Marcus Scholz

3. Mai 2019

Ich mag die Schlussphasen der Spielzeiten. Und das aus vielerlei Gründen. Angefangen natürlich bei der Spannung, was die Tabellensituation betrifft. Ganz klar! Aber Schlussphasen bieten vor allem die Möglichkeit, noch einmal genau zu erkennen, wer welche Qualität hat. Denn die Schlussphasen bieten Fußball in Reinkultur. Es gibt schlichtweg keine Pufferzonen mehr. Es muss gewonnen werden, wenn man sein Ziel erreichen will. Und das ist komplett alternativlos. Phrasendreschen nach Spielen zählt nichts mehr. Es ist wirkungslos. Allein das Ergebnis spricht eine nachvollziehbare Sprache. Denn während man im Laufe der Saison immer wieder Wiedergutmachung betreiben oder zumindest ankündigen kann, bringt die Schlussphase unwiderruflich Erfolge und Misserfolge mit sich. Auch morgen beim HSV gegen Ingolstadt.

Denn sollte der HSV nicht gewinnen und die Konkurrenz ihre Hausaufgaben machen ***ERGÄNZT: Paderborn patzt in Bielefeld. Damit kann der HSV morgen mit einem Sieg wieder am SCP vorbeiziehen****, wäre der Traum vom Aufstieg nahezu ausgeträumt. Das ist klar. Von daher könnte man den Blog an dieser Stelle für heute aus sportlicher Sicht sogar schon abschließen. Soll heißen: Siegen oder fliegen! Und das wissen auch die Spieler, denen der HSV-Sportvorstand nach der Union-Pleite kräftig die Leviten gelesen und mangelnden Einsatz vorgeworfen hatte. Die einzige offene Frage vor dem Spiel am Sonnabend gegen Ingolstadt ist für mich: Bei wem hat Trainer Hannes Wolf im Kurztrainingslager den Eindruck gewonnen, dass er im Schlussspurt all die Attribute abrufen wird, die gefordert wurden: Loyalität, Kampfgeist sowie Einsatz- und Laufbereitschaft?

Ich glaube, dass Wolf folgendermaßen beginnen wird: 

 

Einen guten Eindruck hat offenbar auch Fiete Arp hinterlassen, der zuletzt von Wolf nur noch für die U21 abgestellt worden war. Im Kader der Profis stand Arp das letzte Mal am 16. März gegen Darmstadt. Damals kam er beim bitteren 2:3 für die letzten 12 Minuten zum Einsatz. Jetzt ist er wieder dabei und erhielt von Hannes Wolf vorab eine Menge Lob. Vor allem aber bringt Arp die Leidenschaft für den HSV mit, die wahrscheinlich nur die allerwenigsten in sich tragen. Will nicht jeder hören - ist aber so. Und so unmittelbar vor seinem Wechsel zum FC Bayern schreit die Geschichte fast danach, dass er es nach einer komplett verkorksten Saison ist, der in der Schlussphase plötzlich entscheidend ist. Auf jeden Fall aber, und das ist weniger Träumerei sondern meinerseits sehr ernst gemeint: Ich würde einen Arp immer einem Hee Chan Hwang vorziehen, der sich intern ebenso zerschossen hat, wie er sportlich auf dem Platz bislang enttäuscht. Hwang ist und bleibt für mich ein Spieler, der sicher riesiges Potenzial (allein sein Antritt ist schon ne Waffe) besitzt, der aber seine Zutaten nie richtig kombiniert bekommt. Er macht letztlich auf dem Platz immer das, was er will - und das passt selten bis nie zum Spiel der restlichen zehn HSVer auf dem Platz. Dennoch ist er im Gegensatz zu „Mentalitätsmonster“ Kyriakos Papadopoulos gegen Ingolstadt im Kader. Der Grieche fehlt ebenso wie der verletzte Kapitän Aaron Hunt.

Dafür scheint Orel Mangala wieder fit zu werden. Das wiederum bietet Trainer Hannes Wolf die Chance, seinen zuletzt wiederholt schwachen Defensivspieler Gideon Jung zunächst auf die Bank zu setzen. Jung hatte in Berlin das 0:1 verschuldet und auch zuvor nach seiner langen Verletzungspause noch sichtbar Probleme. Wolfs Versuch, den einstellungsmäßig tadellosen Jung mit Vertrauen seinerseits wieder aufzubauen, schlug nicht wie gewünscht an und dürfte in dieser entscheidenden Schlussphase ein zu hohes Risiko sein. Stattdessen tippe ich auf eine Sechs mit vasilije Janjicic sowie Orel Mangala neben Berkay Özcan davor. Möglich wäre natürlich auch, dass Santos wieder auf die Sechs rückt und Wolf erneut Janjicic in die Dreierkette zieht. Zumindest aber wäre der HSV so flexibel, beide Systeme spielen zu können.

Spannend war zuletzt sicherlich auch die Frage, wer ganz vorn beginnt. Arp scheint nicht erste Wahl zu sein, Hwang ebenso wenig. Also war die Frage: Wintzheimer oder Lasogga? Im Trainingslager hatte Hannes Wolf diese Entscheidung ganz bewusst als „offen“ bezeichnet und alle mal vorn spielen lassen. Es wurde zuletzt sogar mit zwei Spitzen trainiert. Letztlich aber glaube ich, dass es gegen Ingolstadt auf Lasogga vorn hinausläuft. Und das flankiert von den beiden schnellen Außenstürmern Bakery Jatta und Khaled Narey, die den bulligen Mittelstürmer mit Flanken bedienen sollen, während Özcan und Mangala im Wechsel (bzw. auch zusammen) den kreativen Part im Mittelfeldzentrum übernehmen. Gotoku Sakai wird derweil wohl wieder den Vorzug vor dem jungen Josha Vagnoman erhalten. Und so überzeugt ich weiterhin davon bin, dass Vagnoman das Potenzial zum Stammspieler und Leistungsträger hat - in dieser Phase der Saison ist Sakais Erfahrung und Abgeklärtheit mehr wert, als die immer wiederkehrende Lethargie Sakais in der Offensivbewegung. Vagnoman wäre zudem ein guter Backup, sollte man in der Schlussphase noch mal etwas Tempo brauchen.

Aber, und dabei bleibt es für mich: Morgen ist alles egal. Morgen zählen nur die Punkte. Und das macht es für alle Beteiligten ebenso leicht wie schwierig. Denn während sie auf der einen Seite nicht groß nachdenken müssen und die Tabellensituation selbsterklärend ist, wartet mit den Schanzern ein schwieriger Gegner auf den HSV. Gerade unter dem neuen Trainer Tomas Oral haben die Ingolstädter zuletzt in vier Spielen drei Siege eingefahren. Und ein Remis. Verloren wurde noch nicht. Und das darf der FCI auch nicht, wie Ihr dem Trainer auf der Pressekonferenz entnehmen könnt:

In diesem Sinne, bis morgen. Da werden wir sehen können, ob dieser HSV als Mannschaft noch (mal wieder) funktioniert.  Ich bin sehr gespannt! Denn ich glaube tatsächlich daran, dass die neue Situation als Jäger noch mal Kräfte freisetzen und leistungssteigernd sein kann. Die HSV-Profis  müssen „nur“ darauf achten, immer einen Zentimeter höher zu springen, einen Schritt schneller zu sein nd immer einen Meter mehr zu laufen als die Gegner - und eben endlich mal wieder ein Tor mehr zu schießen als der Gegner. So einfach ist das. Und wie mir gesagt wurde, war die Stimmung im Trainingslager auch gut bis angespannt. Also genau so, wie es sein soll. Denn Fakt ist: Es wird ein harter Gang gegen den FCI. Die Ingolstädter müssen gewinnen, wenn sie noch eine Chance auf den Klassenerhalt haben wollen und werden hier um ihre Existenz kämpfen. Und das gegen einen HSV, für den es um nicht einen Deut weniger geht.

Also: Augen zu und durch. Irgendwie. Scheißegal, wer am Ende auf dem Platz steht, die Aufgaben sind eindeutig und Entschuldigungen in egal welcher Form sind nicht mehr zugelassen. Das einzige, was zählt, sind die Punkte!

Scholle

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