Marcus Scholz

21. März 2020

Verwirrung zu stiften ist das Leichteste. Und das auch außerhalb der Corona-Zeiten. Immer alles in Zweifel setzen, selbst mit noch so wirren Thesen. „Trumpismus“ nenne ich das. Es funktioniert halt bei (viel zu) vielen. Beim HSV auch, zumindest in Teilen. Will ich etwas nicht wahrhaben, ist es eben nicht wahr. Gibt ja keinen Beweis. Auf das aktuelle Thema bezogen heißt das tatsächlich: So lange nicht Boldt, Wettstein und/oder Hoffmann selbst sich öffentlich hinstellen und zitieren lassen, wird selbst der von sieben Aufsichtsräten über etliche Stunden diskutierte und bestätigte sowie schon seit Wochen und Monaten bekannte Bruch des Vertrauensverhältnisses auf Führungseben einfach angezweifelt. Frei nach dem Motto: Was ich nicht sehe - das gibt es auch nicht. Aber wisst Ihr was? DAS wird NIE passieren.  Weil es demjenigen nur schaden würde und keiner der Verantwortlichen so dumm ist, sich so zu outen, wie einige hier es offenbar brauchen, um zu glauben, was alle wissen.

Ich muss ehrlich sagen, dass mir dieses Leugnen aus Prinzip unfassbar auf den Senkel geht. Da wird jetzt sogar das Titelfoto des gestrigen Blogs (das ich übrigens letzte Woche ohne derlei Kommentare schon einmal genutzt hatte) als „Manipulation“ bezeichnet. Ernsthaft. Und im selben Atemzug behauptet der-/diejenige, die/der noch nie ein Wort mit den beiden Abgebildeten (schon gar nicht über das Thema) gesprochen hat, zu wissen, weshalb beide auf dem Bild in Wirklichkeit so gucken. Mehr „Pippi-Langstrumpf-Syndrom“ geht nicht. Und das nur, weil der-/demjenigen die tatsächliche Situation nicht gefällt? Wahnsinn. Und später erzählen dieselben Personen, dass der HSV ein doch „so unglaublich schwieriges Umfeld“ hat und die Medien daran Schuld sind, dass der HSV kaputtgeht. Dabei sind sie es, deren Ignoranz es beim HSV immer wieder zulässt, dass die immer selbe Fehler wiederholt werden können. Weil sie Warnungen lieber ignorieren. Zum Glück nimmt dieser Teil HSVerinnen und HSVer immer mehr ab. Vielleicht ja noch rechtzeitig.

So bleibt der HSV ein Selbstbedienungsladen

Aber dafür muss auch aufgehört werden, in Lagern zu denken. Beim HSV intern sowieso, was nahezu ausgeschlossen ist. Aber zumindest im nächsten Umfeld müssen wir es hinbekommen, die Dinge bei aller dazugehöriger Emotion sachlich zu beurteilen. Und genau das machen wir hier im Blog. Manchmal mit Christian zusammen - meistens ich allein. Ich verlasse mich auf meinen Instinkt und meine Gespräche mit den Verantwortlichen, die seit 20 Jahren immer die gleichen Verläufe haben. Denn eines ist im Fußballbusiness eben null anders als in den meisten anderen großen Unternehmen: Die Menschen streben nach Karriere und Erfolg. Und dafür sind ihnen viele Mittel recht. Der große Unterschied hier ist: Nirgendwo - zumindest habe ich noch kein Unternehmen kennengelernt - ist das so leicht wie beim HSV.

 

Zutaten hier für die ganz große Karriere beim HSV sind ein paar Aufsichtsräte im Rücken und (mindesten) ein auflagenstarkes Medium, das hilfreich Artikel platziert. Das habe ich in meiner zeit beim Abendblatt schon am eigenen Leib erlebt. Damals wurde ich sogar aus einer entscheidenden Aufsichtsratssitzung mit einem Abstimmungsergebnis informiert, weil das dem Absender gefiel und guttat. Auf die Frage, warum er mir derartige Infos zukommen lässt, obwohl er wisse, dass das dem Gremium Aufsichtsrat und somit auch ihm massiv schade, kam: „Mir ist es wichtiger, dass dieses Gremium in Gänze scheitert, weil ich dem HSV damit mehr helfe, als wenn ich auf meinen Ruf achte.“ Und das ist nur eines von sehr vielen derartigen Beispielen - bitter, oder?

Vor allem war es einer von vielen Momenten, in denen ich alarmiert wurde, einen Kurswechsel zu erwägen. Denn bei allen Versuchen, objektiv zu berichten, muss man einfach wissen, dass das eben nie wirklich funktioniert. Ich kann nur deuten, was mir gesagt wird und es mit der Erfahrung von nunmehr 20 Jahren HSV-Theater abgleichen. In diesem speziellen fall ist das tatsächlich sehr leicht. Denn das aktuelle Szenario gab es 2009 in fast identischer Form schon einmal. Auch damals wurde ich plötzlich von Menschen kontaktiert, die mir ach so heikle Interna steckten. Immer mit dem Zusatz, dass aber bitte für mich zu behalten. Tat ich das, bekam ich den Wink, ich könne es schon schreiben - aber eben nie im Zusammenhang mit der Quelle. Genau das waren die Momente, die mich zweifeln ließen und die mir oftmals zeigten, das ich auf dem Holzweg bin.

Politik hinter den Kulissen frisst Aussicht auf Erfolg

Auch diesmal gab es diese Gespräche. Nein, es gibt sie. Nicht nur mit mir, sondern zunehmend und mit allen relevanten Tageszeitungen und Magazinen. Und allein das zeigt mir, dass dieser HSV schon wieder auf dem Weg ist, sich selbst abzuschaffen. Vorstandskrach, Indiskretionen und Stimmenverhältnisse im Aufsichtsrat pro und contra Hoffmann dominieren die Szenerie. Selbst jetzt, wo sich der HSV, Fußball-Deutschland und die ganze Welt in seiner größten Krise befindet. Ich habe es im Kommentar (siehe Video) schon gesagt: Die Uhr ist zu weit gedreht. Wenn der Aufsichtsrat nicht schnell und klar handelt, wird es ein riesengroßes Schmierentheater geben. Denn ebenso wie viele die Liquiditätsseite des HSV aktuell unterschätzt hatten, so wird noch immer die Energie einzelner unterschätzt, sich auf Kosten des HSV in ein besseres Licht zu setzen. Dabei machen diejenigen nicht einmal Halt, wenn es wie im heutigen BILD-Artikel schon in Richtung Verleumdung geht. Und das formuliere ich nur deshalb so vorsichtig, weil ich es nie zu 100 Prozent nachweisen kann. Aber auch ich wurde im Vorfeld angesprochen, Marcell Jansen in meinen Blogs doch bitte in das Licht des amtsgeilen Präsidenten zu rücken.

Daher versuche ich, hier und heute noch einmal zusammenfassend darzustellen, wie sich der HSV in der Causa Hoffmann 2.0 aktuell darstellt:

Angefangen hat alles mit der Inthronisierung Jansens im Präsidium des HSV e.V.. Hierbei hatte sich der seinerseits zuvor zum Präsidenten und im Eiltempo zum Vorstand beförderte Bernd Hoffmann als großer Unterstützer hervortat. Ein Vorgang, der absolut legitim ist, der heute aber eben doch eine wichtige Rolle spielt. Denn anstatt in Jansen einen dauerhaften Befürworter und damit eine Stimme im Aufsichtsrat zu finden, muss Hoffmann inzwischen erkennen, dass Jansen eben das in dieser Angelegenheit nicht ist. Vielmehr ist Jansen inzwischen neben Michael Krall und dem Kühne-Abgesandten Markus Frömming einer von drei Aufsichtsräten, die Hoffmann Kompetenzübergriffe vorwerfen und in dieser Art ein Problem für den HSV erkannt haben.

 

Den Dreien gegenüber stehen mit e.V.-Vizepräsident Thomas Schulz und Aufsichtsratsboss Max-Arnold Köttgen zwei Räte, die seit jeher konsequent hinter Hoffmann stehen. Zur Erinnerung: Schulz wurde auf Vorschlag Hoffmanns in den Kontrollrat übernommen, der dadurch um eine Person auf sieben Mitglieder aufgestockt wurde, da Kühne für seinen Forderungsverzicht (der für den HSV lebensnotwendig war) als Gegenleistung die Installation Frömmings forderte. Zu vermuten ist, dass schon damals - auf der Pro- wie auf der Contra-Seite - das Stimmenverhältnis in Sachen Hoffmann ein wesentlicher Motivationsfaktor war. Zudem gibt es aktuell im Gremium mit Andreas Peters und Felix Goedhart zwei Räte, die zur Hoffmann-Seite gezählt werden und die letztlich bei einer Kampfabstimmung entscheidend wären.

Es fehlte und fehlt ein kontrollierender Aufsichtsrat

Ich kann Euch nicht sagen, wer hier am Ende Recht bekommt oder diesen Machtkampf „gewinnt". Ich weiß aber, dass der HSV als Ganzes der große Verlierer sein wird, wenn die Kontrolleure hier nicht aktiv werden. Warum die Räte schon imm er so zögerlich waren und es auch heute noch sind? Ganz einfach: Weil die Aufsichtsräte ihre Kontrolle fast ausschließlich auf Basis der Informationen ausüben, die sie von denen bekommen, die sie eigentlich kontrollieren sollen. Das wiederum hatte und hat auch heute den üblen Nebeneffekt, dass im HSV unter den Verantwortlichen ein Wettrennen um die Gunst der Räte dazugehört. Es wird mal wieder vereinsschädlich Politik betrieben, die sich sogar bis hin zu inoffiziellen Medienpartnerschaften ausweitet. Oder glaubt wirklich jemand, dass die „Jansen-will-ein-Amt-Nummer“ heute in der BILD ein Zufall war? 

Und Fakt ist: Dieser HSV hat seinen vor zwei Jahren angekündigten Neuanfang nur in Teilen hinbekommen. Und das fliegt ihm jetzt um die Ohren. Zumindest dann, wenn weiter hinter den Kulissen Lobbyismus betrieben und gegeneinander gearbeitet wird. Hier müssen die Kontrolleure konsequent und kontrollierend eingreifen, um nach der Vorstandsetage nicht auch die sportliche Seite in Mitleidenschaft zu ziehen.

In diesem Sinne, bis morgen.

Scholle

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