Marcus Scholz

4. März 2020

Passiert es wieder? Ist der HSV in der Krise? Braucht der HSV in Zukunft einen begleitenden Mentaltrainer für seine Spieler? Im Moment wirft der HSV mehr unangenehme Fragen auf, als er positive Antworten zu geben im Stande ist. Im Ergebnis macht sich daher eine Art Depression unter den Anhängern breit. Ein Umstand, den Supporters-Chef Timo Horn zum Anlass nahm, einen ersten Appell an die HSV-Fans zu richten.

 

Hecking überrascht mit Moritz im A-Team

Das größte Problem: Nur Erfolge sind schlagende Argumente und helfen nachhaltig gegen die Krise. Und den nächsten Erfolg kann der HSV frühestens am Sonnabend im Heimspiel gegen Regensburg feiern, zu dem Horn aufruft. Bislang sind 39000 Tickets abgesetzt. Das wäre Stand jetzt Minuskulisse. Aber ich bin mir sicher, dass bis Sonnabend 13 Uhr die 40.000er-Marke geknackt wird. Ob der HSV dann im Anschluss auch abliefert - offen. Jahn Regensburg ist ein unangenehmer Gegner. Wobei: In der jetzigen Situation sind alle Gegner unangenehm, zumal man beim HSV schon mit sich selbst genug zu tun hat.

Das hatte auch Adrian Fein zuletzt deutlich angesprochen. Er und seine Kollegen müssten am Sonnabend die Phasen meistern, an denen man zuletzt gescheitert ist. Rückschläge wie die 0:1-Rückstände gegen St. Pauli und Aue dürften nicht mehr dazu führen, „dass wir unsere eigene Linie verlieren“, so Fein deutlich. Er selbst werde versuchen, in diesen Phasen voranzugehen. Und er hofft auf viele Mitstreiter.

Welche anderen zehn HSV-Profis es am Sonnabend zunächst sein werden, ist in Teilen noch offen. Tierhüter und Viererkette sind gesetzt bzw. stellen sich ob der Ausfälle des verletzten Ewerton und des gesperrten Gideon Jung von selbst auf. Ansonsten wird es erneut Veränderungen geben. Heute im Training ließ Trainer Dieter Hecking im variablen 4-3-3-System mit Schaub, Fein und Moritz sowie Jatta, Hunt und Hinterseer davor trainieren. Offensiv rückte Hunt dabei in die Dreiersturmreihe, defensiv in ein Vierer-Mittelfeld.

Gleiches System, neue Taktik?

Interessanter als das war allerdings, dass Hecking die letzten zwei Trainingswochen offenbar genau hingesehen hat. Denn in vielen Einheiten war der ausdauerndste HSVer im Kader, Christoph Moritz, einer der auffälligsten - in keiner wirklich schwach. Und auch heute demonstrierte Moritz, dass er eine gute Alternative für das HSV-Mittelfeld darstellt. Ausgestattet mit einer gesunden defensiven Orientierung sowie mit den technischen Fähigkeiten eines Aufbauspielers, stellt er eine sehr gute Alternative zum Duo Schaub/Hunt dar, das zuletzt nicht überzeugte.

Ob Hecking sein System gegen Regensburg umstellen wird, wurde ich heute auch im Community-Talk gefragt. Und die Antwort darauf ist: jein. Denn der HSV-Trainer weiß um die Problematik seiner Mannschaft und wird weniger das System als die taktische Ausrichtung seiner Mannschaft verändern. Soll heißen: Jatta und Hinterseer spielten heute fast ausschließlich offensiv, was den HSV-Abwehrspielern immer wieder die Möglichkeit eröffnete, mit einem langen Befreiungsschlag auf Jatta einen gefährlichen Konter einzuleiten. Zumindest aber scheint Hecking das Problem der letzten Wochen auch in der defensiven Grundordnung zu sehen.

 

Meiner Meinung nach ist das auch der richtige Ansatz. Denn jedes Spiel zu Null ist per se schon mal nicht verloren. Allein das gibt der Mannschaft ein gutes, sicheres Gefühl und lässt sie mutiger agieren. Zumal jedesmal ein eigener Treffer schon reichen würde, um diese Parteien zu gewinnen. Und dafür hat der HSV gleich einige Akteure, die dazu  immer in der Lage sind. In der Startelf - und mit Kittel, Pohjanpalo, Harnik (wenn Hecking ihn als Neuner bringt), dem schussstarken Narey und dem zuletzt in den Trainingseinheiten immer wieder starken Jairo Samperio sogar auf der Bank.

Nicht wirklich für Torgefahr bekannt und noch nicht wieder einsetzbar ist Jan Gyamerah. Und trotzdem ist der Rechtsverteidiger sowas wie der Gewinner des Tages. Angesichts der gerade etwas tristen Phase beim HSV allgemein ist das nicht allzu schwer, aber nach sechs Monaten das erste Mal wieder voll im Mannschaftstraining dabei sein zu können ist dann auch etwas Besonders. „Ein sensationell geiles Gefühl, darauf habe ich hingearbeitet“, freute sich Gyamerah heute und erzählte, welch befreiendes Gefühl die Rückkehr auf den Trainingsplatz für ihn bedeute. „Als ich meinen ersten heftigen Zweikampf hatte und der Fuß trotzdem gehalten hat, war das ein Moment, an dem man merkt, dass man wieder frei ist, dass alles hält. Solche Momente brauchst Du.“ Das würde ihm das Vertrauen in seinen Körper schenken. Aber seht und hört selbst:

Im Anschluss an die Videorunde sagte uns Gyamerah noch, dass er die Stimmung in der Kabine sehr wohl verfolgt habe. Der Rechtsverteidiger betonte, dass sich alle sehr wohl bewusst darüber seien, dass man nach den schwächeren Partien gegen Hannover, Pauli und Aue am Sonnabend gegen Regensburg unbedingt nachlegen müsse.

Die Anspannung ist spürbar. Und sie ist (noch) negativ behaftet. Leider. Aber nach den Niederlage im Derby, dem deutlichen 0:3 in Aue und dem Sturz von Tang zwei auf einen Relegationsplatz ist sie logisch. Und der HSV nimmt sie an. Auch deshalb scheint Hecking besonderen Redebedarf zu haben. Zumindest schnappte sich der Trainer gestern schon vor, während und nach den Einheiten auffällig häufig einzelne Spieler, um mit ihnen zu sprechen. Heute waren es im Abschluss an die Einheit seine beiden zentralen Spieler Fein und Hunt.

Hecking sucht die Gespräche mit Führungsspielern

Knappe fünf Minuten redete Hecking auf seine beiden Leader ein, die am Sonnabend die Mannschaft führen sollen. Zudem standen Hecking und sein Assistent Dirk Bremser noch minutenlang nach dem Training zusammen bei Tim Leibold und diskutierten mit dem Linksverteidiger, der als der bislang konstanteste HSVer ein den letzten Partien stark abbaute. Es wird alles versucht, die mentalen Blockaden zu verstehen, um sie zu lösen. Hecking ist als Psychologe gefragt. Wahrscheinlich der schwierigste Part des Trainerdaseins...

Leider werde ich auf das Spiel im Stadion verzichten müssen, da ich für einige Tage raus bin. An meiner Stelle wird Christian Hoch übernehmen und die Wende zum Guten einleiten, wie er mir fest zugesagt hat. Ich melde mich zwar morgen früh noch einmal pünktlich um 7.30 Uhr mit dem MorningCall bei Euch. Anschließend übernimmt Christian dann mit Beginn der Pressekonferenz um 13 Uhr den Blog für die nächsten Tage.

In diesem Sinne, bis morgen!
Scholle

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