Marcus Scholz

4. Dezember 2019

Zugegeben, mir ging es beim gestrigen Blog darum, mehr Klicks als sonst zu bekommen. So habe ich nicht nur die Miete für diesen, sondern auch gleich für den nächsten Monat gesichert. Und das alles nur mit einer simplen Lüge über das gestrige Training. Ich habe einfach mal erfunden, was sich dort abgespielt haben soll. Mein Problem dabei: Einigen von Euch entgeht hier nichts. Einige wissen eben einfach mehr. Einige wissen einfach mehr als amtierende HSV-Vorstände und -Trainer. Insbesondere bei denen möchte ich mich entschuldigen. Denn in Wirklichkeit hat Khaled Narey die Rechtsverteidigerposition bislang noch gar nicht gut gespielt - und das wird er auch nie (wieder). Er war auch im Training nicht gut. Nie. Wie auch? Er kann eigentlich gar kein Fußball spielen. Ebenso wenig wie Gideon Jung, Bobby Wood, Lewis Holtby und viele andere in den letzten Jahren. Seine gewonnenen Zweikämpfe waren wie früher bei den anderen alle Fake und nur dafür da, um provokante Geschichten schreiben zu können, um mehr Klicks zu generieren. Und Narey habe ich ausgewählt, weil er in Wirklichkeit mein Bruder ist und er mir dafür auch noch eine ganze Stange Geld bezahlt.

So viel für all diejenigen, die alles wissen. Das Schlimme daran, diese verschwinden kleine Menge von HSV-Anhängern spricht von Fake-News sowie Schönschreiberei und macht damit im selben Moment genau das. Sie verneint Wahrheiten, die ihr nicht gefällt. Problem hierbei: Ich kann da nicht helfen. Nein, das will ich auch gar nicht. Deshalb eine Vorwarnung an dieser Stelle: Im Folgenden berichte ich über Dinge, die sich tatsächlich beim HSV abspielen. Auch auf die Gefahr hin, dass sich die oben angesprochenen Blogfreundinnen und -Freunde nicht zum Kommentieren animiert sehen und mir dann eine Milliarde Klicks entgehen…

Okay, das war jetzt alles nicht so ernst gemeint. Wobei, wenn wir schon beim Thema Populismus sind, bleiben wir doch noch einmal kurz dort und machen einen kurzen Abstecher in den HSV-Nachwuchs. Ich habe in den letzten Jahren immer wieder darauf hingewiesen, dass ich den Nachwuchsbereich auch auf Kosten einiger Euros für den Profibereich zu stärken. Denn nirgendwo sonst steckt mehr Zukunft für den HSV, der finanziell nach Auskunft des Vorstandes nicht einmal mehr mit dem FSV Mainz, Freiburg und Augsburg konkurrieren kann. Hier muss sich der HSV seinen Unique Point aufbauen, eigene Toptalente entwickeln und sie teuer verkaufen, um das Geld wieder reinvestieren zu können und einen Kreislauf in Gang zu setzen, der dem HSV auf Sicht dazu verhelfen kann, sich zu entschulden. Dazu gehört der Aufbau eines Scouting-Netzwerkes, das über das aktuelle deutlich hinausgeht. Und obgleich der heutige BILD-Artikel „HSV im Talente-Loch“ inhaltlich absolut korrekt ist und dieses Thema beim HSV weiterhin eine zu untergeordnete Rolle spielt, muss man auch hier relativieren. Denn Fakt ist, dass der HSV sehr wohl Talente hat, die in den nächsten Jahren sehr interessant werden können.

Der Nachwuchs bietet interessante Spieler - aber zu wenige

Allerdings sehr vereinzelt. Die U21 als Mannschaft hat sportlich gerade Probleme und keinen Akteur, der sich für die Profis aufdrängt. Okay. Aber Aaron Opoku wird in dem Artikel sogar genannt - und auch der gehört dem HSV, ist lediglich an Hansa Rostock verliehen bis Saisonende. Und dem Außenstürmer wurde unter Titz den Durchbruch nur deshalb verweigert, weil er vom Kopf her noch nicht in der Lage war, den Anforderungen der Trainer zu folgen. „Aaron ist herausragend am Ball“, so Titz damals, „aber er muss lernen, wann es richtig ist, ins Eins-gegen-Eins zu gehen, wann der Pass angebracht ist und wie er defensiv mitarbeitet.“ Das Gute daran: Opoku hat also alle Zutaten, die man braucht. Und das, was ihm fehlt, kann er lernen. Aber dafür braucht er Zeit. Und Spiele. Und die bekommt er gerade in der Dritten Liga bei Rostock, wo er bislang 15-mal zum Einsatz kam und drei Tore erzielte.

 

„Wenn wir jedes Jahr zwei oder drei Talente hochziehen könnten, wäre das eine fantastische Quote“, sagt Jonas Boldt immer wieder, wenn er auf die Nachwuchsarbeit angesprochen wird. Und diese Quote kann der HSV bieten. Mit Josha Vagnoman und Jonas David stehen zwei 19 Jahre junge Spieler beim HSV nicht nur auf dem Sprung in die Elf, Vagnoman war schon fest etabliert. Beide könnten noch U21 spielen und sind mit Opoku schon die Spieler Nummer zwei und drei, die aus dem eigenen Nachwuchs in den Profibereich hochkommen. Insofern: Quote erfüllt.

Der HSV braucht ein stabileres, konstantes Ausbildungskonzept

Was hier aber zweifellos fehlt, ist ein Topspieler aus den eigenen Reihen. Der würde der Nachwuchsarbeit des HSV - wenn auch trügerisch - für kurze Zeit erst einmal einen Qualitätsstern anheften und alle schwärmen lassen. So oberflächlich geht es hier oft noch zu. Also in Fiete Arp, wie man ihn zu Beginn seiner Produzent gesehen hatte, hätte geholfen. Auf direktem Weg in die Bundesligaspitze. Problem hierbei: Solche Toptalente werden von den großen Klubs der Welt schon früh gekauft. Der AC Mailand hat tatsächlich einen Finanzpool erstellt bzw. von seinem Investor das Feld bekommen, um die vermeintlich besten zehn Juniorenspieler der Welt zu kaufen. Lenny Borges vom HSV zählte im Sommer dazu und spielt derzeit beim AC in der U19 - eine untergeordnete Rolle. Fünf Teileinsätze, aktuell ist er obendrein verletzt. Aber der AC hat das richtige Modell gewählt. Anstatt jedes Jahr Multimillionen in fertige Stars zu investieren, kann jeder gut in die Jugend investierte Euro schnell ein Vielfaches wert sein. Aber: Man muss es mit Hochdruck und aller Konsequenz angehen. Über Jahre. Dann steigt auch die Wahrscheinlichkeit, irgendwann einmal einen Spieler dabei zu haben, den man als so genannten „Topspieler aus den eigenen Reihen“ bezeichnen kann.

Aber allein den Blick auf die U21 zu lenken und zu sagen, weil von dort keiner für den Profibereich als Reservist mitgenommen wurde sei alles schlecht - das ist viel zu oberflächlich. Opoku, Vagnoman, David - dazu noch ein paar hochtalentierte Jungs aus der U19 (beispielsweise Faride Alidou), die fußballerisch das Zeug für mehr haben, aber denen man aktuell noch zu viel zumuten würde, wenn man sie zu den Profis schickt - das ist im Ergebnis nicht schlecht. Aber es ist eben auch noch nicht gut genug. So sehe ich das zumindest bis heute. Ich kann bis heute nicht erklären, weshalb der HSV sein hochmodernes Internat am Volksparkstadion nicht deutlich intensiver für Toptalente nutzt.

 

Und auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: Sollte der HSV nich einmal irgendwann in die Situation kommen, Geld von Klaus Michael Kühne oder einem anderen Investor oder Mäzen zu bekommen, dann sollte er es in den Nachwuchs investieren, während sich der Profibereich immer auch aus den Einnahmen aus dem Profibereich finanzieren können muss. Nur dann kann man endlich wieder davon sprechen, dass der HSV gesund ist. bzw. gesund werden kann.

Was bitte hat der DFB in Sachen Pyroproblematik vor?

Apropos gesund: Gesund ist das, was der DFB da in Sachen Pyro verzapft schon lange nicht mehr. Verständlich, immerhin ist Pyro eine enorme Einnahmequelle geworden. Da passt es gut ins Bild, jeglichen Möglichkeiten auf Einigungen mit den Fans entgegenzuwirken. Was genau dagegen spricht, beim HSV einen Testlauf mit kontrollierte Abbrennen von Pyro zu starten - keine Ahnung. Ich weiß, dass viele kommen und sagen, Pyro sein nunmal verboten. Aber Fast ist, dass man das bestehende Problem so nicht löst. Ergo: Neue Wege müssen nicht nur gesucht, sondern auch versucht werden. Der HSV hat sich hier weit vorgewagt und es mag ein Stück weit inkonsequent auf viele wirken. Aber in dem Moment, in dem man Pyro so organisiert bekommt, dass es niemanden mehr gefährdet, hat man ein Problem gelöst, das unlösbar schien. Es sei denn, man will es gar nicht wirklich lösen…

 

Ein Problem gelöst hat Bakery Jatta. Denn der Gambier, der nach ausgestandener Rotsperre am Freitag wieder dabei ist, eröffnet seinem Trainer Dieter Hecking so die Möglichkeit, das Sturmzentrum wieder mit Martin Harnik zu besetzen. Inwieweit Lukas Hinterseer nach seinem Bluterguss wieder eine Alternative sein kann, entscheidet sich erst morgen endgültig. Es gilt aber als nahezu ausgeschlossen, da er heute erneut noch nicht voll mittrainieren, sondern lediglich eine individuelle Einheit am Ball absolvieren konnte. Aber auch ohne den Österreicher hätte Hecking mit Hunt und Jatta zwei Offensivkräfte mehr im Kader als in Osnabrück. Und damit umgeht er die Not, Bobby Wood trotz anhaltender Formschwäche ins Sturmzentrum stellen zu müssen.

In diesem Sinne, bis morgen. Bis dahin wünsche ich Euch allen einen schönen Abend und viel Spaß mit dem aktuellen Community-Talk. Ich melde mich dann morgen früh wieder mit dem MorningCall um 7.30 Uhr bei Euch und werde am Abend dann wieder alle mit allen aus meiner Sicht wichtigen News zum Spiel gegen Heidenheim hier aufschreiben. Bis dahin!

Scholle

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