Tobias Escher

24. November 2019

Die taktische Formation des Hamburger SV war in dieser Saison meist dieselbe. Trainer Dieter Hecking bevorzugt eine Mischung aus 4-2-3-1 und 4-3-3. Gegen Dynamo Dresden wagte Hecking etwas Neues. Viel gewagt, wenig gewonnen: Erst nachdem der HSV im Spielverlauf zur Stammvariante zurückgekehrt war, dominierten sie die Partie.

Eine Umstellung, die sich angebahnt hat: Nachdem der HSV gegen Holstein Kiel und Wehen-Wiesbaden zweimal nur 1:1 gespielt hatte, suchte Hecking die Veränderung. Er stellte nicht nur seine Startelf auf vier Positionen um, sondern setzte mit der Raute auf eine neue taktische Formation. Sonny Kittel nahm den Platz hinter den beiden Spitzen Bobby Wood und Martin Harnik ein. Dahinter sicherten mit Jeremy Dudziak und Christoph Moritz zwei Achter ab, Sechser Adrian Fein agierte vor der Viererkette.

Diese Formation bietet vor allem Vorteile im Zentrum: Mit vier zentralen Mittelfeldspielern lässt sich dieser Bereich des Feldes dominieren. Auf den Außen sind sowohl die Außenverteidiger als auch die Stürmer gefragt, um die entstehenden Lücken im Mittelfeld zu schließen.

 

Ungewöhnlicher Gegner, ungewöhnliches Spiel

Aus Hamburger Sicht war die Systemumstellung keine schlechte Wahl. Mit Dynamo Dresden trafen sie auf ein Team, das – wie so viele HSV-Gegner – die Defensive im Fokus hatte. Sie stellten sich in einem 5-2-1-2-System auf. Dem HSV kam (mal wieder) die Aufgabe zuteil, das Spiel zu gestalten.

Doch früh zeigte sich: Dresden war kein Gegner wie jeder andere. Defensiv agierten sie stark mannorientiert: Jeder Dresdner Verteidiger deckte einen Hamburger Angreifer. Gerade im Mittelfeld ordneten sie sich eins zu eins zu. Damit dies aufging, rückte immer wieder ein Abwehrspieler aus der Fünferkette heraus, um Kittel zu verfolgen.

Was Hamburg sich von der Raute erhofft hatte, ging angesichts dieser Mannorientierungen nicht auf: Weder konnten sie sich eine Dominanz über das Zentrum erarbeiten noch das Offensivspiel verbessern. Den Hamburger Angreifern stand schlicht zu jeder Zeit ein Gegenspieler auf den Füßen. Einzig die Außenverteidiger genossen gewisse Freiheiten, nutzten diese jedoch nicht konsequent aus: Khaled Narey und Tim Leibold hielten sich im Offensivspiel zurück aus Angst, Konter zuzulassen.

Nicht nur Dynamos Defensive, auch ihre Offensive ragt aus dem Einheitsbrei der Zweiten Liga heraus. Trainer Christian Fiél fordert von seiner Mannschaft, jeden Angriff flach herauszuspielen. Wirklich jeden. Somit ließen sie nach Eroberungen die Kugel zunächst in der Abwehrkette kreisen, bis sie mit flachen Zuspielen ihre Stürmer suchten. Diese wichen häufig auf die Flügel aus. Vor allem Moussa Koné war auf der rechten Seite sehr präsent.

Gegen Dresdens flaches Aufbauspiel hatte der HSV mit der eigenen Raute leichte Probleme. Das Zusammenziehen auf den Flügeln klappte zwar gut: Sowohl die Stürmer als auch die Achter rückten weit auf die Seite. Im Anschluss blieb aber zu häufig das Zentrum unbesetzt. Dresden konnte mit schnellen Kombinationen in die Spielfeldmitte gelangen und mit Tempo auf die Abwehr zulaufen.

Taktische Aufstellung HSV-SGD

 

Zurück zu den Wurzeln – zurück zum Erfolg

Weder offensiv noch defensiv konnte sich der HSV die Dominanz erarbeiten, die man von ihnen gewohnt ist. 55% Ballbesitz und 9:7 Schüsse nach knapp einer Stunde: Vom HSV ist man diese Saison höhere Werte gewohnt. Vor allem aber lagen sie nach einem Treffer durch den nach vorne stürmenden Außenverteidiger Niklas Kreuzer 0:1 (47.) zurück.

Hecking kehrte also nach einer Stunde zur angestammten Variante zurück. Es kamen Aaron Hunt (60., für Moritz) und Jairo Samperio (60., für Wood) ins Spiel. Hecking stellte damit auf ein 4-3-3-System um. Hunt agierte im Zentrum, Samperio als Rechtsaußen, Kittel als Linksaußen. Und sieh an: Hamburgs Offensive funktionierte gleich viel besser.

Zum Einen lösten die Spieler sich nun besser gegen Dresdens Mannorientierungen. Fein bewegte sich immer wieder weit nach vorne, um seinen Gegenspieler nach hinten zu drücken. Das schuf Freiräume für Hunt, der diese dankend annahm. Auch die übrigen Mittelfeldspieler stießen immer wieder nach vorne, um Dresdens eng deckendes Mittelfeld nach hinten zu drücken. Dresden rückte weit in die eigene Hälfte, um die Mannorientierungen aufrechtzuerhalten. Irgendwann spielte sich die Partie nur noch am Dresdner Strafraum ab.

 

Das lag nicht zuletzt daran, dass der HSV sämtliche Konter im Keim erstickte. In der angestammten Formation funktionierten die Mechanismen viel besser, Dresden kam kaum mehr über die Mittellinie. Der HSV drängte sie auf die Flügel und schloss anschließend die Räume ins Zentrum.

Ballbesitz, Gegenpressing, Geduld: Das waren die Leitsätze für das Comeback in den folgenden dreißig Minuten. Immer wieder spielte der HSV um die gegnerische Formation herum, verlagerte das Spiel von Halbraum zu Halbraum. Leibold tat sich als einrückender Linksverteidiger als Spielmacher hervor: Er rückte häufig in den Halbraum, an der Entstehung beider Treffer war er beteiligt.

Das war der HSV, wie ihn die Fans in dieser Saison schätzen und die Gegner fürchten. Es war keine falsche Idee, die taktische Bandbreite zu erweitern, um den Gegner auf dem falschen Fuß zu erwischen. Das Stammsystem funktioniert derzeit aber einfach (noch) besser. Gut möglich, dass gegen die Konterstarken Osnabrücker am kommenden Freitag wieder das Stammsystem zum Einsatz kommt.

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