Marcus Scholz

8. Oktober 2019

Ich hatte ihn immer wieder beim HSV als Kandidaten genannt. Über die letzten zehn Jahre sicher vier- bis fünfmal. Immer wieder stieß ich dabei (damals noch zu Matz-ab-Zeiten) auf viel Widerstand in der Blog-Community. Harnik wollten die wenigsten Kommentierenden damals. Weshalb das so war? Das konnte mir nie jemand schlüssig erklären. Und ganz ehrlich: Heute fühle ich mich in meiner damaligen Einschätzung zu 100 Prozent bestätigt. Denn Martin Harnik ist auf dem Platz wie auch neben dem Platz für den HSV eine absolute Verstärkung. Wer das nicht glaubt, der muss sich nur die Statistiken der letzten Spiele ansehen. Und das Interview im heutigen Rautenperle-Talk:

 

Wenn ich dann noch dazurechne, dass Harnik als Spielertyp einen Youngster wie Josha Vagnoman überhaupt erst funktionieren lässt, dann hat sich Harnik Verpflichtung schon in den ersten Wochen komplett rentiert. Was ich meine? Harnik ist genau der Spielertyp, der einen Youngster wie Vagnoman an die Bundesliga (oder wie hier erst einmal Zweite Liga) heranführen und ihn somit zum vollwertigen Profi fertig entwickeln kann. Er bringt die Erfahrung mit, die ihn glaubhaft wirken und einen jungen Nachwuchsspieler wie Vagnoman fleißig zuhören lässt. Vor allem aber hat er die Ruhe, die rechte Seite zu organisieren, hier die Verantwortung zu tragen und damit auch Druck von Vagnoman zu nehmen. Während Khaled Narey in seinem ersten Spiel zusammen mit Vagnoman bei der Derbyniederlage mit sich selbst so viel zu tun hatte, dass die Kommunikation mit seinem Kompagnon über rechts ausfiel, sprechen Vagnoman und Harnik auffällig viel miteinander. Oder besser gesagt, Harnik spricht mit Vagnoman.

Harnik macht den HSV - und Josha Vagnoman besser

Das logische Ergebnis: Die rechte Seite ist organisiert, Harnik wird nach vorn gefährlich und Vagnoman funktioniert defensiv immer besser. Und diese Schraube beginnt gerade erst, sich zu drehen. Läuft alles naturgemäß, kann Harnik ein wesentlicher Faktor sein, dass sich Vagnoman zusehends stabilisiert und seinerseits zu einer Konstante im HSV-Team heranwächst und seinen Marktwert weiter steigert. Liefe auch danach alles normal weiter, würde sich das aktuelle Bild im Laufe der Jahre drehen. Denn naturgemäß nehmen Laufbereitschaft und körperliche Fitness (Zé Roberto mal ausgenommen) im Laufe des Älterwerden ab. Auch bei Harnik wird die Natur hier wahrscheinlich keine Ausnahme machen. Vagnoman könnte in dieser Phase seinen älter werdenden Kompagnon Harnik so lange stützen, bis dieser von einem sportlich effektiveren, voraussichtlich deutlich jüngeren Spieler über die rechte Außenbahn abgelöst wird. Klingt undankbar - ist aber nichts anderes als - stinknormaler Profifußball. Business eben.

Er selbst habe es auch so kennengelernt, hat mir Harnik heute erzählt. In Bremen sei er bei seiner Beförderung von der U23 damals zu den Profis sogar durch ein kleines Stahlbad gelaufen. „Den Respekt musste ich mir hart erarbeiten. Sehr hart. Ich hatte sogar manchmal das Gefühl, dass die gar keinen Bock auf mich hatten“, erzählte Harnik heute nach dem (ich weiß, es klingt immer doof, wenn man es über das eigene Gespräch sagt, aber hier muss ich es sagen:) wirklich sehr interessanten Rautenperle-Talk erzählt. Ein Weltklassespieler wie Johann Micoud oder auch ein Frank Fahrenhorst hätten ihn keines Blickes gewürdigt. „Da musste ich damals durch. Aber es hat mich nicht dümmer gemacht, eher abgehärtet. Insofern war auch das eine gute Schule.“

Aber eben eine, die er selbst so nicht durchzieht. Harnik ist einer, der mit jedem respektvoll spricht. Ob jung oder alt, Fan, Mitspieler, Trainer oder Journalist. Und aktuell am meisten profitiert davon eben Josha Vagnoman, der sich mit den Leistungen in der Zweiten Bundesliga sogar bis zur U21-Nationalelf hocharbeiten konnte. Am Donnerstag geht es in Cordoba zum Test gegen Spaniens Nachwuchs-Nationalmannschaft, eher in der kommenden Woche das EM-Quali-Spiel in Bosnien ansteht, während Harnik mit dem HSV am Donnerstagabend (17.30 Uhr) in Braunschweig gegen den Drittligisten testet.

Ewerton ist wieder dabei - und soll am Donnerstag debütieren

Dann mit dabei sein wird Ewerton, der heute das komplette Training mit der Mannschaft absolvieren konnte. „Wenn er spielen kann, wird er beginnen“, so Trainer Dieter Hecking heute nach dem Training, „wie lange, werden wir dann sehen.“ Im Gespräch sind 30 oder 45 Minuten. Aber der Brasilianer soll gegen die Eintracht sein Debüt feiern. Auch, weil Kyriakos Papadopoulos nach seiner Ausbootung vom Sonnabend, wo ihn Hecking vielsagend gar nicht erst als Ersatz für den ausfallenden Gideon Jung aufgezählt hatte, mit muskulären Problemen auszufallen droht. Ein Szenario, das sich in den nächsten Wochen häufen könnte. Denn wenn ich richtig informiert bin, hat Papadopoulos sehr wohl verstanden, was die Uhr für ihn geschlagen hat. Auch, wenn Hecking das zweifelsfrei etwas unaufgeregter darstellen wird, dürfte der Grieche tief beleidigt sein und dementsprechend schnell auch „mit muskulären Problemen“ ausfallen…

Ebenfalls in Braunschweig nicht dabei sein werden Gideon Jung und Christoph Moritz, die beide noch die erste Woche der Länderspielpause nutzen sollen, um komplett zu regenerieren. Beide trainierten heute individuell, während Aaron Hunt sich behandeln ließ. Der Mannschaftskapitän, so bestätigte es heute Trainer Hecking, wird mit muskulären Problemen im Oberschenkel für den Test ausfallen und soll nach Möglichkeit in der kommenden Woche - dann mit Moritz und Jung - wieder voll einsteigen. Aber bevor ich den Blog für heute abschließe noch einmal mein Tipp an all diejenigen, die am Typen Harnik noch irgendeinen Zweifel haben: Schaut und hört Euch den Rautenperletalk mit ihm unbedingt an. Es lohnt sich und dürfte dem einen oder anderen Kritiker die Augen öffnen. Mehr muss ich auch gar nicht sagen, den Rest macht Harnik höchstselbst…

In diesem Sinne, bis morgen! Da wird um 10 Uhr (öffentlich) trainiert. Ich melde mich aber natürlich auch da wieder um 7.30 Uhr bei Euch mit dem MorningCall.

Scholle

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