Marcus Scholz

3. März 2020

Gemessen an den Reaktionen auf den gestrigen Blog ist das Thema psychologische Hilfe noch immer nicht ausreichend integriert in unseren Alltag. Es spiegelt in Teilen auch das wieder, was sich im Profifußball noch immer hält: eine falsche Abwehrhaltung. Aber anstatt psychologische Hilfe ein Indiz für Schwäche zu sehen, sollte man die mentale Unterstützung als einen Faktor sehen, der Unterschiede ausmachen kann. „Ich persönlich hatte schon Gespräche mit Sportpsychologen beim FC Bayern, das hatte man uns angeboten“, verriet uns heute Adrian Fein, der am Sonnabend gegen seinen Ex-Klub Jahn Regensburg sein Comeback in der Startelf feiern dürfte. „Wenn man es braucht, dann ist das auf jeden Fall keine schlechte Sache.“ Wie seine Erfahrung war? Der HSV-Sechser: „Es war ein entspanntes Verhältnis, eine gute Erfahrung. Um zu wissen. ob es hilft, muss man es sicher konsequenter machen.“ Stimmt.

Und für alle, die das gestern anders verstanden haben: Ich glaube nicht, dass ein Mentaltrainer jetzt sofort die Lösung darstellt. Sehr wohl aber bin ich davon überzeugt, dass die psychologische Betreuung auf Strecke all die Spieler besser machen kann, die es annehmen. Vor allem aber halte ich die Option für ein Multimillionen-Unternehmen wie den HSV für unverzichtbar.

Fein ist zurück - und dürfte beginnen

Ebenfalls schwer bis unverzichtbar war zuletzt Adrian Fein für das Spiel des HSV. Nach seinem Jochbeinbruch aus dem Spiel beim KSC gab es in drei Spielern zwei Niederlagen und ein Remis. Kurze Zeit bestand die Hoffnung, dass Fein dank der individuell angepassten Carbonmaske in Aue sein Comeback in der Startelf feiern könnte. „Vielleicht war die Trainingswoche von mir nicht so gut, dass der Trainer mich hätte bringen müssen“, so Fein heute selbstkritisch. Zudem habe die Trainingsgestaltung nicht die Zweikampfintensität hergegeben, um wirklich alle Zweifel abzulegen.

Dafür wiederum seien die 26 Minuten als Einwechselspieler beim katastrophalen 0:3 in Aue wichtig gewesen. Er habe sich in keinem Bereich von der gesichtsbedeckenden Maske eingeschränkt gefühlt und habe die Zweikämpfe in voller Härte führen können. „Ich haue mich in jeden Zweikampf“, verspricht der junge Bayer, der am Sonnabend wieder seine angestammte Position auf der Sechs einnehmen wird. Auch, weil sein Ersatz zuletzt, Gideon Jung, gelbrotgesperrt ausfällt. Ehrlich gesagt hatte es mich am vergangene Sonnabend eher gewundert, dass Fein nicht begonnen hatte und dann doch zum Ende hin kam.

Dass es jetzt am Wochenende gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber und demnach auch gegen viele alte Freunde geht - für Fein kein Problem. „Ich hatte mein Wiedersehen ja schon in der Hinrunde. Aber in der Situation aktuell ist es mir eh relativ egal, gegen wen wir spielen. Wir wollen jetzt drei Punkte - und das ist das einziges as im Moment zählt.“

HSV konnte Regensburg bislang nicht bezwingen

Dass es schwer wird - logisch. Regensburg war bislang für den HSV in drei Spielen noch nicht zu knacken. Wie Fein gedenkt, die wiederkehrenden Einbrüche der Mannschaft nach Rückständen abzustellen? Indem wir uns einfach mal wieder darauf besinnen, was wir können. Wir haben in dieser Saison schon sehr guten Fußball gespielt.“ Und hier gesteht auch fein ein, dass der Kopf beim HSV aktuell eine große Rolle spielt. Denn anstatt sich über wiederholte Rückschläge im Spiel zu ärgern, sollte man positiv denken. Sagt Fein: „Zum Beispiel an Bochum, wo wir einen Rückstand gedreht haben. An solche Sachen sollte man sich dann wieder erinnern.“

Leichter gesagt als getan. Weiß auch Fein: „Das ist nicht leicht auf dem Platz. Aber wenn wir uns auf uns besinnen, den Faden nicht verlieren und konsequent den Plan des Trainers durchziehen, bin ich mir sicher, dass wir im Verlaufe des Spiels wieder an Selbstvertrauen gewinnen. Und dann wird es für jede Mannschaft schwierig, uns zu verteidigen.“

So viel zur Theorie. Praktisch steht der HSV auch personell wieder vor einer interessanten Trainingswoche, Dass Fein zurückkehrt gilt als sicher. Auch die Achillesferse des HSV, die Innenverteidigung, stellt sich nach der Verletzung von Ewerton (sechs Wochen Pause nach Innenbandriss im Knie) fast von allein auf, da nur noch Timo Letschert und Rick van Drongelen gesund sind. Wobei, nicht ganz. Denn mit Stephan Ambrosius ist ein weiterer Innenverteidiger schon seit längerem wieder ständiger Gast im Profitrainining - und am Wochenende wahrscheinlich das erste Mal seit März 2018 wieder im Kader.

 

Fein traut sich Rolle als Leader auf dem Platz zu

Allerdings ist von Letztgenanntem am allerwenigsten zu erwarten, dass er den Schalter beim HSV wieder auf Erfolg umlegt. Dafür aber von Adrian Fein, der spielerisch auf dem Platz in dieser Saison zumeist schon den Takt angegeben hat. Einzig im verbalen Bereich hielt sich der 20-Jährige noch zurück. Wenig verwunderlich, da Fein an sich kein Lautsprecher ist und mit seinen jungen 20 Jahren gerade seine zweite Profisaison spielt.

Dennoch sieht auch fein den Bedarf beim HSV. „Ich glaube schon, dass die Mannschaft diese Führung braucht, dass da einige vorangehen. Und dass dammal was gesagt wird. Wichtig ist, dass sich alle helfen. Am besten geht die Mannschaft geschlossen voran.“ Ob er sich zutraut, die Rolle des Leaders auf dem Platz selbst einzunehmen? „Gute Frage. Natürlich versuche ich es in erster Linie übers Spielerische. Ich hatte es schon in der Hinrunde gesagt, dass ich da noch Verbesserungspotenzial habe, dass ich da noch ein bisschen mehr reden muss auf dem Platz. Das versuche ich natürlich auch. ich kann auch schonmal laut werden, jemanden anschreien. Aber in erster Linie versuche ich das übers Spielerische zu lösen.“

Feins Zukunft über den Sommer hinaus ist offen

Aufgelöst, wo es im Sommer hingeht, hat Fein allerdings noch nicht. Und dabei beließ er es auch heute. Fakt sei aber, dass er mit seiner Vertragsverlängerung noch nicht festgelegt habe, zwingend nach München zurückzugehen. Ein erneutes Leihgeschäft ist daher weiterhin möglich. Oder?  „Ich habe zunächst einmal nur meinen Vertrag verlängert und nicht entschlossen, zurück zu gehen. Das spielt bei mir im Kopf überhaupt gar keine Rolle. Für mich zählt gerade nur der HSV, ich denke nicht an den FC Bayern. Ich freue mich natürlich, wenn sie ihre Spiele gewinnen in der Bundesliga, aber wie gesagt: Mein Fokus liegt bei uns. Ich will hier aufsteigen und dann können wir uns nach dem 17. Mai noch mal unterhalten.“ Die Sportliche Leitung um Jonas Boldt würde sich sicher freuen.

Sportlich gab es heute zwei Einheiten beim HSV. Die erste fand 40 Minuten im Kraftraum sowie 40 Minuten auf dem Platz satt, ehe am Nachmittag noch einmal gut 90 Minuten auf dem Platz Spielformen geübt wurden. Mit dabei: Jan Gyamerah, der schon in der vergangenen Woche die Übungen ohne Zweikämpfe komplett absolvieren konnte. Aber so groß die Freude über die Fortschritte bei Gyamerah auch sind: Auch bei ihm wird es noch ein paar Wochen dauern, bis er wieder voll einsetzbar ist.

Morgen um 10 Uhr zur nächsten Einheit wird er dennoch wieder dabei sein. Die Einheit ist erneut öffentlich und wird voraussichtlich wieder gut besucht sein von Jugendlichen, die hier in Hamburg gerade Ferien haben. Womit ich zu einem Punkt komme, den die HSV-Profis noch immer erstklassig beherrschen: Den Kontakt zu den Fans pflegen. Zumindest nahmen sich heute Vormittag alle außergewöhnlich  Zeit, allen Wartenden ihre Autogramme schreiben. Sie wissen, wie wichtig ihre Anhänger gerade jetzt sind.

In diesem Sinne, bis morgen. Da melde ich mich natürlich wie sonst auch pünktlich um 7.30 Uhr mit dem MorningCall bei Euch. Bis dahin!
Scholle

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