange nicht gespielt und sich heute nicht nur mit dem Tor gezeigt. Mir ging es darum, dass sich die Spieler, die lange nicht zum Einsatz gekommen waren, heute engagiert präsentieren. Und das haben sie.“

Fazit: Ewerton braucht noch Zeit, während Sousa jede Sekunde nutzt, die ihm Profitrainer Hecking bietet. Der US-Amerikaner betreibt weiter erfolgreich Eigenwerbung. Und sowohl Wood als auch der fleißige Jairo Samperio („Ab der 70. Minute wurden die Beine schwer“) sowie die drei Youngster nutzten das Spiel in Braunschweig, um sich zu präsentieren. Dass es am Ende vor 4941 Zuschauern „nur“ ein 2:2 gab – geschenkt. Heute standen für das bunt zusammengewürfelte Team andere Themen im Vordergrund. „Und damit bin ich sehr zufrieden“, so Hecking.

 

In diesem Sinne, bis morgen. Da wird wieder um 10 Uhr am Volksparkstadion trainiert. Öffentlich. Und ich melde mich natürlich wie immer schon vorher um 7.30 Ihr mit dem MorningCall bei Euch.

Bis dahin!

Scholle

HSV: Mickel (46. Pollersbeck) - Narey, Letschert, Ewerton, Sousa - Kinsombi (46. Fabisch), Kittel (62. Dudziak), Jairo, Jatta, Amaechi (77. Suhonen) - Wood (72. Harnik).

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