Tobias Escher

28. September 2018

Eigentlich ist Fußball ein einfaches Spiel. Ziel ist es, möglichst ein Tor mehr zu erzielen als der Gegner. Zu diesem Ziel zu gelangen ist allerdings alles andere als einfach, wie der Hamburger SV derzeit zu spüren bekommt. Christian Titz findet einfach nicht die richtige Balance aus Toreschießen und Toreverhindern.

Das 0:5 gegen Jahn Regensburg war ein Weckruf für den Hamburger SV und Trainer Christian Titz: Regensburg bewies der Liga, wie viel Angriffsfläche der riskante Spielaufbau der Hamburger bietet. Nach Ballverlusten im Aufbau verblieben meist nur zwei bis drei Verteidiger hinter dem Ball, um den Gegner zu stoppen – zu wenige angesichts der Vielzahl Hamburger Fehlpässe. Vor dem Auswärtsspiel bei Greuther Fürth wechselte Titz daher die Marschrichtung. Sein HSV gestaltete das Spiel wesentlich risikoärmer als in den vergangenen Wochen.

Defensiveres System

Titz stellte seine Mannschaft gegen Fürth in einer Mischung aus 4-3-3 und 4-2-3-1 auf. Mal agierte Lewis Holtby hinter der einzigen Spitze Pierre-Michel Lasogga, mal ließ er sich ins defensive Mittelfeld fallen.

Auffällig war, wie tief sich die zentralen Mittelfeldspieler postierten: Vasilije Janjicic bot sich als Fixpunkt im Aufbau vor der Abwehr an, auch Orel Mangala ließ sich weit fallen. Da auch Aaron Hunt und Holtby sich immer wieder auf die Position der Außenverteidiger zurückfallen ließen, stand der HSV im eigenen Aufbau wesentlich defensiver als zuletzt. So standen nach Ballverlusten die Hamburger Innenverteidiger nicht alleine auf weiter Flur, sondern erhielten sofort Unterstützung durch das tief postierte Mittelfeld.

Häufig standen die Hamburger im Spielaufbau in einer Art 4-2-2-2: Narey ging als zweiter Stürmer neben Lasogga, hinter ihm postierten sich Hunt und Holtby äußerst zentral. Diese Systematik haben die Brause-Klubs aus Salzburg und Leipzig populär gemacht, bietet es doch die beste Möglichkeit, nach einem Ballverlust im Zentrum sofort die Kugel zurückzuerobern. Das mag auch ein Gedanke von Titz gewesen sein: die eigene Defensive zu stabilisieren, indem man stärker das Gegenpressing nach Ballverlusten forciert.

Taktische Aufstellung Fürth-HSV

 

Fürth startet besser in die Partie

In der Anfangsphase hatte der HSV noch Mühe, gegnerische Angriffe zu stoppen. Fürth störte früh. Die Hamburger Verteidiger sollten keine Zeit am Ball erhalten. Aus Fürths nominellen 4-4-2-System stieß Sechser Sebastian Ernst weit nach vorne, sodass ein 4-1-3-2 entstand. Der HSV schien überrumpelt vom Fürther Wagemut.

Nach Ballgewinnen griffen die Hausherren vor allem über die rechte Seite an. David Atanga agierte als Rechtsaußen wesentlich offensiver als Tobias Mohr auf der anderen Seite. Er lauerte hinter Douglas Santos auf mögliche Kontergelegenheiten. Mit der Unterstützung von Rechtsverteidiger Maximilian Sauer gelang es Atanga, einigen Wirbel auf seiner Seite zu veranstalten.

Hamburg hatte in dieser Phase große Mühe, die gegnerischen Angriffe abzuwehren. Das defensive Verschieben gehört in dieser Saison nicht zu ihren Stärken; immer wieder passten die Abstände im eigenen 4-1-4-1 nicht. Doch Fürths Sturm-und-Drang-Phase endete nach zehn Minuten so plötzlich, wie sie begonnen hatte. Fürth zog sich nun im 4-4-1-1 in die eigene Hälfte zurück. Teils ließ sich Mohr auf links sogar derart weit fallen, dass Fürth mit einer Fünferkette verteidigte. Fürth übte nun keinen Druck mehr auf Hamburgs Verteidiger aus.

Der HSV konnte nun das gewohnte Aufbauspiel aus der Defensive aufziehen: Torhüter Julian Pollersbeck rückte zwischen die Innenverteidiger, die wiederum nach außen auswichen. Die Dreierkette aus Torwart und Verteidigern ließ den Ball laufen, bis einer von ihnen zu einem langen Ball ansetzte. So weit, so HSV. Nur das starke Gegenpressing war neu. Es verhinderte, dass Fürth nach Ballverlusten Pässe auf Atanga spielen konnte.

Täglich grüßt das Murmeltier

Das Problem: Durch die tiefe Position der Mittelfeldspieler hatten Hamburgs Verteidiger wenige Anspielstationen in der gegnerischen Hälfte. Es bleibt die große Schwachstelle des HSV, aus dem eigenen Spielaufbau tatsächlich Raumgewinn zu erzielen. Viele Bewegungen der Mittelfeldspieler wirkten improvisiert, selten passten sie zueinander. So ließ sich Holtby häufig auf die Rechtsverteidiger-Position fallen. Dafür rückte jedoch weder Goteku Sakai auf noch erhielt er Unterstützung durch Narey. Holtby isolierte sich mit seinen Bewegungen von seinen Mitspielern.

In der Halbzeitpause versuchte Titz, mit der Einwechslung von Tatsuya Ito neue Impulse zu setzen. Ito sollte auf Linksaußen mit seinen Dribblings durchbrechen, Hunt wechselte auf die rechte Seite. Narey gab fortan den Rechtsverteidiger innerhalb der Hamburger Viererkette. Der Ex-Fürther blieb aber auch auf dieser Position blass. Die Hamburger Probleme im Spielaufbau lösten sich auch nicht, als Holtby nach der Einwechslung Hee-chan Hwangs auf die Zehner-Position wechselte. Es blieb neunzig Minuten beim selben Bild: Der HSV kam gegen das 4-4-1-1 der Gäste nicht durch. Einzig Hwang belebte mit seinen Dribblings das Spiel. Immerhin gelang es dem HSV besser als in den vergangenen Partien, Konter über ein starkes Gegenpressing zu unterdrücken.

So fällt das Fazit der Partie zwiespältig aus. Titz sucht noch immer die richtige Balance aus Toreschießen und Toreverhindern. Im Spiel gegen Fürth kippte das Pendel zugunsten der Defensive. Angesichts der 0:5-Klatsche in den Köpfen von Spielern und Fans war dies nicht unbedingt die schlechteste Entscheidung. Am Sonntag muss im Derby offensiv aber mehr kommen, will Titz das Vertrauen der Fans in sein System zurückgewinnen.

 

NACHTRAG

Das eigentlich als Geheimtraining geplante Abschlusstraining am Sonnabend ist nun doch öffentlich. Um 13.30 Uhr wird am Volksparkstadion trainiert.

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