Marcus Scholz

20. Oktober 2020

Statistiken haben in der Welt von Daniel Thioune nur eine geringe Bedeutung: „Ich bediene sie nur ungern“, sagte der HSV-Trainer vor der Nachholpartie am morgigen Mittwoch (18.30 Uhr, Volksparkstadion) gegen den FC Erzgebirge Aue. Dass seine Mannschaft als einziges Team im deutschen Profifußball alle bisherigen Liga-Spiele gewonnen hat, interessiert den 46-Jährigen daher auch nur am Rande: „Wir wissen das einzuordnen“, meinte Thioune darauf angesprochen: „Es sind neun Punkte. Das wird nicht ausreichen, um zum einen die Liga zu halten und vielleicht noch größere Ziele und Träume zu realisieren.“ Stimmt. Nach drei Spielen ist so eine Statistik nicht einmal so viel Wert wie das Papier, auf dem sie steht.

Und während viele Trainer vor Thioune ähnliche Aussagen der Ordnung halber sagten, so ist Thioune davon überzeugt. Er lebt diese Aussage. Und darin liegt ein ganz wesentlicher Punkt, weshalb der HSV ein Spiel wie das am vergangenen Sonnabend gegen Fürth gewonnen hat. Man müsse anerkennen, dass man mit den allermeisten Zweitligisten auf Augenhöhe sei, hatte Thioune nimmermüde erklärt, als er sein Amt beim HSV im Sommer antrat. Und während viele das als Understatement abtaten und vielleicht sogar noch immer so sehen – genau so ist es! Genau das ist der einzige Weg, diese Liga am Saisonende wieder nach oben zu verlassen. Dieses ewige „wir müssen nur unsere Leistung abrufen, dann reicht das“-Gesabbel sowie der statistisch täuschende Anteil an Ballbesitz pro Spiel und die potenzielle Leistungsfähigkeit zählen gar nichts. Es zählt tatsächlich nur das Ergebnis.

Und was mich ins Phrasenschwein einzahlen lässt, klingt wird in der Thioune-Sprache so formuliert: Dieser HSV muss das  „Ekligsein“ als Stilmittel akzeptieren. Man muss eben auch mal mit nicht so schönem Fußball zufrieden sein, wenn denn das Ergebnis stimmt. Eben so, wie in Fürth. Es ist genau das, was sehr viele Außenstehende ebenso wie wir hier im Blog schon seit dem ersten Zweitligaspiel sagen: Diese Liga ist nur dafür da, sie schnellstmöglich wieder nach oben zu verlassen. Wie man das letztlich hinbekommt – SCHEISSEGAL! So viel zu der Frage einiger Userinnen und User, die von mir wissen wollten, ob ich mit dem Spiel in Fürth zufrieden war…

Thioune ordnet den HSV wohltuend richtig ein

Ich habe mich schon vor einiger Zeit von dem Anspruch verabschiedet, dass der HSV in der Zweiten Liga allen überlegen sein zu müsse. Das könnte der FC Bayern verlangen, aber selbst die Münchner gestehen sich trotz zuletzt 99-prozentiger Überlegenheit national wie international Ausnahmen zu. Der Anspruch des HSV ist und muss daher die Entwicklung einer neuen Stärke sein, und dafür muss man die viele Täler einkalkulieren. Das kann eine Niederlage gegen Aue sein, das kann ein verlorenes Derby sein – wobei, nein! Das alles hatten wir ja schon. Wir haben es nur noch nicht alle richtig eingeordnet. Nicht so, wie Thioune es vormacht.

 

 

Warum ich das schreibe? Ganz einfach: Weil ich morgen gegen Aue ein sehr schweres Spiel erwarte, in dem der HSV tatsächlich nicht nur mit schönem Fußball gewinnen kann – sondern mit zweckmäßigem. Und das darf gern „eklig“ sein. Das darf sogar sehr gern komplett eklig aussehen, wenn es denn auch für den Gegner entsprechend eklig  ist…

Personell ist der HSV nämlich tatsächlich angeschlagen. „Der HSV geht am Stock“ titelte mein Kollege Kay Fette heute in der BILD – und ich würde es drehen wollen in: „Der HSV steht vor dem nächsten Charakter-Test“. In Fürth hat man den bestanden. Aber, wie sagte mein Geschichtslehrer Herr Pischke immer so schlau: Einmal ist keinmal – zweimal ist immer. Mit anderen Worten: Morgen kann man das nächste Etappenziel erreichen. Schafft es der HSV, in diese zweckmäßigen Leistungen Konstanz reinzubekommen, dann glaube ich ihm auch, dass er es kann.

Aue wird schwer - aber der HSV ist gewappnet

Morgen kann der HSV daher erneut unter Beweis stellen, dass man die Liga so ernst nimmt, dass man sie am Ende auch endlich wieder verlassen kann. Wer dabei beginnen wird, ist und bleibt spannend. In der Defensive muss Trainier Thioune durch die Sperre von Toni Leistner und die weiteren Ausfälle von Josha Vagnoman sowie Tim Leibold umbauen. Kopfballstärke ist dabei ein ganz wesentlicher Faktor, da die Erzgebirgler bei Standards und hohen Bällen generell gefährlich sind. Stephan Ambrosius wäre da eine Hilfe – und der junge Innenverteidiger hat seinen Belastungstests bestanden.

Und Thioune wird defensiv alles brauchen, was laufen kann. Zumindest bekommt er schon einmal ein paar warnende Worte aus Aue: „Wir haben den HSV sehr gut analysiert. Unser Ansatz wird sein, dass wir uns keinesfalls einmauern und einen Betonmischer irgendwo hinstellen werden. Wir wollen selbst aktiv und mutig nach vorn spielen“, sagte Aues Trainer Dirk Schuster, der personell mit Ausnahme der langzeitverletzten Fabian Kalig und Gaetan Bussmann alle Profis an Bord hat.

 

Der HSV indes wird erneut mit Moritz Heyer auf der linken Außenverteidigerposition beginnen. Zumindest ist das sehr wahrscheinlich. Ansonsten muss ich gestehen, ist die erste Elf, von der ich glaube, dass sie beginnt, gar nicht so überraschend. Meine Vermutung: Ulreich – Gyamerah, Ambrosius, Jung, Heyer – Gjasula, Onana – Narey, Hunt, Wintzheimer – Terodde. Das würde bedeuten, dass Sonny Kittel wieder auf der Bank sitzt, was nach Fürth auch zu argumentieren wäre. Zudem hätte Thioune mit Gjasula noch einen weiteren Kopfballspieler im Team. Übrigens: Einzige Überraschung heute beim Abschlusstraining (bei Redaktionsschluss noch nicht beendet) war David Kinsombi, der mit der Mannschaft trainierte. Dass er von Beginn an aufläuft halte ich aber für ausgeschlossen.

Wie würdet Ihr gegen Aue aufstellen?

Egal wie, morgen wissen wir hier mehr. Vielleicht ja auch schon am Morgen beim MorningCall, mit dem ich morgen wie gewohnt um 7.30 Uhr bei Euch bin. Am Abend melden wir uns dann wie gewohnt von der Live-Couch, während ich mich am Abend aus dem Stadion melde. Bis dahin Euch allen noch einen schönen Abend!

Scholle

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