Marcus Scholz

30. November 2017

Freiburg gegen den HSV – das klingt nicht wirklich nach einem Topspiel. Und das ist es vielleicht auch nicht. Allerdings treffen hier zwei Teams im Freitagabendspiel aufeinander, in dem zwei Gewinner des letzten Spieltages aufeinandertreffen. Beide fuhren wichtige Heimsiege im Kampf um den Klassenerhalt ein. Und beide haben die Möglichkeit, sich im direkten Duell weiter von Bremen und vor allem Köln abzusetzen du so sogar den Anschluss an das hintere Mittelfeld zu schaffen. „Wir haben uns die Chance erarbeitet – und müssen jetzt nachlegen, damit der Sieg heute auch etwas wert ist“, hat Mervim Mavraj nach dem Sieg gegen Hoffenheim gesagt. Und damit hat er Recht. Mal wieder bietet sich dem HSV die große Chance, sich für einen Moment in sicherere Gefilde zu spielen.

Zumal der HSV nach der Partie in Freiburg zwei Heimspiele gegen Wolfsburg und Frankfurt hat. Und der HSV hat die letzten beiden Heimspiele gegen Stuttgart und Hoffenheim mit je drei erzielten Treffern überzeugend gewinnen können. Selbst das letzte Gastspiel auf Schalke (0:2) war über weite Strecken okay. Aus dem dahindarbenden Dino scheint ein wettbewerbsfähiges Team zu werden. Und diese Entwicklung hat einen Grund: MUT. Den hatten wir hier in den letzten Jahren immer wieder gefordert. Erfolglos, bis Trainer Markus Gisdol aus der Not eine Tugend machte und dem Nachwuchs eine Chance gabt. Tatsuya Ito begeisterte auf Anhieb – und wurde letztlich nur durch die bärenstarken Spiele von Jann-Fiete Arp überholt. Der 17-jährige stand in den letzten drei Partien in der Startelf, nachdem er zuvor in Berlin als Joker getroffen hatte. Arp sorgte nicht nur für einen positiven Stimmungsumschwung in Hamburg, sondern überzeugt als Torjäger - kämpferisch wie spielerisch.

Pressekonferenz beim SC Freiburg mit Trainer Christian Streich

Dass jetzt tatsächlich Leute um die Ecke kommen mit Ansagen wie „erst jetzt wird sich zeigen, ob Arp ein Strohfeuer war oder nicht“ ist aus meiner Sicht kompletter Irrsinn. Der Junge selbst ist über jeden Zweifel erhaben. Statt sich über die erfrischende Jugendhaftigkeit zu freuen, werden Schreckensszenarien an die Wand gemalt. Nur, um danach zu sagen, „siehste, typisch HSV. Hier entwickelt sich halt niemand“? – das kann es doch nicht sein. Das ist genauso sinnlos wie das anadauernde Genörgel, dass der Spieler eh nicht zu halten ist. Sollte am Ende Chelsea oder sonstein europäischer Topklub wirklich ernst machen – wird es für den HSV quasi unmöglich, den Jungen zu halten, das stimmt. Sollte es dennoch gelingen, wäre das eine echte Topleistung von allen Beteiligten. Aber: Stand jetzt ist er HSVer, worüber ich ausschließlich froh bin.

Denn Arp ist einer, der gerade erst am Anfang einer vielversprechenden Karriere steht. Er ist genau das, was wir (und da beziehe ich mich ausdrücklich mit ein!) seit Jahren gefordert haben: ein Eigengewächs, das den HSV verstärkt. Und wie. Er macht Hoffnung auf bessere Zeiten. Weil er das vertrauen des Trainers bekommt, der endlich MUT bewiesen hat. Wie das im einzelnen zustande gekommen ist, ist mir fast egal. Wie im so oft zitierten Tagesgeschäft Fußball gilt auch hier: Das Ergebnis zählt und ist das Zeugnis für die Beteiligten. In diesem Fall also ein sehr gutes. Von daher: belassen wir es doch einfach mal dabei und setzen wir darauf, dass Arp zusammen mit Wood und Co. seine Leistung aus dem Hoffenheim-Spiel auch in Freiburg abrufen kann.

Und das wird alles andere als leicht. Seit dem Amtsantritt von Christian Streich gewann der HSV nur eines von neun Spielen gegen den SC (dazu 3 Niederlagen und 5 Remis). Aktuell ist der HSV sogar seit fünf Bundesliga-Spielen gegen die Breisgauer ohne Sieg. Zudem gewann der SC Freiburg zuletzt mit 2:1 gegen Mainz und fuhr damit erst seinen zweiten Saisonsieg ein. Insgesamt holte die Elf von Christian Streich übrigens zehn seiner bisher insgesamt elf Punkte im Schwarzwaldstadion. Nur eines der 7 Heimspiele wurde verloren, und das denkbar unglücklich mit 0:1 gegen Schalke. Auf der anderen Seite hat der HSV nach dem 3:1-Sieg beim 1. FC Köln am zweiten Spieltag alle fünf folgenden Gastspiele in Folge verloren. Und schon deshalb hoffe ich darauf, dass jetzt auch auswärts den Mut, wie zuletzt gegen Hoffenheim Arp und Bobby Wood zusammen aufzubieten, zudem erneut so offensiv zu attackieren. Und das erneut so konsequent wie gegen Hoffenheim. Also, ohne dabei die Defensive zu vernachlässigen.

Entscheidend dafür wird sein, dass der HSV offensiv so effektiv bleibt wie zuletzt, vor allem auch über die Außen, die gegen Hoffenheim so was wie der Schlüssel zu Chancen waren. Insbesondere über links kam man immer wieder schnell und gefährlich vors Tor, weil Douglas Santos einen Sahnetag erwischte und vor ihm Filip Kostic das beste Spiel seit seinem Wechsel zum HSV hinlegte. Er erzielte das 2:0 mit seinem wuchtigen Freistoß selbst und bereitete das 3:0 mit unbändigem Willen und Durchsetzungsvermögen gekonnt einleitete und auch am 1:0 auf seiner linken Seite indirekt beteiligt war. Der Serbe, der vor seinem 100. Bundesliga-Spiel steht, war zwar erst an drei Toren beteiligt (zwei Tore, ein Assist), aber auch ihm tut der neue Mut im Gisdol’schen System gut.

Markus Gisdol favorisiert das Pressing, Christian Streich setzt auf Laufbereitschaft und eine gute Ordnung, um möglichst wenige klare Torchancen zuzulassen. So ist die Anzahl der Zweikämpfe beim HSV (214 im Schnitt pro Spiel) viel höher als beim SC (186/Spiel), während der SC als zweikampfschwächstes Team der Liga wesentlich mehr unterwegs ist (117,3 Km/Spiel) als der HSV (113,8 Km im Schnitt). Schon deshalb wird es morgen beim SC für den HSV auch darauf ankommen, offensiv Spielwitz walten zu lassen – womit ich wieder bei Fiete Arp angekommen bin, der genau das bislang in jedem Spiel geliefert hat und von dem ich nichts erwarte – aber dem ich alles zutraue und vor allem auch zugestehe. Bei Arp gilt für mich das Motto: Alles kann – nichts muss...

In diesem Sinne, den Kader werde ich an dieser Stelle gegen 20 Uhr nachreichen können. Ansonsten glaube ich, dass der HSV in Freiburg personell unverändert auftritt und hoffe darauf, dass Papadopoulos und Co. endlich auch auswärts mutig auftreten und eine Leistung wie gegen Hoffenheim abruft.

Bis dahin!

Scholle

 

AKTUALISIERUNG 20.02 Uhr: Der HSV reist mit nur einem Wechsel gegenüber dem Hoffenheim-Spiel nach Freiburg: Der wieder genesene Andre Hahn ersetzt den leicht grippalen Luca Waldschmidt.

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