Marcus Scholz

13. Dezember 2017

...daher nur ein kurzer Zwischenruf, denn eigentlich habe ich heute frei und Lars schreibt. Er wird Euch auch nachher noch von allem Tagesaktuellen berichten, versprochen. Dennoch kann ich das Ganze nicht mehr wortlos an mir vorbeiziehen lassen, so sehr ich mich über einen der wenigen freien Tage in diesem Jahr freuen sollte. Nein, nach so einem Spiel funktioniert das einfache Abschalten bei mir nicht. Im Gegenteil. So ein Spiel wie das gegen Frankfurt wühlt mich auf. Da kann ich nicht ausschlafen – meistens nicht einmal richtig einschlafen. Vor allem dann nicht, wenn ich mich ärgere. Und ich habe mich gestern Abend extrem geärgert – am Ende auch über die Einschätzungen nach dem Spiel, die ich Euch unten zusammengefast eingestellt habe. Und ja, ich weiß sehr wohl, dass man sich als HSV-Angestellter nach dem Spiel nicht hinstellen kann und alles zerreißt. Zumal dann nicht, wenn man sich damit quasi selbst attackiert. Von daher kann ich Heribert Bruchhagens und Jens Todts Aussagen nach dem Spiel schon einordnen. Aber ernst nehmen kann ich das längst nicht.

Denn während Bruchhagen noch relativ faktisch und wenig sagend festhielt, was die Tabelle seit Wochen auch dem letzten Optimisten verdeutlicht hat, macht Todt den Fehler, das Spiel schöner zu reden als es letztlich war. Mal wieder. Und vor allem: Er erreicht damit genau das Gegenteil. Denn zu sagen, dass er in seiner Zeit als Sportchef beim HSV noch nie ein Spiel mit mehr Torchancen für die eigene Mannschaft gesehen habe, ist alarmierend. Nicht, weil der HSV gestern komplett schlecht war, nein. Im Gegenteil: Es gab 60 bis 70 gute Minuten vom HSV gegen Frankfurter, die über viel individuelle Qualität verfügen - aber die vor allem selbstbewusst aufgetreten sind. Sie wurden nicht nervös, obwohl der HSV sie größtenteils im Griff hatte.

 

Und genau darin sehe ich das größte Problem. Denn der HSV hat das Spiel trotz allerhöchsten Aufwandes am Ende verloren. 20 völlig wirre Minuten reichten, um das ganze Spiel aus der Hand zu geben. In den letzten zwei Spielen spielte der HSV insgesamt drei von vier Halbzeiten vernünftige bis gute Halbzeiten – aber am Ende sprang nur ein einziger Punkt dabei heraus. Und das, obwohl momentan nichts wichtiger ist als Punkte. Es zählt Effizienz statt Eleganz – mehr denn je. Und das ist mächtig schiefgegangen. „Wer auch die guten Spiele verliert, der steigt am Ende ab“, heißt es. Und momentan läuft es in diese Richtung. Da helfen alle spielerischen Ansätze nichts. Und noch weniger schöne Wort, die alles mehr verklären als Lösungsansätze zeigen.

Am Freitag also noch einmal auswärts in Gladbach. Danach ist Winterpause. Und es wird wie immer: Der HSV steht tief im Existenzkampf, Mannschaft, Trainer und Offizielle stehen in der Kritik. Und zu dieser Unruhe gesellt sich, dass die Vereinsgremien vor einer Neuaufstellung stehen. Insofern: ES wird mächtig politisch werden. Anstatt den kompletten Fokus auf den Abstiegskampf gerichtet zu haben, werden Nebenkriegsschauplätze die notwendige Ruhe stören, während personell Nachholbedarf ist, den man im Winter gar nicht decken kann. Zumindest nicht ohne Hilfe von Klaus Michael Kühne. Und was das bedeutet, muss ich hier nicht aufschlüsseln...

Womit ich zu dem Punkt komme, der mich unruhig schlafen lässt: Die Situation ist nämlich noch gefährlicher als die Tabelle es schon sagt. Vereinsintern ist der HSV fragil wie eh und je. Der Trainer hat inzwischen eine schlechtere Statistik als sein Vorgänger. Und wir haben trotz aller warnenden Saisons in den letzten Jahren wieder die Situation, dass man sich die Welt in Hamburg schöner macht, als sie ist. Bruchhagen erkennt im Umfeld keine Unruhe, Todt sieht den besten HSV seit langem, und passenderweise versucht Keeper Mathenia seinen Spiel mitentscheidenden Fehler zum 1:1 trotz milliardenfacher Kameraeinstellungen, die eben jenen Fehler bewiesen, zu verherrlichen. Und die Spieler sprechen von einer sportlich positiven Entwicklung, der eben nur die Punkte fehlen.

NUR DIE PUNKTE...????

Wie Bitte?? Das muss man verinnerlichen: Es fehlen „nur“ die Punkte. Dabei geht es um nichts sonst als darum. Wer zu wenig hat, wie der HSV - der muss sich welche erarbeiten. Scheißegal wie!! Wenn wir eines in den letzten von hässlichem Klassenkampf geprägten Jahren gelernt haben MÜSSEN, dann DAS!! Und bitte, wenn der HSV genug davon hat, dann darf er gern vermessen werden, sich feiern und über Eleganz und schön-erfolgreichen Fußball nachdenken. Aber eben keine Sekunde früher. Der Anspruch eines jeden HSVers an sich selbst darf kein anderer sein, als die Punkte für den feststehenden Klassenerhalt zu sammeln. Bis das erreicht ist, darf nichts davon ablenken. GAR NICHTS! Und es wird allerhöchste Zeit, dass die Verantwortlichen das endlich in aller Konsequenz vorleben. Auch ohne schöne Worte.

 

STIMMEN ZUM SPIEL ZUSAMMENGEFASST:

Markus Gisdol: Wir hatten eine gute Anfangsphase, sind gut ins Spiel gekommen und haben schon auf das zweite Tor gedrängt. Dann haben wir durch einen einfachen Fehler das 1:1 kassiert und danach eine Phase gehabt, die wir uns in der Form nicht erlauben können. In der Bundesliga darf dir so eine fahrige Phase nicht passieren. Ich musste in dieser Situation wechseln, weil wir einen Spieler brauchten, der wieder Ordnung ins Spiel kriegt. Das hat Albin gut gemacht. Wir haben diese 20 Minuten am Ende bitter bezahlt und verlieren dadurch das Spiel. Wenn du keine Tore machst, dann holst du keine Punkte. Und wir brauchen Punkte! Da hilft es auch nichts, das Spiel schön zu reden. Es tut weh und wir müssen das Spiel jetzt schnell abschütteln, morgen die Köpfe geraderücken und in Gladbach das zurückholen, was wir heute liegen gelassen haben.“

Niko Kovac (Eintracht-Trainer): In der ersten Halbzeit waren wir die bessere Mannschaft, in der zweiten Hälfte der HSV. Deshalb ist der Sieg sicherlich glücklich. Wir haben uns das Leben selbst schwer gemacht. Wenn wir mit der Halbzeitführung von vielleicht 5:2 in die Pause gehen, wird es sehr viel leichter für uns. Da hat noch ein bisschen die Coolness gefehlt. Mit der Hinrunde bin ich zufrieden. Wir müssen schauen, dass wir den Abstand nach hinten vergrößern. Es wird eine enge Saison. Unterm Strich werden 38 bis 40 Punkte nötig sein, um in der Liga zu bleiben. Wenn wir die Punkte haben, können wir gerne über andere Sachen reden. David Abraham hat keine Fraktur. Er hat 'nur' einen Bluterguss am Wadenbein, und wir hoffen, ihn bis zum Wochenende wieder hinzubekommen.

Heribert Bruchhagen: „Nachdem ich glaubte, dass wir mit der 1:0-Führung unser Spiel durchdrücken könnten, haben wir uns vogelwild gezeigt. Wir haben dem Gegner riesige Räume geboten. Da hätte auch das 3:1 oder 4:1 fallen können. Das war eine bittere Niederlage. Wir befinden uns im Existenzkampf.“

Jens Todt: „Seit ich in Hamburg bin, habe ich noch kein Spiel erlebt, in dem wir mehr und bessere Torchancen hatten. Der Knackpunkt war, dass wir das Spiel zwischen der 15. und 45. Minute leichtfertig aus der Hand gegeben haben. Trotzdem gab es noch eine Fülle an Torchancen, um einen Punkt zu holen oder das Spiel auch zu gewinnen. Das gegnerische Tor ist im Moment wie vernagelt. Es ist total bitter, dass wir als Verlierer vom Platz gehen. Es war unnötig und tut richtig weh.“

Dennis Diekmeier: „Wir waren in der ersten Halbzeit fast 20 Minuten gar nicht im Spiel. Das war extrem scheiße – ansonsten haben wir eigentlich ein gutes Spiel gemacht. Ein bitteres Ergebnis für uns. Wir spielen besser als in der letzten Saison, machen aber keine Schritte bei der Punkteausbeute.“

Marius Wolf (Eintracht-Torschütze): „Wir hatten uns vorgenommen zu gewinnen. In der zweiten Halbzeit war es sehr schwer, da haben die Kräfte etwas nachgelassen. Wir waren kaputt, aber jeder hat sich reingehauen. In der ersten Halbzeit haben wir - bis auf die ersten zehn Minuten - ein richtig gutes Spiel gemacht und hatten richtig, richtig gute Chancen. Normal darf man nicht nur mit einem 2:1 in die Kabine gehen. Die ersten beiden Tore und auch die anderen Chancen haben wir gut herausgespielt. Wir nehmen die Punkte mit und konzentrieren uns jetzt auf Schalke.“

Fredi Bobic (Eintracht-Sportvorstand bei sky): „Der Platz wurde richtig umgepflügt. Da muss ich meinem Freund Heribert Bruchhagen sagen, er muss einen neuen Platz aufrollen lassen. Es war ein wirkliches Kampfspiel. Nach dem 1:1 haben wir einen Super-Fußball gespielt und hätten das Spiel eigentlich mit 4:1, 5:1 zumachen müssen. Das war absolut möglich. In der zweiten Halbzeit haben wir sehr schlampig nach vorne gespielt, da waren die Hamburger dem Ausgleich ganz klar näher. Aber wir haben dagegengehalten und wollten nicht klein beigeben. Ante Rebic muss ich besonders loben. Der Junge wird immer besser.“

Christian Mathenia (HSV-Torwart): „Wir sind sehr gut reingekommen in die Partie, haben druckvoll gespielt und folgerichtig das 1:0 gemacht. Dann kamen wir in eine nicht so gute Phase. 20 Minuten lang haben wir in der ersten Halbzeit komplett neben uns gestanden. In der zweiten Halbzeit haben wir unser Herz in unsere Hände genommen, alles probiert, wir wollten unbedingt das Tor erzwingen. Aber irgendwie sollte es nicht sein. Das 1:1 habe ich schon gezeigt bekommen. Es ist ein sehr harter Schuss gewesen, der Ball hat sich gar nicht bewegt und ist komplett von mir weggeflattert. Von einem klaren Torwartfehler zu sprechen - es ist nicht so.“

 

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