Marcus Scholz

27. Juni 2020

Natürlich ist das, was Köln da abgeliefert hat, einfach nur bitter. Dieses 1:6 wirft kein gutes Licht auf den Klub, der sich unter Markus Gisdol die Klasse bereits gesichert hatte. Dass dieser Spieltag das eh schon stark belastete Verhältnis der Düsseldorfer mit den Kölnern nachhaltig verschlechtern wird ist zudem höchstwahrscheinlich. „Wir haben letzte Woche unser Ziel erreicht, da fallen Fokus und Anspannung ein bisschen weg. Die Woche war nicht so einfach für uns. Deshalb werde ich nicht auf der Mannschaft rumhacken. Ich möchte nicht ins Detail gehen, warum es eine schwere Woche war. Die Mannschaft braucht dringend eine Pause, sowohl körperlich als auch mental“, sagte Ex-HSV- und jetzt Köln-Trainer Markus Gisdol nach der Partie und sorgte für wilde Spekulationen.

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Und dennoch darf sich Düsseldorf nicht beschweren, da man selbst seine Hausaufgaben nicht gemacht und in Berlin mit 0:3 kläglich untergegangen ist. Und genau darum wird es morgen auch beim HSV gehen. Denn selbst wenn Bielefeld gegen Heidenheim vergeigt, darf sich hier in Hamburg niemand beschweren, wenn man den so einfach zu erreichenden Aufstieg verpasst. Wobei doch: Bei Herrn Perl, der dem HSV einen der klarsten Foulelfmeter dieser Saison schlichtweg verwehrt hat, darf man sich beschweren. Je häufiger ich mir die Szene angesehen habe, desto mehr entstand bei mir der Gedanke, dass Perl vorsätzlich gehandelt haben könnte. Und angesichts der Häufung unfassbarer Fehlentscheidungen bin ich sehr gespannt, ob daraus irgendwann noch eine Skandalgeschichte wird.

Aber okay, Zukunftsmusik. Jetzt steht erst einmal das letzte Saisonspiel gegen den SV Sandhausen an, das der HSV so gestalten muss, dass er am Ende wieder auf dem dritten Tabellenplatz landet. Verliert Heidenheim beim Meister in Bielefeld, reichte ein Unentschieden. Bei eine Remis in der Schüco-Arena müsste der HSV wiederum gewinnen. Von daher, ganz einfache Ansage an Kapitän Aaron Hunt und Co.: Ihr müsst gewinnen. Liefert endlich mal, wenn es darauf ankommt! Trainer Dieter Hecking hatte es gestern ja schon sehr deutlich gemacht, als er vor dieser Partie von einem Charaktertest sprach. Und genau das ist es.

 

Dass in so einem bedeutenden Spiel ein Innenverteidiger zum Hoffnungsträger wird, der wie Ewerton schon seit Monaten nicht mehr gespielt und es in dieser Saison auf gerade erst vier kurze Einsätze gebracht hat – bezeichnend für die HSV-Abwehr, der ich mit keinem Wort Charakter absprechen will. Ganz im Gegenteil: Timo Letschert, der verletzt ausfällt sowie Jordan Beyer, der gelbgesperrt fehlt, sind maximal verbissen und stehen dem Mentaltätsspieler Rick van Drongelen in fast nichts nach. Letztgenannter wird morgen erneut auflaufen und wieder bis in die Haarspitzen motiviert sein. Problem hierbei: Das allein reicht leider nicht. Leider. Denn das Sportliche muss zumindest im Ansatz passen – und das tut es nicht. Hier fehlt dem HSV die Qualität, um sicher aufzusteigen.

Beyer wird zu Gladbach zurückgehen, Letscherts Vertrag nicht verlängert, und auch bei van Drongelen sollte der HSV sich ernsthaft überlegen, ob sie den Niederländer nicht schnell noch gewinnbringend verkaufen. Ach ja, und um hier die Reihe voll zu machen und keinen zu vergessen: Ewerton und Gideon Jung dürfen für die Saisonplanung 2020/21 ebenfalls keine ernsthafte Rolle als Innenverteidiger spielen. Darum haben sie auf dem Patz (Jung) und via Dauer-Reha (Ewerton) oft genug gebeten. Soll heißen: Der HSV muss sich eine komplett neue Innenverteidigung zulegen. Wobei ein van Drongelen mit einem schnelle Abwehrchef neben sich vielleicht noch tragbar wäre. Alle anderen nicht. Punkt.

Nordderby gegen Werder Bremen in der Relegation?

Apropos Punkt: Einen davon hat Werder Bremen mehr als Fortuna Düsseldorf und sich so doch noch in die Relegation gerettet. Sollte der HSV es also doch noch schaffen, stünden am 2. Und 6. Juli zwei unfassbar prestigeträchtige Nordderbys an. „Dann können sie endlich die Schmach von 2009 wieder wettmachen“, sagen die einen. Ich behaupte: Düsseldorf wäre mir deutlich lieber gewesen. Denn Werder kommt trotz der komplett verkorksten Saison durch diese späte Minimalrettung auf den relegationsplatz Aufwind. Und: Obwohl sie eine unsäglich langsame Mannschaft haben, hat Werder deutlich mehr Qualität im Kader als der HSV. Leider.

Aber wie gestern schon geschrieben, an irgendwas anderes zu denken als daran, die Partie gegen Sandhausen zu gewinnen, wäre fatal. Und während ich mir bei vielen Spielern nicht sicher bin, ob sie der Belastung standhalten, bin ich mir bei Hecking sicher, dass er mit der Situation umzugehen weiß. Fraglich ist nur, ob er die richtigen Schlüsse in Sachen Aufstellung zieht. Pollersbeck gilt im Kasten als gesetzt, ebenso Leibold als Links- und van Drongelen (schon personell bedingt) als Innenverteidiger. Neben ihm könnte Jung spielen, vermuten die einen. Ich würde auf Ewerton setzen und rechts wird es wieder eine enge Entscheidung zwischen Josha Vagnoman und Jan Gyamerah werden.

 

Im Mittelfeld wird es dagegen schon spannender. Gut gespielt hat auf der Sechs zuletzt niemand mehr. Fein hat sich der Situation zwar wie ein Mann gestellt und Bälle gefordert, aber konnte er damit weder etwas anfangen noch konnte er Fehler wettmachen. Defensiv war er dagegen eine Katstrophe. Selbst Aaron Hunt war da besser und wird morgen beginnen. Und nehmen wir Dudziak als Achter mal als gesetzt an, hat Hecking auf der Sechs also die Wahl zwischen Gideon Jung, Adrian Fein, und eventuell noch David Kinsombi, der abgesehen von dem einen guten Spiel gegen Wiesbaden aber auch nach dem Restart der Zweitligasaison enttäuschte. Ebenso wie Sonny Kittel und Bakery Jatta auf den Außenbahnen.

Hecking kann komplett umstellen - und das wäre ok

Mit anderen Worten: Bis au Joel Pohjanpalo ganz vorn, Dudziak dahinter sowie Leibold, van Drongelen und Pollersbeck könnte der Trainer alle Positionen neu besetzen und niemand dürfte sich beschweren. Wobei das sowieso niemand nach dieser Saison bislang darf. Völlig unabhängig davon, ob Bielefeld gewinnt oder eben nicht. Wirklich beschweren dürfen sich tatsächlich nur die HSV-Anhänger. Über eine mal wieder verkorkste Saison, die seit heute zumindest noch eine minimale Chance hat, zum großen Erfolg zu werden. Denn in der Relegation Werder Bremen in die Zweite Liga und sich selbst wieder in die Erste Bundesliga zu schießen, das könnte versöhnen. „Heute ist alles für uns gelaufen. Aber es ist ein Halbfinale, es gibt noch zwei Finals. Beide Mannschaften fangen dann wieder von Null an. Ich habe noch kein Derby gegen den HSV gespielt, vielleicht wäre das eine schöne Sache“, freute sich Werder Bremens Davy Klaasen heute.

Aber für uns alle gilt: Erst einmal gegen Sandhausen abliefern. Alles andere kommt danach. Wobei – auch wieder nicht alles. Unsere Heimcouch beispielsweise wird morgen natürlich wieder am Start sein. Und Ihr seid ALLE eingeladen! Ab 15 Uhr melden wir uns via youtube-Channel bei Euch  und haben mit Rocketbeans-Gründer Nils Bomhoff und Tobias Escher auch zwei absolute Experten als Gäste dabei. Zudem werde ich Euch aus dem Stadion auf dem Laufenden halten – sofern ihr denn dabei seid. Wir freuen uns auf jeden Fall auf dieses Zweitliga-Finale mit Euch zusammen.

 

Bis dahin,

Scholle

 

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