Marcus Scholz

24. Februar 2019

Der HSV hat verloren. Am Ende sogar zurecht, wie die Statistik es aussagt. Aber er hat sich diese Niederlage selbst zuzuschreiben. „Es ist enttäuschend, wir haben heute nicht gut genug gespielt. Wir hatten unsere Möglichkeiten, konnten sie aber nicht nutzen“, konstatierte David Bates, der den HSV zwar in Führung bringen konnte, letztlich aber mit ansehen musste, wie sein Team noch mit 1:2 bei Jahn Regensburg verlor. 

Statistik zum Spiel Regensburg - HSV

 

Bates: „Ich kann mich über mein Tor nicht freuen, wenn wir nicht gewinnen.“ Und damit ist er längst nicht allein. Denn Grund zur Freude gaben heute zwar knapp 70 Minuten - am Ende aber nichts mehr. Zwei Platzverweise gegen Orel Mangala (gelbrote Karte) und Vasilije Janjicic (Rote Karte), sorgten für mehr als lange Gesichter beim HSV, der ein Spiel verlor, das er nie hätte verlieren dürfen.

Schon vorher ging es wieder einmal um Dinge, die ich heute weit weggeschoben hätte. Irgendwie zieht es der HSV noch an, dass auch vor dem wichtigen Spiel in Regensburg eher sekundäre Themen in den Vordergrund gerückt werden. Und so wurde Sportvorstand Ralf Becker vor allen sportlichen Themen zunächst einmal über Personalien befragt. Pierre Michel Lasoggas Vertragende im Sommer war das ein Thema, der neue Sportdirektor sowie die daraus resultierende Frage nach der Zukunft des bisherigen Kaderplaners Johannes Spors das andere Thema. Und es nervte Becker, der bei Lasogga darauf verwies, dass alles gesagt sei und es jetzt erst einmal um das gemeinsame Ziel Aufstieg ginge, während man sich personell in der sportlichen Führung durch die Verpflichtung von Michael Mutzel besser aufgestellt sehen würde. „Besser isses“, war dann auch der kurze Kommentar Beckers, als der Reporter sportliche Fragen ankündigte.

Denn sportlich gab dieses Spiel auch vor dem Anpfiff viele interessante Geschichten her. Auch personell gab es noch spannende Fragen, die wie wie erwartet beantwortet wurden: Khaled Narey musste für Hee-Chan Hwang weichen, der auf der linken Außenbahn begann, während Bakery Jatta Über die rechte Seite für Tempo sorgen sollte. In der Viererkette kehrten die beiden zuletzt gesperrt (Sakai) und verletzten (Santos) Stammkräfte weder zurück, während im Mittelfeldzentrum Mangala wie zuletzt auch hinter Holtby und Özcan agierte. Ganz vorn stürmte erwartungsgemäß Pierre Michel Lasogga.

Und der HSV begann wie immer bemüht dominant, während die Regensburger offenbar Fehler der Innenverteidiger provozieren wollten. Anstatt den ballführenden Innenverteidiger direkt zu attackieren, wurde Mangala als Anspielpunkt zugestellt. Und das hemmte das HSV-Spiel zunächst, obwohl es Mangala war, der den ersten guten Konter einleiten konnte, den Santos dann aber zu zögerlich nicht zum Abschluss bringen konnte (5.). Gut für den HSV: Im Gegensatz zum Spiel in Heidenheim waren Davon Bates und heute auch Rick van Drongelen von Beginn an hellwach und ließen defensiv nichts zu. Mehr noch: Sie trafen.

Oder besser gesagt, David Bates traf. Nach einem Freistoß von Albrechts von Santos wird der Ball zweimal nur bis zum Sechzehner klären, wo Interimskapitän Lewis Holtby den Ball jeweils wieder in die Gefahrenzone bringen kann. Hwang ist hellwach, spitzelte den Ball aufs Tor und Regensburgs Keeper Pentke pariert zunächst erstklassig - bei Bates' Abstauber muss er sich aber geschlagen geben.

Und damit hatte sich Hwangs Aufstellung schon früh ausgezahlt. Dachte ich zu diesem Zeitpunkt jedenfalls noch. Zumal der Südkoreaner weiter Dampf machte. In der 20. Minute holte er die erste Gelbe Karte für seinen Gegenspieler heraus, als er den ball einfach vorbeileite und pfeilschnell weg gewesen wäre. Aber auch insgesamt legte der HSV nach. In der 22. Minute war es van Drongelen, der einen Eckball gefährlich aufs Tor köpfte. Das war knapp. Und knappe drei Minuten später wurde Hwang schön von Santos freigespielt, lief über links Richtung Regensburger Tor und sah den in der Mitte freistehend mitgelaufenen Lasogga. Der Südkoreaner hob den Kopf, passte perfekt ins Zentrum und Lasogga schob auf das leere Tor - vorbei! Was für ein Fehlschuss! Einer für die Kategorie „Pleiten, Pech und Pannen“. Und einer, der noch sehr weh tun sollte…

Es war insgesamt ein schnelles Spiel, weil beide Mannschaften den direkten Weg zum Tor suchten. Auch die Regensburger. Oft mit langen Bällen, vor allem übers schnelle weite Abstöße des Keepers, manchmal auch über die Außen. Und das forderte ein frühes Opfer, das dem HSV längerfristig weh tun wird: Orel Mangala sah nach einem theatralischen Hinfaller eines Regensburgers für ein hohes Bein früh die Gelbe Karte (23.). Es war seine fünfte Gelbe Karte, womit er am kommenden Montag gegen Greuther Fürth eh hätte aussetzen müssen.

Eine vergleichsweise harmlose Szene, wie ich finde. Und eine harte Entscheidung von Schiedsrichter Felix Zwayer, der bis hierhin keine wirklich schwierige Partie zu leiten hatte, die am Ende auch nach einer Minute Nachspielzeit mit der 1:0-Führung in die Pause ging, weil der HSV eine hohe Hereingabe der Regensburger samt Abpraller im eigenen Fünfmeterraum gerade noch zu klären wusste und die richtig gute Kontergelegenheit im Anschluss daran über Hwang ungenutzt ließ.

Es war ein enges Match. 7:6 Torschüsse, 50 Prozent gewonnene Zweikämpfe und 52 Prozent Ballbesitz verdeutlichen das auf jeden Fall. Dennoch war der Auftritt des HSV aus meiner Sicht souverän. Und auch die zweite Halbzeit begann so.Der HSV machte das Spiel, Regensburg konterte und versteckte sich nicht, was wiederum zu gelegentlichen Kontern des HSV führe. Einen davon über Sakai, der Jatta lang schickte, konnten die Gastgeber in der 54. Minuten gerade noch vor dem einschussbereiten Lasogga klären.

Es war also eigentlich alles wie immer: Alle warteten darauf, dass der HSV endlich nachlegt und dem Spiel eine klare Richtung gibt. Hwang, der wieder sehr viel unterwegs war, hatte immer wieder Szenen, die man besser hätte ausspielen können. Sein Tempo vor allem auf den ersten zehn Metern ist brutal, seine Ballfertigkeit ’ne glatte Eins. Aber es fehlt ihm die Übersicht, die Vorausschau, wann er dribbeln und wann er besser passen sollte. Sobald er das drauf hat und sein persönliches Spiel und das des HSV eine Symbiose ergeben, dürfte Hwang eine brutale Waffe im Angriff des HSV sein. Hoffen wir einfach mal, dass das alles schnell der Fall sein wird. So aber blieb es erneut spannend. Lasogga hatte mehr Aktionen im eigenen Sechzehner, wo er immer wieder bei Standards mit seiner Kopfballstärke Bälle klären konnte. Regensburg? Die wechselten in der 65. Minute offensiv und waren weiterhin bemüht, möglichst viele Bälle in den Hamburger Sechzehner zu bekommen. Denn dann wurde es durchaus gefährlich. Immer wieder konnten die aufmerksamen Hamburger klären. Bis Zwayer Orel Mangala wegen eines Handspiels mit Gelbrot vom Platz stellte. Eine harte Entscheidung - mit schwerwiegenden Folgen. Weshalb Wolf hier nicht längst reagiert und Mangala runtergenommen hatte? Wolfs ehrliche Antwort:  „Es gab das Gespräch, Orel vom Platz zu nehmen. Im Nachhinein war das zu spät. Das war mein Fehler.“ Denn angesichts der Führung hätte die Variante mit Vasilije Janjicic anstelle Managuas im defensiven Zentrum durchaus reichen können. Schnelle Konter einleiten über die pfeilschnellen Hwang und Jatta kann der Schweizer auch - und viel mehr hätte der HSV hier eigentlich nicht mehr machen müssen. Erst nach dem Platzverweis brachte Wolf Janjicic und kurz darauf noch Leo Lacroix für Özcan und Jatta.

Aber Wolfs unglückliche Entscheidungen sollten sich fortsetzen. Denn Lacroixs Einwechselung  führte direkt zum Gegentor. Weil der Schweizer unnötigerweise aus dem Zentrum herausrückte und den Bereich hinter sich für Adamyan freimachte. Und der Hattrick-Schütze aus dem Hinspiel traf zum Ausgleich. Passend zu allem Unglück fälschte van Drongelen den Schuss unhaltbar für Pollersbeck ab.

Und es kam noch schlimmer: Lacroix verliert in der 81. Minute trotz körperlich deutlicher Überlegenheit das Kopfballduell, den Abpraller verwertet Grüttner aus der Drehung zur Führung. Der Gau war eingeleitet. Auch, weil Wolfs Entscheidungen heute im Ergebnis sehr unglücklich blieben. Insbesondere bei Mangala hätte Wolf spätestens nach dessen Foul kurz nach Wiederanpfiff in der zweiten Hälfte (und angesichts der Gelbzeige-Freudigkeit Zwayers)  regieren MÜSSEN. Er tat es aber nicht. Und am Ende dann noch ein Platzverweis - allerdings geht das Ding für mich Ding auf Zwayer, der heute wieder so pfiff, wie ich ihn einschätze: Erschütternd schwach.

Denn bei einem normalen Laufduell in der Nachspielzeit geht ausgerechnet Regensburgs Geipl, der zuvor von Zwayer mehrfach verschont geblieben war, zu Boden und Zwayer zeigt Rot.  So ging am Ende ein Spiel verloren, das niemals hätte verloren gehen dürfen. Und das auch nich mit Kollateralschaden in personeller Natur. Denn Sechser hat der HSV nach den beiden Platzverweisen keine mehr.

De Lage wird insgesamt nach diesem Spieltag nicht leichter. Durch die Siege der Kölner, des FC St. Pauli, von Holstein Kiel sowie durch das Remis von Union  Berlin rangiert der HSV zwar auch nach nunmehr 23 Spieltagen weiterhin mit zwei Punkten Vorsprung an der Tabellenspitze. Allerdings hat der Tabellenzweite 1. FC Köln noch ein Spiel weniger, das am Mittwoch beim FC Erzgebirge Aue  nachgeholt wird. Anschließend ist die Tabelle dann auch endlich wieder bereinigt, bevor es für Pauli am Sonnabend in Paderborn schwer werden dürfte und Kiel bereits am Freitag Union Berlin empfängt. Köln muss beim wieder erstarkten FC Ingolstadt ran, ehe der HSV am Montag gegen Greuther Fürth den Spieltag abschließt.

Schlusswort Hannes Wolf: „Das ist ein bitterer Nachmittag für uns. Wir wussten, dass uns ein schwieriges Spiel erwartet. Vor der Gelb-Roten Karte haben wir uns schon hinten rein drücken lassen und die Kontrolle verloren.“ Wolf weiter: „Die Niederlage ärgert uns ungemein. Wir müssen uns jetzt schnell wieder aufrichten für das kommende Spiel gegen Fürth. Da wollen wir versuchen, an unsere letzten Leistungen im eigenen Stadion anzuknüpfen.“

In diesem Sinne, bis  morgen. Früh sogar. Denn um 7.30 Uhr melde ich mich mit dem MorningCall (KLICKT HIER!) bei Euch und fasse Euch komprimiert zusammen, was es so über den HSV zu hören und zu lesen gibt. Um 11 Uhr wird am Volksparkstadion trainiert (Reservisten auf dem Platz, Startelf läuft aus). Bis dahin Euch allen noch einen richtig schönen, weiterhin so sonnigen Sonntag! Scholle

 

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