Marcus Scholz

4. Mai 2018

Mann, das war für mich wirklich eine Überraschung. Und damit meine ich nicht das Interview vom HSV-Investor Klaus Michael Kühne in der „Süddeutsche Zeitung“, sondern die Nominierung von Nicolai Müller. Zumindest, bis ich gesehen habe, dass derz HSV mit 19 Spielern nach Frankfurt gereist ist. Also mit einem Mann mehr, als morgen tatsächlich im Kader stehen dürfen. Von daher würde ich normalerweise glauben, dass Müller morgen noch nicht im Kader stehen wird, sich dafür aber schon mal wieder an die Abläufe bei Bundesligaspielen gewöhnen kann und soll. Und auch das wäre ein weiterer Schritt in die richtige Richtung für den Mann, der das erste Saisontor für den HSV erzielte und genau seitdem verletzt ausgefallen ist. Aber ausgeschlossen scheint es nach HSV-Aussagen nicht zu sein, dass Müller auf der Bank sitz. Zumindest wurde betont, dass man Müller „nicht nur als Tourist“ mitgenommen hätte.

Dabei vermied Müller bislang in den Trainingseinheiten noch härtere Zweikämpfe so, dass ich mir beim besten Willen nicht vorstellen kann, dass er dem HSV auf dem Platz helfen kann. Und trotzdem ist er dabei - eine ganz bittere Pille insbesondere für Angreifer Andre Hahn, der fit ist, aber der erneut nicht berücksichtigt wurde. Zumal dessen Zukunft in Hamburg nach Saisonende besprochen werden soll, worauf sich beide Seiten verständigte. Und dabei scheint es fast ausgeschlossen, dass Hahn bleibt. Unter Titz spielt der vor der Saison aus Mönchengladbach gekommene Stürmer so gar keine Rolle mehr. Und sollte Titz Trainer bleiben, dürfte sich diese Haltung auch nicht ändern. Nur wenn der HSV stattdessen einen neuen Trainer für die neue Saison verpflichtet, hätte Hahn noch eine Chance auf einen Verbleib. Interessant: Sollte der HSV absteigen hat Hahn eine Ausstiegsklausel in seinem Vertrag. Meinen Informationen zufolge soll es sogar einen konkreten Interessenten geben, mit dem Hahns Berater Volker Struth bereits Kontakt aufgenommen hat.

Insofern dürfen wir gespannt sein, ob HSV-Trainer Christian Titz morgen mit Müller tatsächlich für den Kader plant. Wobei das eher nicht für die Startelf gelten wird. Denn die steht offenbar fest. Zumindest, wenn man den Trainingseindrücken glauben darf. Genau wie in Wolfsburg dürfte die Startelf wie folgt aussehen: Pollersbeck – Sakai, Papadopoulos, Jung, Santos – Steinmann – Kostic, Hunt, Holtby, Ito – Wood. Und wenn alles stimmen würde, was mir ein Mitarbeiter von Eintracht Frankfurt heute erzählt hat, stehen die Chancen sehr gut für den HSV, wenn man die Frankfurter ins Schwimmen bringt. Zuletzt drei Niederlagen in Folge, zudem seit fünf Partien sieglos. Dazu kassierten sie in den letzten fünf Spielen elf Gegentore (Ligahöchstwert) - was exakt einem Viertel aller 44 Gegentore in der gesamten Saison entspricht.

Viel Geduld haben die Anhänger nicht mehr mit ihrem einstigen Liebling Niko Kovac, dessen Erklärungen, weshalb er bei der SGE ausscheidet und nach Bayern wechselt, in sich nicht immer ganz stimmig schienen. Klarer ist sich der Ex-HSV-Profi über den nächsten Gegner: „Der HSV hat sich gut entwickelt. Sie haben ein laufstarkes Team, das attraktiven und teils neuartigen Fußball spielt. Außerdem stehen sie unter Druck und müssen gewinnen. Aber gewinnen wollen wir auch. Dementsprechend werden wir auch agieren. In der letzten Partie haben wir zu körperlos agiert. Wir müssen wieder die nötige Schärfe in unser Spiel bringen.“ Stimmt.

Aber genau das wird Titz mit allen Mitteln verhindern wollen. Er wird wie in den letzten Spielen auch auf Ballbesitz mit schnellem Spiel in die Spitze aus setzen und versuchen, die wackelnden Frankfurter gar nicht erst ins Spiel kommen zu lassen. So würde zum einen der Funken auf die mehr als 5000 (!) mitgereisten HSV-Fans überspringen und parallel die Frankfurt-Fans nerven. „Wenn die das Spiel gegen den HSV verlieren, wird es nach dem Spiel sehr ungemütlich für die Mannschaft und vor allem den Trainer“, so mein Freund. Auch deshalb gilt seitens der Behörden erhöhte Wachsamkeit rund um das Spiel.

Apropos: Wenn man sich mal die Mühe macht, das ganze Interview von Herrn Kühne in der Süddeutschen zu lesen, dann wird man schnell merken, dass von einer gezielten „Abrechnung“ eher keine Rede sein kann. Stattdessen sagt Kühne nur, was alle wissen. Denn wirtschaftlich war der HSV eine unfassbar schlechte Investition für ihn bislang. Allerdings verbessert er die Situation mit keinem Wort – sondern er verschlechtert sie eher. Denn auch Kühne weiß, wie seine kritischen Sätze aufgenommen werden. Und sich auf der einen Seite darüber zu ärgern und zu sagen, man würde ihn missverstehen und das sei doch gemein – auf der anderen Seite aber im gleichen Atemzug nachzulegen und den HSV zu kritisieren, das ist dann doch schon extrem seltsam...

Zumal er in der „Wirtschaftswoche“ noch mal nachlegte. Bei den Kollegen kritisierte er die Maßnahmen des HSV, um die Lizenz zu sichern. Hintergrund: Anstatt sich erneut mit Kühne zusammenzusetzen und auf dessen Geld zu hoffen, hat der HSV in Person von Aufsichtsratsboss Bernd Hoffmann und Vorstandsboss Frank Wettstein einen 12-Millionen-Kredit bei der berüchtigten „Bodenseebank“ aufgenommen und parallel dazu die Marketingrechte an Lagardere bis 2025: „Wie überall im Leben muss man teamfähig sein und nicht nur auf seine eigene Kraft vertrauen – da bin ich ein bisschen skeptisch, ob das gelingt.“

Zudem sagte Kühne, dass man die Lizenz für die erste und zweite Liga nur bekommen habe, weil man seine Vermarktungsrechte über viele Jahre veräußert habe. „Damit haben sie das Tafelsilber verkauft. Ich hätte das nicht so gemacht.“ Und völlig unabhängig davon ob Kühne Recht hat oder nicht, muss er wissen, dass derlei Äußerungen einen Wirbel erzeugen, den der HSV absolut nicht gebrauchen kann. Mal wieder. Zum gefühlt 100. Mal. Von daher darf man einen Zufall oder eine schlichte Unachtsamkeit getrost ausschließen. Nein, das ist entweder echt dumm - oder gewollt. Wobei ich von Letzterem ausgehe.

In diesem Sinne, bis morgen. Da melde ich mich nach dem Spiel wieder mit rautenperlen.tv-live bei Euch. Meine Gäste sind der glücklicherweise wieder gesunde Ex-Aufsichtsrat Bernd Enge sowie Vater und Sohn der Familie Golz, ihres Zeichens beides Torhüter des HSV. Vater Richard von 1987 bis 1998 in 307 Pflichtspielen für den HSV, während Sohnemann Jakob in der erfolgreichen U21 des HSV von heute auf seinen Durchbruch hinarbeitet. Zu diesen spannenden Gesprächspartnern noch ein gutes Spiel mit einem noch besseren Ergebnis – das wär’s...

 

Also, bis morgen!

Scholle

 

Und so könnte Eintracht Frankfurt beginnen:

Hradecky - Salcedo, Abraham, Falette - da Costa, Mascarell, Willems - M. Wolf, K.-P. Boateng - Fabian - Jovic

 

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