Marcus Scholz

11. Dezember 2020

Es wird noch einmal Druck gemacht. Von außen wie von innen. „Unsere Achse, die wir uns vor der Saison vorgestellt haben, mit Sven Ulreich, Toni Leistner, Klaus Gjasula und Simon Terodde kommt jetzt so langsam in den Flow“, sagt Trainer Daniel Thioune zwar. Aber damit macht er nur noch einmal deutlich, dass sich der HSV gerade von seinen Führungsspielern mehr erwartet.  Aber er ist hier noch vergleichsweise ruhig: „Vielleicht muss man nicht nur mit den jungen Spielern Geduld haben, sondern auch mit den älteren.“

 

Anders gestaltet sich das mit den Reservisten. Die haben zuletzt nicht so gezündet, wie sie sollten. Sagt Sportvorstand Jonas Boldt. „Die zweite Reihe muss wieder mehr Druck ausüben. Ich erwarte, dass man für seine Chance brennt“, so der Sportvorstand, der damit ein Problem völlig zurecht und  auch genau so anspricht, wie man es ansprechen muss. Aber er benennt erst einmal nur die halbe Wahrheit. Denn neben den nicht funktionierenden Einwechselspielern waren es zuletzt auch die Startelfspieler in Verbindung  mit den darin enthaltenden Veränderungen, die das Kollektiv nicht haben funktionieren lassen.

Dass sich der Trainer eine Achse wünscht ist gut. Zuletzt hatten diese Wechsel auf taktischer wie personeller Ebene für mehr Unruhe als Ordnung gesorgt. Selbst nominelle Verstärkungen wie die Hereinnahme von Leistner haben sich bislang nicht ausgezahlt. Der Innenverteidiger spielte selbst zwar ordentlich bis gut – aber seine Bilanz ist weiterhin verheerend. Sechs Pflichtspieleinsätze führten nur einmal zu einem Sieg – und bei dem wurde er (in Fürth) auch noch nach 53 Minuten mit Rot vom Platz gestellt.

Thioune muss selbst aufgebaute Hürden nehmen

Dennoch ist Leistner aktuell gesetzt. Wobei Thioune nicht noch einmal den Fehler machen wird, dafür den bislang zuverlässigsten Innenverteidiger draußen zu lassen. Trotz anderer Ansage zu Saisonbeginn. Denn damals hatte Thioune gesagt, dass sich die Dreierkette nicht eignen würde für Leistner UND Ambrosius Stephan Ambrosius. Und die wurde gespielt. Inzwischen aber sieht der Trainer es etwas anders und spricht davon, dass beide Spieler die Mentalität mitbrächten, auf die es jetzt ankomme. Auch deshalb spielten Leistner und Ambrosius zuletzt wieder zusammen. In einer Viererkette allerdings.

Dennoch gab es einen Bruch, als Thioune gegen Bochum plötzlich Ambrosius auf der Bank ließ und dafür Leistner brachte. Bei mir sorgte das seinerzeit für Unverständnis und für die Befürchtung, dass das als schlechtes Zeichen verstanden wird. Und das wurde es leider. Und obgleich Thioune diesen Fehler sofort im nächsten Spiel zu korrigieren versuchte, habe ich seit der Nennung der Achse gestern auf der Pressekonferenz die Befürchtung, dass hier eine vorgebildete Meinung versucht wird, umzusetzen.

„Unsere Achse, die wir uns vor der Saison vorgestellt haben…“ sagte Thioune – und die soll unbedingt auf den Platz kommen. Und ich frage mich, warum? Wenn ich hier die letzten Monate Revue passieren lasse, waren es nicht die Achsenspieler, die am besten spielten. Und wer jetzt kommt und sagt, dass Gjasula gegen Hannover ordentlich gespielt hat, dem antworte ich: Stimmt. So, wie Heyer und Onana vorher auch. Mehrfach sogar. Aber wenn ich wirklich eine Leistungskultur schaffen will, dann muss ich auch nach Leistung entscheiden und darf nicht versuchen, eine vor der Saison schon vorempfundene Wunschachse durchzudrücken.

Ich bleibe auch bei meiner Meinung, dass bei mir der junge, talentierte Spieler den Vorzug erhalten würde, wenn er mit einem Routinier auf Augenhöhe oder sogar besser ist. Bei Ambrosius gab es aus meiner Sicht keinen nachvollziehbaren Grund, ihn draußen zu lassen. Im Gegenteil: Wenn der Youngster weiter gespielt hätte und dafür selbst ein gut trainierender Routinier auf der Bank geblieben wäre – es wäre ein klares Zeichen pro Leistungsgedanken gewesen. Schade.

 

In Darmstadt trifft der HSV auf eine dieser typischen Zweitligamannschaften, die fußballerisch sicher nicht besser ist – an die in dieser Partie aber dieser Anspruch auch nicht gestellt wird.  Darmstadt hat aber die Lizenz zum Kämpfen, also zum nicht so schönen Fußball. Sie dürfen zerstören und würden schon gelobt, wenn sie mit wenigen gut herausgespielten Angriffen punkten. Der HSV indes muss gewinnen, um annähernd alle zufriedenzustellen  Von daher lasse ich Mentalität als hochrangiges Kriterium für dieses Spiel ausdrücklich zu.

Und auch Thioune scheint vermehrt Wert auf die mentale Komponente zu legen, wenn ich seine Ausführungen richtig deute. Dennoch ist heute die physisch, die körperliche Komponente immer wieder entscheidend. In der von allen so physisch genannten Zweiten Liga allemal. Und mit Gjasula sowie Leistner hole ich mir zwar zwei harte Jungs ins Team – aber ich gebe auch Tempo ab. Manchmal schaffen es die beiden sogar schon ob des fehlenden Tempos nicht, den Gegner zu foulen. Von daher würde ich auf Tempo nicht verzichten wollen. Soll heißen: Wenn ich ganz vorn mit einem Knipser wie Simon Terodde spiele, der auch kein Sprinter ist, dann brauche ich drumherum Tempo, damit der funktioniert. Und hinten muss auch einer das fehlende Tempo von Leistner ausgleichen.

 Darmstadt 98 als "typischer Zweitligist"?

Es ist ein Puzzlespiel, in dem der Trainer die Faktoren Mentalität, Physis, und aktuelle Form in der richtigen Kombination auf den Platz bekommen muss. Er muss zusehen, dass er sich nicht noch mehr eigene Hürden in den Weg räumt - sondern sie zusammen mit der Mannschaft aus dem Weg räumt. Eine schwierige Aufgabe, die ich wie folgt lösen würde:

Ulreich – Vagnoman, Ambrosius, Leistner, Leibold – Heyer, Onana – Narey, Dudziak, Jatta – Terodde.

Denn in Darmstadt trifft der HSV auf eine dieser Zweitligamannschaften, die fußballerisch sicher nicht besser ist – an die in dieser Partie aber dieser Anspruch auch gar nicht erst gestellt wird.  Darmstadt hat die Lizenz zum reinen Kampfspiel. Mit anderen Worten: Sie dürfen auch mal zum nicht so schönen Fußball greifen, wenn es gegen vermeintlich stärkere Teams geht. Sie dürfen zerstören und würden schon gelobt, wenn sie mit wenigen gut herausgespielten Angriffen punkten. Der HSV indes darf das nicht – er muss gewinnen, um annähernd alle zufriedenzustellen. Nach drei Niederlagen in Folge gilt das sicherlich umso mehr.

 

Normalerweise würden wir Euch morgen wieder zu unserer Livecouch einladen. Aber diese entfällt. Denn in diesen schwierigen Zeiten werden wir einen Teufel tun, uns wichtiger zu nehmen, als irgendjemanden sonst. Ehrlich gesagt war das auch nie unser Gedanke, wenn wir die Live-Couch gemacht haben. Im Gegenteil: Wir hatten damit eigentlich vor, Euch alle einzuladen und eine Freude zu machen. Und das so, wie es die Zeiten zulassen, daher die virtuell Form.

Leider ist aber auch diese Form nicht allein oder zu zweit zu stemmen – und hier beginnt das Problem: Wir können es nur zu dritt machen, was nicht zwingend Corona-konform ist. Aber das wollen und werden wir sein, zumal wir bei uns im Team auch Risikopatienten haben. Wir halten uns nicht für Besonders (tatsächlich gab es jemanden, der das schrieb…) und werden uns daher auch keine Ausnahme von der Regel genehmigen. Zudem kann und will ich meine Rautenperle-Kollegen ganz sicher nicht unnötig gefährden. 

Daher haben wir uns entschlossen, die Live-Couch in der Phase, in der der Lockdown uns und Euch da draußen hart trifft, auszusetzen. Kevin und Janik können so einen Tick früher in den Weihnachtsurlaub gehen bzw. aus dem Homeoffice agieren. Denn alle Videos, die sich aus getrennten Räumlichkeiten drehen lassen, werden wir natürlich fortsetzen. Aber auf räumlich enge Zusammenkünfte verzichten wir und hoffen, dass wir so vielleicht einen minimalen Anteil dafür leisten, dass sich diese Scheiß-Corona-Pandemie-Lockdown-Phase nicht unnötig länger hinzieht.

Gesundheit geht vor. Immer. Und eines ist klar, das Blitzfazit nach dem Spiel bleibt!! Von daher: Bis morgen!!

Scholle

 

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