Marcus Scholz

13. Januar 2019

 

Wintervorbereitungen haben immer sowas von Zusammenkünften aller Profifußballer. In Belek waren es auf kurzer Distanz teilweise bis zu 40 Profimannschaften, die sich zeitgleich vorbereiteten. hier in La Manga ist der HSV vergleichsweise spät dran. Aber es reicht noch immer, um Heidenheim, Pauli, Kiel, St. Gallen, Lugano direkt vor der Haustür zu wissen - und auch sonst viele interessante Persönlichkeiten. Allein heute schaute der ehemalige Cotrainer von Ottmar Hitzfeld, Michael Henke beispielsweise, am Trainingsplatz vorbei und unterhielt sich angeregt mit dem einen oder anderen Spielerberater wie Beispielswiese Maikel Stevens, dem Sohn vom ehemaligen HSV-Trainer Huub Stevens.

Ebenfalls vor Ort: die beiden ehemaligen HSV-Trainer Thomas Doll und Mirko Slomka, die zusammen mit Dolls damaligen und heutigen Cotrainer Ralph „Katze“ Zumdick auf Einladung der Agentur Match IQ noch bis morgen in La Manga weilen und es sich nicht nehmen lassen wollten, bei ihrem Exklub vorbeizuschauen. Im Bus übrigens, der die Mannschaften und Gäste vom Hotel zum Platz fährt, saß mein Kollege Simon Braasch plötzlich neben Tranquillo Barnetta (Ex-Leverkusen, -Schalke, -Frankfurt und -Hannover-Spieler), der aktuell bei St. Gallen kickt.

Das Interview mit Lewis Holtby im Video

Was ich damit sagen möchte, ist: Hier sind alle wieder eng auf eng. Die Trainingslager sind neben intensiven und sonnigen Einheiten auf dem Platz eben auch immer ein Hotspot für die Sportchefs, die vielen Spielerberater, Agenturen und Trainer der Profiszene. Hier werden Kontakte geknüpft und Vereinbarungen getroffen, die für die nächste Saison und darüber hinaus oft wichtig werden. Mainz-Sportchef Rouven Schröder zum Beispiel, der mit seiner Mannschaft in Marbella weilte, hatte sich in der Hotellobby einen Bereich sichern lassen, wo er von morgens früh bis späten Abend hinein im Akkord Spielerberater traf. Von den Spielern, die schon da sind - und von welchen, die kommen sollen. Ähnlich wird es hier auch Ralf Becker ergehen, der sich eine Ecke in der Piano Bar des Hotels Prinzipale Felipe als Übergangsbüro ausgemacht hat. Becker, der sich heute Heidenheims Testspielsieg gegen Anderlecht ansah, setzt sich hier mit Beratern zusammen - und mit eigenen Spielern, deren Zukunft noch offen ist.

So, wie die von Lewis Holtby, dessen Vertrag am Saisonende ausläuft. Der Linksfuß musste zuletzt insbesondere im „kicker“ und der „BILD“ immer wieder lesen, wie gefährdet sein Stammplatz durch die Rückkehr Gideon Jungs und vor allem auch durch seine zunehmend schwachen Leistungen sei. Holtby fehlte bislang zwar nur in zwei Partien verletzt und stand sonst in jedem Spiel in der Startelf. Drei Tore und zwei Assists konnte er beisteuern. Dennoch gab es öffentlich Kritik an seinen Leistungen. Wie bei ihm eigentlich immer. Holtby selbst sagt, er wüsste aktuell sehr wohl, wie er die Kritik einzustufen hat. Dennoch konnte er sich nicht zurückhalten, öffentlich darauf zu reagieren. „Ich kenne es ja schon seit Jahren. Aber irgendwann ist es auch mal gut“, so Holtby.

„Totgesagte leben länger“ postete er und erklärte diese Aussage heute: „Wir sind Erster und trotzdem muss immer einer Schuld sein. Ich muss immer irgendwas negatives über mich lesen. Und es war nicht alles schlecht - auch nicht in den vier Spielen, wo ich ausgewechselt wurde. Das ist hier zu viel hoch und runter. Wenn ich ein Tor schieße, bin ich der beste Spieler der Welt - und wenn ich keines mache, bin ich wieder der schlechteste Spieler der Welt. Natürlich weiß ich, dass ich auch ein Kopf der Mannschaft bin und das Kiel-Spiel ein ekliger Ausrutscher war. Ich nehme gern viel auf mich, weil es mir nicht so viel ausmacht und die Jungen dann Fußball spielen können. Aber so kommt man sich vor, als wäre man hier das fünfte Rad am Wagen.“

Wenn man mit den Spielern und sonstigen HSVern spricht, hört zwar immer „Ich lese keine Zeitungen“ und ähnliches. Schreibt man dann etwas, was denjenigen stört, hat man den betroffenen Spieler zumeist sehr schnell am Telefon. Auch Holtby zählt zu denen. Aber in diesem Fall stört es ihn sehr wohl - und das sagt er auch. „Es ist mir nicht egal, weil es Negatives in die Mannschaft trägt“, so Holtby, ehe er etwas sagt, was ich mir verkniffen hätte, was aber viele HSV-Fans freuen wird: „Es geht hier um unseren Erfolg und dass wir am Saisonende auf dem Rathausmarkt stehen. Das wäre geil. Als ich auf dem Weihnachtsmarkt war, habe ich schon ein paarmal da hochgeschielt. Einmal in der HSV-Karriere da oben stehen, das wärs. Auch wenn es dann nur die Radkappe ist, die wir hochhalten - einmal da oben etwas feiern können, das wäre fantastisch…“

Trainingslager Tag 2 - das Vormittagstraining

Aber bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Und das wissen sie beim HSV alle - auch Holtby, der mit seiner eigenen Leistung selbst noch nicht zufrieden ist. Drei Treffer, zwei Assists - das sei zu wenig. „Ich will jedes Spiel spielen. Und ich muss in jedem Spiel an einem Tor für uns beteiligt sein, dazu meine Defensivaufgaben machen und ein Teamspieler sein, der auch mal die Drecksarbeit macht. Ich muss ein Stück weit mehr zum Tor kommen. Und immer besser werden.“ Zumal die Rückrunde schwieriger als die Hinrunde würde: „Die Spiele werden hart, da müssen wir bestehen und uns oben festsetzen. Es werden schwierige Auswärtsspiele, teilweise auch zwei hintereinander sein. Da musst du bestehen und dich da oben festsetzen. Dafür müssen wir als Team auf diese schwierigen Situationen vorbereitet sein und dann zusammenstehen und immer wieder neue Zeichen setzen.“

Deshalb ginge es im Trainingslager neben der körperlichen Fitness auch und vor allem darum, sich auf die Situationen, die da auf die Mannschaft zukommen, bestmöglich vorzubereiten. Der Teamgeist sei schon stark, versichert Holtby  („Die Stimmung in der Kabine bei uns ist super - in dem Punkt sind wir schon aufstiegsreif“). Allerdings sei der Weg der Entwicklung noch längst nicht abgeschlossen. Holtby: „Es geht um Konstanz und mentale Stärke in den Spielen. Da wo es oft eng aussah, haben wir schon mentale Stärke bewiesen. Aber unser Entwicklungsschritt ist noch nicht vorbei, gerade mit dieser jungen Truppe. Ich würde mich freuen, wenn die Explosion noch mal so richtig kommt.“ Heute im Training kam sie noch nicht. Und das hörte man Trainer Hannes Wolf immer wieder sagen.

Es wurde gerade am Nachmittag immer wieder deutlich, dass Wolf noch nicht zufrieden ist. Im Überzahlspiel (die ballführende Mannschaft hatte immer zwei Mann mehr) wurde immer wieder deutlich, wie fahrlässig die Mannschaft mit Torchancen umgeht und dass sie oft noch zu lange braucht, um zum Torabschluss zu kommen. Zudem klappte das Verschieben defensiv längst nicht so, wie es sich Trainer Hannes Wolf vorgestellt hat. Und das machte dieser auch lautstark deutlich. „Wir arbeiten hier sehr akribisch“, so Holtby. Wir werden die Dinge, die aus der Hinrunde analysiert wurden, verfeinern und verbessern.“

Die Bedingungen dafür sind top. Zwei Trainingsplätze, die rund um die Uhr gepflegt werden, dazu ein kleines aber feines Stadion (siehe Foto), in dem es morgen um 15 Uhr gegen den FC St. Galen geht. „Morgen geht es endlich los“, so Holtby, der dann auch schon einen ersten Wink bekommen dürfte, auf welcher Position ihn Trainer Hannes Wolf in der Rückrunde sieht.

 

Wir werden Euch morgen Abend in einer Zusammenfassung versuchen, die Szenen des Spiels  (wird auch live im vereinseigenen TV-Sender übertragen) zu liefern. Im Textblog werde ich das Spiel zudem einordnen - und dabei wird der Konkurrenzkampf - nicht nur bei Holtby - sicher eine große Rolle spielen. In diesem Sinne, bis morgen! Wir melden uns später noch nach dem Abendbrot der Mannschaft mit dem ersten Tagebucheintrag von Tom Mickel sowie den Videos vom Tage.

Bis dahin! Scholle

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