Christian Hoch

12. März 2020

Deutsche Eishockey Liga, National Basketball Association, La Liga - diese drei großen Profisport-Ligen stehen beispielhaft für eine Gemeinsamkeit: Sie haben ihren Spielbetrieb wegen des grassierenden Coronavirus schon ausgesetzt. Auch ein Saisonende von Champions League und Europa League gilt als sicher - die Fußball-Europameisterschaft wird zudem wohl auch verschoben. Bei Veröffentlichung dieses Blogs war es zwar noch nicht so weit, doch auch vom vorzeitigen Ende von erster und zweiter Bundesliga in Deutschland ist auszugehen. Es wäre der einzig logische Schritt, nachdem bei Zweitligist Hannover 96 mit Timo Hübers und Jannes Horn bereits zwei Spieler positiv auf das Covid-19-Virus getestet worden sind und sich ab sofort die gesamte Mannschaft für 14 Tage in häuslicher Quarantäne befindet. Der HSV flog am Donnerstag Nachmittag Richtung Fürth, Stand jetzt wird die anstehende Partie bei Greuther Fürth auch ausgetragen - ohne Zuschauer. Doch was passiert danach? 

Auch in den Räumlichkeiten des Volksparkstadions war die Ungewissheit vor den Folgen des Coronavirus auf das öffentliche Leben und damit auch auf Fußball-Deutschland spürbar: Der HSV hatte aus Sicherheitsgründen im Pressekonferenz-Raum zwei Stuhlreihen zwischen Podium und Kamerapodest entfernt, einige Kollegen begrüßten sich nicht per Handschlag, sondern mit den Füßen. Und auch das Mediengespräch mit Trainer Dieter Hecking vor dem anstehenden Geisterspiel in Fürth verlief atypisch. 

Fußball ist nicht wichtiger als die Gesundheit

Ein NDR-Journalist leitete die erste Frage an Hecking mit dem Hinweis ein, dass dies nun tatsächlich erst einmal die letzte Pressekonferenz für eine längere Zeit sein könnte. Auch Hecking schloss diese Szenario nicht aus, bekräftigte jedoch treffend: 

„Das Wohl der Gesellschaft steht über allem. Der Fußball sollte sich da zurücknehmen, er hat sich den Entscheidungen unterzuordnen. Die Entscheidungsträger brauchen jegliche Unterstützung, um die notwendigen Maßnahmen umzusetzen.“ - HSV-Trainer Dieter Hecking

Hecking trifft den Kern: Fußball ist zwar die schönste Nebensache der Welt, doch niemals wichtiger als die Gesundheit. Nachdem bereits in weiten Teilen der Bundesländer in Deutschland alle Großveranstaltungen mit mehr als 1.000 Besuchern - und damit natürlich auch Fußballspiele - ausgesetzt worden sind, wurden nun auch die ersten Corona-Fälle im deutschen Profifußball festgestellt: Timo Hübers und Jannes Horn von Hannover 96 haben sich mit Covid-19 angesteckt - die gesamte Mannschaft samt Trainerteam befindet sich derzeit in häuslicher Quarantäne, die folgenden zwei Partien von 96 wurden abgesagt. 

Fürth-Spiel findet wohl statt

Der HSV wird wohl - so zumindest ist die aktuelle Ansage der Deutschen Fußball Liga (DFL) - am Freitag bei Greuther Fürth spielen. Generell soll der 26. Spieltag in erster und zweiter Bundesliga mit Geisterspielen stattfinden. Am Montag wollen sich dann alle DFL-Clubs zu einem Krisengipfel mit den Entscheidungsträgern treffen, um über das weitere Vorgehen zu entscheiden. Erzgebirge Aue hat in Person von Klub-Boss Helge Leonhardt bereits angekündigt, für einen sofortigen Saison-Abbruch zu plädieren - dieser Vorstoß erscheint derzeit am wahrscheinlichsten. Bleibt die Frage, wieso nicht schon vor dem Spieltag über weitere Maßnahmen gesprochen werden kann, sondern erst am kommenden Montag beraten wird. 

Für den HSV bedeutet das aktuell: voller Fokus auf das Sportliche - auch wenn es bizarr ist. Hecking: „Ich habe noch kein Geisterspiel im Fußball erlebt. Ich habe zwar kein mulmiges Gefühl, weil ich kein ängstlicher Typ bin, aber natürlich wird etwas anders sein. Meine Aufgabe ist es, die Situation mit der Mannschaft so anzunehmen, wie sie sich eben darstellt. Wir werden versuchen, unser Bestes zu geben.“

Das sind die HSV-Szenarien bei Saison-Abbruch

Es werden derzeit wilde Szenarien diskutiert, die einen vorzeitigen Saison-Stopp nach sich ziehen könnten. Eine Variante würde dafür sorgen, dass der jeweilige Ausgang des HSV-Spiels in Fürth und die Partie des VfB Stuttgart bei Wehen Wiesbaden darüber entscheidet, wer neben Arminia Bielefeld nach dieser Saison sicher in die erste Bundesliga aufsteigt. Gegenüber „sportschau.de“ erklärte Sportrechtler Jan F. Orth in Bezug auf die Option, die Saison mit den aktuellen Tabellenständen zu beenden, die die aktuellen Tabellenführer zum Meister machen und die beiden hinteren Teams zum Abstieg verdonnern würden: „Entweder man betrachtet die Relegationsplätze als unbedeutend oder man zieht Lose.“ Aktuell ist der VfB Stuttgart Zweiter, der HSV Dritter. Sollte Variante eins bei einem vorzeitigen Saisonende nach dem 26. Spieltag tatsächlich Realität werden, hätte der HSV nur noch bei Greuther Fürth die Chance, an Stuttgart vorbeizuziehen und damit sicher Zweiter zu werden. 

Variante zwei würde laut Orth eine Unterbrechung und spätere Fortsetzung der Spielzeit beinhalten: „Das wäre am ehesten noch im Sinne des Wettbewerbs. Dafür wäre es natürlich erforderlich, dass es früh entsprechende Signale von der UEFA gibt, was die internationalen Spiele und die Europameisterschaft angeht, deren Absage ja nun auch ernsthaft diskutiert werden muss.“ Die UEFA wolle sich laut einer Pressemitteilung am kommenden Dienstag, dem 17. (!) März, mit der Thematik via Videokonferenz näher befassen. Die wohl drastischste Maßnahme wäre ein Abbruch und die Annullierung der Spielzeiten. Im Klartext: keine Meistertitel, die Tabelle nur als Wegweiser für die Vergabe der Europapokalplätze. Orth gegenüber der „Sportschau“: „Die Frage bliebe dann, wie man mit dem Auf- und Abstieg umgeht. Fair wäre eine Aufstockung um zwei Teams. Dann wird niemand ungerecht mit dem Abstieg oder dem Nichtaufstieg bestraft.“ Der HSV würde demnach in der zweiten Bundesliga verbleiben und nicht aufsteigen. Möglicher Haken bei dieser Option: der Terminkalender der Folgesaison. „Die Bundesliga hätte dann vier weitere Spieltage, das ist nicht einfach zu planen“, sagt Orth. 

Als vierte Option verweist der Sportrechtler auf die Möglichkeit, die Saison unter Ausschluss der Öffentlichkeit in einem Playoff-Verfahren austragen zu können. Demnach würden die ersten Vier der Tabelle den Meister ausspielen, die unteren Vier die beiden Absteiger. In diesem Falle hätte der HSV einen Aufstieg in die Bundesliga in eigener Hand. Orth aber schätzt die Umsetzung dieses Szenarios als wenig realistisch ein: „Eigentlich ist das eine gute Lösung (…). Das Problem ist allerdings, dass dann wieder gespielt werden muss. Und das ist nicht vermittelbar, wenn alles abgebrochen worden sein sollte.“ Vor allem auch dann nicht, sollten sich weitere Spieler in den Ligen mit dem Coronavirus infiziert haben. 

Einwandfreie Lösung nicht möglich - Saison-Fortsetzung wäre unverantwortlich

Klar ist: Eine einwandfreie Lösung im Sinne des sportlichen Wettbewerbs wird es ob der derartig komplizierten Situation nicht geben. Deswegen ist auch nicht sicher, dass die DFL bereits beim Krisentreffen am Montag eine Entscheidung über die weitere Zukunft treffen wird. In einem ersten - und aktuellen - Statement bekräftigte Geschäftsführer Christian Seifert Anfang der Woche die Absicht, die Spielzeiten bis Ende Mai zu Ende spielen zu wollen. Doch dieses Vorhaben ist in diesen Tagen unrealistischer und unverantwortlicher denn je. Doch aktuell lautet die Devise: Es wird Fußball gespielt. Das versucht auch Hecking seiner Mannschaft zu vermitteln. 

„Wir müssen versuchen, eine Emotionalität in die Mannschaft zu bekommen, aber wirklich vorbereiten kann ich die Jungs darauf nicht. Das einzige, das ich anbringen kann ist folgendes: Denkt einfach, ihr würdet im Trainingslager in Lagos gegen die südkoreanische Mannschaft spielen. Denn so wird die Atmosphäre wohl sein.“ - HSV-Trainer Dieter Hecking

Sportliche Themen rund um den HSV erscheinen im aktuellen Kontext unwichtiger denn je. Dennoch wollen wir euch nicht vorenthalten, dass - sollte gegen Fürth gespielt werden - Jan Gyamerah sein Comeback in der Startelf feiern könnte. Hecking: „Ich bin positiv überrascht, wie er in den vergangenen Tagen nach seiner Verletzung trainiert hat und in welch guter Verfassung er für uns zur Verfügung steht. Das sieht sehr gut aus, deswegen ist er auch im Kader.“ Ob Gyamerah dann tatsächlich auch von Beginn an spielen wird, ließ Hecking naturgemäß noch offen.  Abschließend zum Kader: Für Stephan Ambrosius und Bobby Wood rutschen Gideon Jung und eben Gyamerah in das HSV-Aufgebot. 

Wir melden uns morgen um 7:30 Uhr zum letzten Mal in dieser Woche mit dem Morning-Call bei euch. Und nach aktuellem Stand der Dinge auch zum Spieltag mit unserer Auswärtscouch. Zu Gast haben wir Marvin Willoughby, Manager des Basketball-Clubs Hamburg Towers. Fakt: Die Basketball-Bundesliga hat wegen des Coronavirus bereits den Spielbetrieb ausgesetzt. 

Bis morgen, bleibt gesund und denkt an eure Mitmenschen 

Christian 

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