Marcus Scholz

13. Februar 2020

„Lasst mich erst einmal liefern - dann können wir immer noch reden.“ Mehr wollte Martin Harnik heute nicht sagen. Und das, obgleich es für ihn am Sonnabend zu einem Ex-Klub geht und er unmittelbar vor der Rückkehr in die Startelf steht. Zumindest deutet sich das bislang im Training so an. „Genau so“, lobte selbst Trainer Dieter Hecking heute seinen Offensivspieler, der nach überstandenen Oberschenkelproblemen die letzten Spiele nur von der Bank aus zusehen durfte, als er beim Spiel mit den anderen Reservisten einen Treffer vorbereitet hatte. „Ja, schon gut“, so die aus Höflichkeit zumindest kurze Antwort Harniks auf die Frage, wie er sich denn fühlt.

Dabei wird Harniks Wortkargheit sicher auch dem geschuldet sein, was er in den letzten Wochen über sich lesen musste. Heute wurde sogar die Frage gestellt, wie viel Harnik der HSV vertragen würde, wenn er denn aufsteigt. Nicht schön zu lesen für jemanden, der sich wieder topfit fühlt und der hier in Hamburg noch große Ziele hat. „Ich will aufsteigen, aufsteigen - und noch mal: aufsteigen. Alles andere ist zweitrangig“, hatte Martin Harnik gesagt, als er nach Hamburg gekommen war. Jetzt nähert sich der HSV langsamen Schrittes diesem Ziel und er spielt eine zweitrangige Rolle. Zumindest im Jahr 2020 durfte er noch nicht ran. Zwei Treffer und zwei Assists hat er bislang Erzölen können. Und damit ist er alles andere als zufrieden. Das hat er mehrfach betont. Zumal er mit hohen Erwartungen ausgestattet nach Hamburg gekommen war.

Harnik kam mit hohen Erwartungen als Quotenspieler

„Martin ist ein Quotenspieler. Er hatte überall seine hohe Trefferquote. Deshalb haben wir ihn auch geholt“, hatte Hecking bei der Verpflichtung im Sommer vorweggeschickt. Zudem habe Harnik bereits Erfahrungen in der Zweiten Liga sammeln können, ergänzte seinerzeit Sportvorstand Jonas Boldt und sprach dabei auf Harniks letzte Zweitligasaison 2016/2017 an, in der der Angreifer in 30 Spielen 17 Tore und fünf Assists zum Aufstieg beisteuern konnte. Sein Team damals: Hannover 96. Und diese Erinnerung Harniks wird auch Hecking dazu bewogen haben, seinem Reservisten Harnik eine Hauptrolle auf dem Feld in Aussicht zu stellen. Auch, weil neben der vielleicht doch noch mal etwas außergewöhnlichen Motivation bei Harnik dessen Konkurrent auf der Außenbahn zuletzt geschwächt hat: Sonny Kittel. Der Rechtsfuß ist zwar immer und in jedem Speil für den entscheidenden Moment gut - aber gerade im letzten Spiel gegen Karlsruhe wirkte Kittel nicht frisch. Weder von den Beinen her, noch vom Kopf her. Und: Defensiv ist Harnik eh derjenige von den beiden, der mitarbeitet.

Ich würde Kittel für Harnik draußen lassen

Wobei für alle, die jetzt nicht wissen, erinnere ich an eine exemplarische Szene aus dem 2:0 gegen den KSC, als Gideon Jung offensiv ins Pressing ging und dabei den  Gegenspieler angriff, der deutlich näher bei Kittel stand. Jung sprintete zehn Minuten vor Schluss in höchstem Tempo an Kittel vorbei, attackierte erfolglos, und jagte im selben Tempo wieder 40 Meter zurück. Und dabei wieder an Kittel vorbei, der immer noch unbewegt seine Position hielt.

 

Auswärts in Hannover wird der HSV sicher nicht so spielen können wie zuhause gegen Karlsruhe. Schon allein, weil Hannover eine deutlich höhere spielerische Qualität Besitz und diese auch an den Tag legen wird. Und ich behaupte, dass der HSV hier zum einen erst einmal läuferisch gefordert sein wird, ehe man an das Fein-Tuning denken kann. on daher ist die Taktik, mit Spielern wie dem zweikampfstarken, defensivorientierten Jung (für Fein) und Harnik (für Kittel) zu beginnen.

Zumal Kittel in der Schlussphase, wenn der Gegner etwas müder wird, mit seinen Eins-gegen-Eins-Qualitäten noch einmal den Unterschied ausmachen kann. Ich weiß, dass es hier viele gibt, die Kittel immer einem Harnik vorziehen würden. Und das ist auch okay. Aber taktisch glaube ich, kann ein Wechsel hier in vielfacher Hinsicht Sinn machen. Dasselbe gilt übrigens für die Offensive, wo der Trainer offenbar noch zwischen Joel Pohjanpalo und Lukas Hinterseer schwankt. Heute war im Training nicht zu erkennen, wer die Nase vorn hat, während am Mittwoch im Abschlussspiel Pohjanpalo im A-Team spielte.

Pohjanpalo für Hinterseer? Ich glaube nicht...

„20-Tore-Sturm auf die Bank?“ fragten die Kollegen heute und führten ebenso wie ich gestern den Gedanken an, dass Harnik und Pohjanpalo im A-Team gut performten. Dennoch glaube ich, dass die Kombination anders mehr Sinn machen würde. Soll heißen: Ich würde erst Hinterseer spielen lassen und mir die Option mit Pohjanpalo als Joker erhalten. Aus mehrere Gründen. Zum einen, weil Hinterseer zuletzt getroffen hat und nicht müde wirkt. Zum anderen aber - und das ist viel wichtiger: Weil ich nicht glaube, dass Hinterseer als Einwechselspieler so den Unterschied machen kann wie es der Finne kann - und ja auch schon bewiesen hat.

Soll heißen, mit Hinterseer zu Beginn hat Hecking doppelt Chancen: Hinterseer kann funktionieren - dann ist es gut. Und wenn nicht, hat er immer noch einen Einwechselspieler, der seine Jokerqualitäten bewiesen hat. Zudem stößt er mit dieser Lösung niemanden unnötig vor den Kopf. Meine Aufstellung heute wäre: Heuer Fernandes - Beyer, Letschert, van Drongelen, Leibold - Jung - Dudziak, Schaub - Harnik, Hinterseer, Jatta. Oder was meint Ihr? Wie würdet Ihr in Hannover beginnen?

 

In diesem Sinne, anbei noch einmal der Hinweis auf den sehr netten Gastbeitrag unseres Blogfreundes Dennis Draber, der im Vorblog einmal anschaulich beschrieben hat, wie die Stimmung in Hannover ist und wie man dort über den HSV denkt und spricht. Ich melde mich dann morgen wieder bei Euch. Zuerst um 7.30 Uhr mit dem MorningCall, ab 12.30 Uhr mit der Pressekonferenz vor dem Spiel und am Abend mit unserem Vorbericht auf das kleine Nordderby - auch wenn es Rick van Drongelen nicht als Derby anerkennen will…

Bis dahin! Scholle

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