Christian Hoch

7. März 2020

Vor 41.317 Zuschauern hat der HSV im heimischen Volksparkstadion mit 2:1 gegen den SSV Jahn Regensburg gewonnen und damit die sportliche Talfahrt gestoppt. Soweit die Fakten. Denn dieser Erfolg war an diesem Nachmittag eigentlich die Nebensache: Rechtsverteidiger Jordan Beyer musste wenige Minuten vor dem Ende mit einer Halsstütze und einer Trage vom Platz gebracht werden. Laut HSV-Trainer Dieter Hecking sei Beyer auf dem Platz zweimal bewusstlos gewesen und unmittelbar danach ins Krankenhaus zu weiteren Untersuchungen gebracht worden. Der Verdacht: schwere Gehirnerschütterung. Gesicherte Informationen über den Gesundheitszustand des 19-Jährigen konnte der Verein jedoch noch nicht mitteilen. 

79. Spielminute im Volksparkstadion: Nach einer halbhohen Flanke versucht der aufgerückte Jordan Beyer den Ball per Kopf zu erreichen. Doch bei diesem Versuch knallt der Leihspieler von Borussia Mönchengladbach mit Jahn-Akteur Sebastian Nachreiner zusammen. Beyer wird direkt im Anschluss an den Zusammenprall bewusstlos, verliert sein Bewusstsein laut HSV-Trainer Dieter Hecking auf dem Feld noch ein zweites Mal. Mit einer angelegten Halsstütze muss Beyer letztlich mit einer Trage vom Platz gebracht werden. Sowohl HSV-Fans als auch Regensburg-Anhänger spenden Applaus, es schallen „Jordan Beyer“-Sprechchöre von den Rängen auf den Rasen. Und auch der 19-Jährige selbst sendet im Zuge dessen ein positives Zeichen - er hebt den Daumen. Gesicherte Informationen über den Gesundheitszustand des 19-Jährigen lagen bei Veröffentlichung dieses Blogs noch nicht vor, da sich Beyer im Krankenhaus befand. 

Der HSV hielt zum Zeitpunkt der Beyer-Verletzung einen knappen 2:1-Vorsprung gegen Jahn Regensburg und brachte diesen letztlich mit einigen Mühen und Nöten über die Zeit. Hecking: „Ich habe es unter der Woche schon einmal gesagt: Irgendwie dreckig gewinnen, das brauchst du in der aktuellen Situation.“ Doch lange Zeit sah es nicht danach aus, als könnte der HSV die erhoffte Trendwende nach drei sieglosen Spielen und zwei Pleiten in Serie schaffen. Zu lethargisch, zu fehlerbehaftet, zu mutlos präsentierte sich die Hecking-Elf über weite Strecken des Spiels. 

Neues System greift nicht - fatales Defensivverhalten

Auch das neue 4-4-2-System - mit Raute im Mittelfeld - brachte dem HSV nicht die erhoffte Sicherheit - im Gegenteil. Die Mannschaft wirkte ziemlich verkrampft und unsicher, dazu war sie zu sehr damit beschäftigt, die taktischen Ideen des Trainerteams umzusetzen. Automatismen? Fehlanzeige. Auch Martin Harnik, der zum ersten Mal im Jahr 2020 von Beginn an spielen durfte, blieb fast das komplette Spiel unauffällig. Selbst die 1:0 Führung durch Timo Letschert nach 24 Minuten wirkte nicht wie der erhoffte Brustlöser. Nach einer kurzen Drangphase mit einigen Vorstößen und gewonnen Zweikämpfen nach dem Treffer verfiel der HSV ins alte, mutlose Muster. 

Doch noch fataler als die eigenen Offensivbemühungen war - wieder einmal - das gesamte Defensivverhalten der Mannschaft: Sturm und offensives Mittelfeld ließen zu große Lücken zum hinteren Mannschaftsteil, das defensive Mittelfeld wurde von einfachen langen Regensburg-Bällen überspielt, die Verteidigung verteidigte im ersten Spielabschnitt teilweise grotesk. So auch beim - zu diesem Zeitpunkt - nicht unverdienten Ausgleichstreffer der Regensburger. Doch es wäre zu einfach, die Schuld für die defensiven Wackler allein in der Innenverteidigung zu suchen. Mittelfeld-Mann Christoph Moritz erklärte auf Rautenperle-Nachfrage: „Es war uns klar, dass wir in so einer Phase in der einen oder anderen Situation unsicherer werden könnten. Dass wir hinten etwas ins Wackeln geraten sind, lag auch am Spiel der Regensburger. Sie haben viel mit langen Bällen gearbeitet - da hätten wir höher stehen müssen, haben uns aber zu sehr hinten reindrängen lassen.“ 

Defensives Gesamtverhalten der Mannschaft muss besser werden

Mit dieser Einschätzung liegt Moritz zwar absolut richtig, doch zudem muss die gesamte Mannschaft ein besseres defensives Gesamtverhalten zeigen, wenn die Schwächen nicht so sehr zum Vorschein kommen sollen wie gegen den Gegner aus Regensburg, der nun von den vergangenen sieben Partien sechs Spiele verloren hat. Der aber - und das sollte gründlich aufgearbeitet werden - keinesfalls chancenlos war gegen diesen HSV in diesem Zustand.

Hecking analysierte schonungslos: „Wir haben uns schwer damit getan, ins Spiel zu kommen. Wir hatten im Spielaufbau keine Lösungen und auch die Führung hat uns keine Sicherheit gebracht. Nach dem Ausgleich hat man schon gespürt, dass mehr Druck im Kessel ist.“ Zur Pause setzte es sogar deutliche Pfiffe der HSV-Anhänger - zurecht. 

Systemumstellung sorgt für mehr Stabilität - Hunt-Treffer gibt Auftrieb

Die Systemumstellung auf das gewohnte 4-3-3 sorgte dann zunächst für mehr Sicherheit und Druck nach vorne, was direkt im 2:1-Führungstreffer durch Kapitän Aaron Hunt mündete. Hecking: „Er war präsent und hat das Tor gemacht. Wir wissen, dass Aaron Kritiker hat. Aber man muss ihm auch zugestehen, in seinen Rhythmus zu kommen. Den hat er jetzt immer mehr - und das sieht man dann auch. Das Tor hat ihm Auftrieb gegeben, ich wünsche mir noch mehr von ihm.“

Mehr muss auch vom HSV generell kommen, wenn das Ziel „Aufstieg“ nicht ein zweites Mal verfehlt werden soll. In den kommenden Wochen stehen Spiele bei Greuther Fürth, gegen Arminia Bielefeld und beim VfB Stuttgart an. Der Sieg in Regensburg war ein wichtiger erster Schritt, das Ergebnistief zu stoppen und wieder in die richtige Spur zu kommen. Doch die Leistung reicht noch lange nicht aus, um dort auch auf Dauer zu bleiben. Es bedarf einer deutlichen Steigerung. 

In diesem Sinne wünsche ich euch noch ein schönes Wochenende. Der HSV macht morgen frei. Wir melden uns aber mit dem Taktikblog von Tobias Escher bei euch und zum Wochenstart gibt es dann von mir wieder wie gewohnt den Morning-Call und die tägliche Berichterstattung via Social Media und im Blog.

Bis dahin 

Christian

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