Marcus Scholz

1. November 2018

„Ich weiß, dass viele HSV-Anhänger unsere Entscheidung des Trainerwechsels nicht nachvollziehen konnten und daher frustriert oder sogar sauer sind. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal anmerken, dass es sich bei diesem Schritt nicht um eine Spontanentscheidung handelte, sondern um eine wohl überlegte, zu der ich weiterhin stehe. Als Sportvorstand ist es meine Aufgabe und Verantwortung, die sportliche Gesamtentwicklung stetig im Auge zu haben und mir im Sinne des Clubs immer wieder die Frage zu stellen: Sind wir auf dem richtigen Weg? Nach zehn Zweitligaspielen haben wir im Vorstand eine entsprechende Analyse vorgenommen und sind zur Überzeugung gelangt, dass der Trainerwechsel notwendig war. Das ändert nichts daran, dass wir Christian Titz für dessen geleistete Arbeit dankbar sind. Wir wussten und wissen seinen Beitrag sehr zu schätzen.“

Überlegte Worte von Sportvorstand Ralf Becker in der aktuellen Ausgabe der Stadionzeitung „HSVlive“. Es ist vor allem der Versuch, den Schulterschluss zu den Fans wieder herzustellen, die sich in den letzten Wochen massiv gegen den Rauswurf von Titz ausgesprochen hatten. Nach den Spielen hatten die Auswärtsfans Titz mit Sprechchören gefeiert und ein Plakat („Hoffmann, du wirst noch von uns hören“) aufgehängt, das sich gegen den Vorstandsboss Bernd Hoffmann richtete. Hintergrund: Viele Anhänger nehmen es Hoffmann übel, dass er sich wider eigene Ansage über den e.V.-Präsidentenposten in den Vorstand hatte hieven lassen. Viele Fans sehen in ihm die Triebfeder des Rausschmisses, weshalb Becker noch einmal versucht, sich selbst als Entscheider darzustellen und so den Fokus von Hoffmann abzuwenden. Eine ehrenwerte Aktion. Allerdings bleibt es fraglich, ob das gestörte Vertrauensverhältnis Fans/Hoffmann damit wiederhergestellt werden kann.

 

Sicher ist, dass am Montag ein echtes Spitzenspiel im Volkspark stattfinden wird: Erster gegen Zweiter. Und ich habe richtig Bock darauf! Denn obgleich es leider in der falschen Liga stattfindet, ist es ein Spiel, auf das ich mich aus vielerlei Hinsicht ganz besonders freue. Denn es ist das erste Spiel in dieser Saison (Pokal inklusive), in das der HSV nicht als Topfavorit gehen muss. Es ist das erste Spiel gegen einen zumindest gleichwertigen Gegner. Kurz gesagt: Es ist die erste echte Bewährungsprobe für den HSV - und dementsprechend natürlich auch für den neuen Trainer Hannes Wolf, der seine Heimpremiere feiert und mit einem Sieg die alleinige Tabellenführung übernehmen könnte. Und ich hoffe, dass es das erste Heimspiel wird, das über die gesamten 90 Minuten richtig offen geführt wird und dementsprechend als Indiz für den tatsächlichen Leistungsstand dieses HSV herhalten kann.

Insgesamt bietet dieses Spitzenspiel ob der drumherum entstehenden Aufmerksamkeit zudem die große Möglichkeit, in den nächsten Tagen mal nur über Fußball zu sprechen. Auch über den starken Auftritt der Kölner gestern gegen Schalke. Befreit von allen Zwängen und vom Druck des Favoriten, lieferte der Zweitligist einen mitreißenden Pokal-Fight, der zwar unter dem Strich nicht belohnt wurde, denn die Kölner schieden nach Elfmeterschießen (5:6) gegen die Königsblauen aus. Durchaus unverdient. Zuvor waren die Kölner über die meiste Spielzeit das bessere Team und demonstrierten, wozu sie in der Lage sein können. Und genau darauf setze ich für Montag auch wieder: Selbstbewusstes Auftritten der Kölner mit viel Mut zur Offensive. Also genau das, was dem HSV nach eigener Aussage in den letzten Wochen immer wieder gefehlt bzw. das Leben schwer gemacht hatte.

Morgen steht das erste richtige Mannschaftstraining nach dem ebenso erfolgreichen wie im Zustandekommen auch diskutablen Sieg bei Wehen Wiesbaden an. Fehlen dürfte dann noch immer Hee-chan Hwang, bei dem (nicht nur!) Trainer Hannes Wolf dennoch hofft, dass er pünktlich zum Spitzenspiel fit wird. Und auch ich hoffe, dass der Südkoreaner das schafft, damit er die Offensive unterstützen kann. Vor allem hoffe ich dabei, dass der mit vielen Vorschusslorbeeren verpflichtete Außenstürmer dann endlich sein ganzes Potenzial ausschöpfen kann. Zudem dürfte Pierre Michel Lasogga nach seinen Treffern gegen Wiesbaden gesetzt sein - was auch nachvollziehbar ist. Das Argument, dass man einen positiven Lauf nicht unnötig bremsen will, ist halt auch eines. Aber trotzdem bleibe ich dabei, dass es kein Dogma sein muss, zuletzt treffsichere Stürmer immer beginnen zu lassen.

In Hamburg ist das ob der letzten Wochen nahezu festgelegt: Trifft Lasogga, spielt er. Titz hatte das anders gesehen und bekam das vorgeworfen. Lasogga wurde hier in Hamburg in den letzten Wochen zu sehr zum Politikum hochstilisiert. Und dennoch bin ich weiterhin absolut überzeugt davon, dass es taktisch sehr wohl geeignete „Matchpläne“ (auch jetzt gegen Köln) gibt, die Lasogga zunächst auf der Bank sehen würden. ich behaupte sogar, dass es am Ende sogar auch ihm zugute kommen könnte. Die Frage dabei ist immer nur, wie der Spieler es aufnimmt. Soll heißen: Wenn man Lasogga mit ins Boot bekommst und ihm klarmacht, dass er mehr Tore machen könnte, wenn er im Laufe des Spiels für einen laufstärkeren Angreifer eingewechselt würde - es könnte für alle ein ganz wesentlicher Vorteil sein. Auf lange Sicht allemal, weil es den HSV deutlich schwerer auszurechnen macht. Aber das nur nebenbei.

Am Montag, da würde ich angesichts der letzten Tage mit Hannes Wolf darauf wetten, wird Lasogga beginnen. Es wird insgesamt nur wenige Veränderungen geben, wobei eine zwingend ist: In der Innenverteidigung wird aller Voraussicht nach Leo Lacroix für den gesperrten David Bates reinrücken. Der Schweizer, der bislang weder in der Liga noch im Training wirklich überzeugen konnte, bekommt seine Chance. Und das gegen den bisherigen Toptorjäger der Zweiten Liga: Terodde. 13 Tore hat der Angreifer des 1. FC Köln in den bisherigen elf Ligaspielen (dabei kam er nur zehnmal zum Einsatz) erzielt. Vier Treffer bei einem Einsatz im DFB-Pokal kommen noch hinzu. Und dennoch war Terodde gegen Schalke zunächst nur Ersatz und wurde in der 88. Minute erst eingewechselt.

Glaubt man Kölns Trainer Markus Anfang, hat er seinen Toptorjäger dabei nicht für den Montag geschont, sondern aus Überzeugung stattdessen zunächst Cordoba gebracht. Und obwohl Letztgenannter traf, hoffe ich, dass es sich Kölns Trainer Anfang bis Montag wieder anders überlegt und Terodde bringt. Der ist bislang zwar deutlich treffsicherer als der schnelle Cordoba. Er ist aber auch etwas hüftsteifer und deutlich weniger antrittsschnell. Ich glaube einfach, dass Terodde und Lacroix ein sehr passendes Duell werden kann - wenn der HSV-Verteidiger einen richtig guten Tag erwischt.

Aber okay, es ist noch ein wenig Zeit bis Montag. Genau genommen sind es noch drei Trainingseinheiten, in denen sich noch viel verändern kann. Die erste davon findet morgen um elf Uhr am Volksparkstadion statt und wird zugleich die letzte öffentliche Einheit sein.

Ich melde mich morgen wieder bei Euch. Wie inzwischen gewohnt auch morgen früh wieder mit unserem MorningCall, in dem ich Euch wie gewohnt über alles das informiere, was so über den HSV berichtet wird. Klickt doch einfach mal rein! 

 

Euch allen einen schönen Abend und eine gute Nacht!

Scholle

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