Marcus Scholz

14. Dezember 2017

Kurz vor Weihnachten und kurz vor Hinrundenende setzt der HSV vertragliche Zeichen. Heute wurden gleich zwei Weichen für die Zukunft gestellt. Sportdirektor Bernhard Peters hat seinen Vertrag bis 2020 verlängert, und einer „seiner“ Schützlinge, Tatsuya Ito, wurde bis 2021 an den HSV gebunden. Richtungsweisende Entscheidungen in der Geschäftsstelle – und das einen Tag vor einem ganz besonderen Spiel. Denn selten war der Ausgang einer einzigen Partie so bedeutend für die Beurteilung der Lage, für eine Einschätzung der kompletten Halbserie, für die Prognose für die Rückserie, wie das anstehende Auswärtsspiel bei Borussia Mönchengladbach. Die Katastrophen-Phase im Spiel gegen Frankfurt, als aus einem 1:0 locker ein 1:4 hätte werden können – war dies nur ein Ausrutscher oder reißt es den HSV zur Winterpause auf den vorletzten Tabellenplatz? Oder anders herum: Zieht sich das Team doch an den eigenen Haaren aus dem Sumpf, holt sich die eigentlich verdienten Punkte gegen Wolfsburg und Frankfurt zurück und überwintert mit annehmbaren 18 Punkten mitten im Pulk der gefährdeten Teams statt an dessen Ende?

Generell ist es immer ein schlechtes Zeichen, wenn ein Spiel solche großen Schwankungen in den möglichen Beurteilungen erahnen lässt, doch lassen wir die Hinrunden-Bilanz für heute dort, wo sie hingehört – in der Zukunft. Fürs Erste geht es für Markus Gisdol darum, sein Team wieder in den Wettkampfmodus zu bekommen, den es am Sonnabend vor dem Spiel gegen Eintracht Frankfurt hatte – und am Anfang sowie in der zweiten Halbzeit gezeigt hat. Der Trainer hatte gestern angekündigt, sich mit personellen Umstellungen zu beschäftigen. Wen könnte das treffen? Eine heiße Bewerbung für die Ersatzbank hatte der Brasilianer Walace (hat auch Probleme mit der Gesäßmuskulatur) abgegeben. Ich bin mir recht sicher, dass Albin Ekdal ihn im Borussia-Park ersetzen wird. Der Schwede hat nach seiner Einwechslung am Sonnabend Ordnung ins HSV-Spiel zurückgebracht und sogar – ungewohnt - Torgefahr ausgestrahlt. Gisdol hält Ekdal, wie er noch einmal sagte, für einen „hervorragenden Spieler“. Also: Ekdal für Walace, das ist Wechsel Nummer 1.

Ansonsten kann ich mir höchsten einen Tausch auf der rechten Außenbahn vorstellen. Unterschiedliche Spieler haben gerade auf dieser Position zuletzt gespielt. Ist jetzt wieder André Hahn dran? Der Ex-Gladbacher wäre prädestiniert für dieses Spiel, hat sich nach Aussage des Trainers gestern auch wieder an die erste Elf herangekämpft. Entscheidend ist so oder so, welcher Profi die nötige Frische und Leichtigkeit hat und die Drucksituation, die sich jetzt wieder ergibt, am besten bewältigen kann. Der Eindruck vieler Zuschauer der letzten Spiele war, dass der Japaner Ito dagegen etwas von seiner Unbeschwertheit der ersten Wochen verloren hat. Nach der heutigen Vertragsunterschrift könnte Markus Gisdol allerdings auch einen Motivationsschub sehen. Lassen wir uns überraschen. Fiete Arp soll im Sturmzentrum jedenfalls zur Verfügung stehen, selbst wenn er heute mit dem Training kürzer getreten hat. Bobby Wood ist keine Alternative, er hat immer noch Kniebeschwerden.

Eventuell hilft ein Blick auf die Statistik. Der HSV hat fünf Mal in Folge nicht gegen Gladbach verloren. Die Mannschaft von Trainer Dieter Hecking hat – wie der HSV – drei Mal in Folge nicht gewonnen. Die Borussia hat nur eines der letzten elf Freitag-Abend-Spiele für sich entschieden. Aaron Hunt dürfte besonders motiviert sein, denn gemeinsame Wolfsburger Zeiten verliefen mit Coach Hecking vor einigen Jahren alles andere als harmonisch. Beim bisher letzten Duell der beiden Teams im März, allerdings im Volksparkstadion, drehte der HSV einen 0:1-Rückstand durch Treffer von Kostic und Wood in einen begeistert gefeierten 2:1-Erfolg um.

Am Mittag hatte der HSV bereits Vollzug gemeldet in der Sache Bernhard Peters. Der Direktor Sport verlängert seinen Vertrag – wie erwartet – vorzeitig bis 2020. Eine konsequente Entscheidung, denn im Moment steht die Entwicklung des Nachwuchses gut da – so gut wie lange nicht. Und wahrscheinlich ist es sogar so, dass eine irgendwann mal fällige Ablösesumme für den möglichen Verkauf von Fiete Arp, gehen wir ruhig von einer zweistelligen Millionensumme aus, den kompletten Betrieb des Nachwuchsleistungszentrums, des Campus und der anderen Jugendmannschaften finanzieren könnte. Von der U 21 abwärts stehen eigentlich alle Leistungsmannschaften hervorragend da, und Bernhard Peters ist verantwortlich dafür.

Entscheidend aber ist, ob Jugendspieler des HSV durchkommen in den eigenen Profikader. Daran hatte es jahrelang gemangelt, und noch vor einem Jahr dibberte man in der NLZ-Führungsetage, wie es wohl mit dem als größtem Talent angesehenen Finn Porath (20) weitergehen werde. Noch hat Porath den Sprung in die Bundesliga nicht geschafft. Er kickt aktuell auf Leihbasis bei der Spielvereinigung Unterhaching in der 3. Liga, hat es dort aber bislang auch erst auf vier Startelf-Einsätze in dieser Saison gebracht. Zum Glück hat der HSV andere, die in die Bresche gesprungen sind. Janjicic, Jatta, Jung, Arp, Ito – sie alle kommen „von unten“ mit Perspektive. Mit Rick van Drongelen wurde darüber hinaus ein weiterer ganz junger Profi verpflichtet, und Trainer Markus Gisdol lässt die Jungen auch ran, wenn sie sich empfehlen. Vielleicht wird ja schon morgen einer zum Matchwinner. Selten in dieser Hinrunde hätte es der HSV eher gebraucht.

So könnte der HSV spielen: Mathenia – Diekmeier, Papadopoulos, Mavraj, Douglas Santos – Ekdal, Jung – Hahn, Hunt, Kostic – Arp

Allen 3000 HSV-Fans, die sich in Mönchengladbach angesagt haben, eine gute Fahrt. Alle anderen können das Spiel diesmal zusätzlich zu Sky live im ZDF verfolgen.

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