Marcus Scholz

1. Mai 2020

Tage wie heute, wo beim HSV nicht viel passiert, werde ich in Zukunft immer wieder mal nutzen und auf Kommentare reagieren. Zuletzt hieß es hier ja sogar mal, ich würde mir die Kommentare nicht durchlesen, was tatsächlich nicht so ist. Dass ich nicht auf sie reagiere, solltet ihr nicht mit Desinteresse gleichsetzen. Im Gegenteil. Und auch deshalb werde ich mir heute - wie schon in der Vorwoche - wieder einen Kommentar rausziehen und darauf näher eingehen. Diesmal stammt er von „Ohlstedter“, dessen Text im Folgenden kursiv-fett dargestellt wird, während mein Text normal geschrieben ist:

 

Sorry Scholle,

der "extrem talentierte" Pollersbeck hat leider dem HSV bei seinen Einsätzen selten bis gar nicht ein Spiel gewonnen, wenn es am Ende wirklich darauf ankam. Hätte er das, wäre der HSV letzte Saison aufgestiegen! Ich darf dabei nur an zwei Heimspiele erinnern, die ich nicht so schnell vergessen werde, da ich direkt im Stadion hinter dem Tor saß:

 

1.) Am 26. Spieltag gegen Darmstadt, als der HSV in der 92. Minute das 2:3 kassierte. Stimmt. Den hätte er tatsächlich halten können/müssen. Das hatte ich im Blog damals auch so geschrieben.

 

2.) Am 28.Spieltag gegen Magdeburg, als der HSV in der 94. Minute das 1:2 kassierte. Den konnte er eher nicht halten. Schon gar nicht hätte er ihn halten „müssen“. Der Ball kam verdeckt, scharf und abgefälscht aufs Tor. Aber entscheidend selbst:

 

Beides Bälle, die ein "extrem talentierter" Torwart durchaus halten kann, wenn nicht sogar muss ! Damit hat der HSV jeweils in den letzten Sekunden des Spiels zwei wichtige Punkte aus der Hand gegeben, die am Ende der Saison gefehlt haben. Diese Rechnung würde ich tatsächlich weniger auf dem Rücken Pollersbecks aufmachen. Ohne Pollersbeck hier aus der Verantwortung zu nehmen - er hatte seinen Anteil am Nichtaufstieg - halte ich noch immer die fehlende Durchschlagskraft in der Offensive für den entscheidenden Faktor in der Nichtaufstiegssaison. Der HSV hatte in fast jedem Spiel seine Chancen, diese zu gewinnen. Selbst drei Gegentore gegen Darmstadt hätte man locker ausgleichen und sogar in einen Sieg verwandeln können. Erinnert Euch nur an die erste Halbzeit in dem Spiel, wo wir alle dachten, dass der HSV einen Kantersieg feiern würde.  Insofern kann man sicher sagen, dass Pollersbeck mit einer guten Saison dem HSV den Aufstieg hätte retten können - aber er war längst nicht hauptverantwortlich. Schlimmer noch als die zu oft unzureichenden individuellen Leistungen fand ich da schon die Entscheidung auf Führungsebene, wider alle Anzeichen damals im Winter nicht nachgebessert zu haben. Aber das ist nur ein Beispiel für mehrere Punkte, die letztlich den Wiederaufstieg versaut haben.

 

 

Denn mit dann 58 Punkten wäre der HSV an Union Berlin und Paderborn (beide 57 Punkte) auf Platz 2 vorbei gezogen. So kann man es rechnen. Es würde der Komplexität des Scheiterns aber sicher nicht gerecht.

Auch die Abstöße von Pollersbeck waren nicht immer das "gelbe vom Ei". Dieser Punkt wurde hier in den Blog-Kommentaren oft angesprochen. Stimmt. Diese Kritik musste sich Pollersbeck gefallen lassen. Allerdings hat er diesbezüglich im Training schon lange keine Probleme mehr. Inzwischen ist er diesbezüglich genau so gut wie seine Torhüterkollegen Daniel Heuer Fernandes und Tom Mickel.

Pollersbeck mag durchaus seine Qualitäten haben, sonst hätte Stefan Kuntz in der U21 Nationalmannschaft nicht auf ihn gesetzt. Leider hat er sie beim HSV viel zu selten gezeigt. Das ging aber auch schon anderen sogenannten Talenten so, was immer auch der jeweilige Grund gewesen sein mag. Es ist müßig darüber zu lamentieren. Aber es ist wichtig darüber zu sprechen, da hier viele Fehleinschätzungen und Fehlentscheidungen getroffen wurden. Pollersbeck war als junger Mann zum HSV gekommen und wurde ins kalte Wasser geschmissen. Als U21-Europameister hatte er auch die Traute, sich als Nummer eins beim HSV zu behaupten. Das größte Problem bei jungen Fußballern ist aber eben auch, dass sie sich noch zu oft überschätzen, bzw. dass sie den Profifußball mit all seinen Nebenwirkungen zu oft noch unterschätzen. Und Pollersbeck, der in seiner Zeit vor dem HSV nur bei Burghausen unterklassig spielte, bis er beim FCK im Eiltempo vom Amateurkeeper zum Profitorwart hochgezogen wurde, ist nie darauf vorbereitet worden, was öffentlicher Druck bedeutet.

Und den hatte er ob seiner 2,5 Millionen Euro teuren Ablösesumme schon vor seinem ersten HSV-Training - vielleicht sogar, ohne es zu wissen. Pollersbecks lockere Art mit den Fans und sein oft etwas zu offen zur Schau gestelltes Privatleben hätten ihn hier schnell zum absoluten Publikumsliebling machen können, wenn er dieses Maß an Extrovertiertheit letztlich auf dem Platz mit Leistungen gerechtfertigt hätte. Das hat er aber leider nicht, da bin ich komplett bei Dir, Ohlstedter. Allein, welchen Schluss man daraus zu ziehen hat, unterscheidet uns vielleicht.

Denn ich werde niemals müde werden, zu betonen, wie wichtig es heutzutage ist, junge Talente nicht einfach nur zu holen, sondern sie zu führen. Das vielleicht beste Szenario ist, wenn sich erfahrenere Mannschaftskameraden um das jeweilige Talent kümmern. Sollte sich das aber so aus welchem Grund auch immer nicht ergeben, liegt es an dem Trainer bzw. dem Sportchef (Sportvorstand), einzugreifen und alles zu unternehmen, um dem Talent die Ausschöpfung seines Potenzials maximal zu erleichtern. Letztlich ist hier trotz der hohen sozialen Komponente auch der HSV an sich entscheidend. Denn es obliegt in dieser Struktur nunmal dem Trainerteam an vorderster und dem Vorstand in zweiter Reihe, Wertsteigerungen in Form von Ausschöpfung des jeweiligen Potenzials herzustellen. Neben den Siegen auf dem Platz geht es immer auch um finanzielle Zugewinne in den Bilanzen. Und hier hat der HSV ganz zweifellos den mit weitem Abstand größten Nachholbedarf. Behaupte ich.

Vielleicht kommt Pollersbeck in einem anderen Umfeld besser zurecht, was ich ihm wünschen würde. Deswegen würde ich ihm einen Wechsel dringend empfehlen, um damit auch das leidige Thema hier endlich zu beenden. Das ständige "Aufwärmen" macht die Sache nicht besser. Es nervt nur noch und man mag es nicht mehr lesen. Dann lasse es doch. Niemand zwingt Dich, Ohlstedter. Und das meine ich nicht schnippisch oder beleidigt, sondern ganz unaufgeregt ehrlich. Denn ich bin mir ganz sicher, dass Pollersbeck eine Personalie ist, die noch häufiger thematisiert werden kann, wenn nicht sogar thematisiert werden muss. Und dabei geht es mir mitnichten nur um Pollersbeck allein, sondern um die daraus resultierenden Lehren, die wir und der HSV daraus ziehen können/müssen.

Und ja, ich bin mir auch sicher, dass Pollersbeck in einem passenden Umfeld Leistungen abrufen kann, die ihn zu den Toptorhütern Deutschlands aufsteigen lassen könnten. Allerdings kann ich mich nicht damit anfreunden, dass man das nicht auch hier mit ihm noch hinbekommt. Zumal jetzt nicht mehr, wo Pollersbeck selbst eine für alle erkennbare Entwicklung genommen und aus seinen Fehlern gelernt hat.

 

Und damit beende ich zumindest fürs Erste das Thema Pollersbeck - zumindest für mich und stelle hier zumindest noch eine Frage, bei der mich Eure Antworten sehr interessieren würden: Was meint ihr denn, sollte der HSV Pollersbeck im Sommer abgeben? Und: Sollte Pollersbeck seinerseits versuchen, einen anderen Klub zu finden oder glaubt Ihr noch an eine Wendung in dieser Personalien? Wobei man diese Fragen auch auf einen anderen beziehen könnte, der eigentlich heute wieder ins Training einsteigen sollte aber noch ein paar Tage mehr individuell trainieren muss: Dauerpatient Ewerton. Der Innenverteidiger konnte heute doch noch nicht mittrainieren, obgleich es so angedacht war. Er soll jetzt frühestens in der kommenden Woche einsteigen können. Drücken wir ihm mal die Daumen.

In diesem Sinne, bis morgen! Da ist übrigens ebenso wie am Sonntag trainingsfrei. In Kleingruppen wird erst ab Montag wieder trainiert. Dir, lieber Ohöstedter, noch einmal herzlichen Dank für Deinen Kommentar! Dir wie allen anderen auch wünsche ich bis dahin einen schönen Abend! UNd vor allem: bleibt gesund!

Scholle

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