Marcus Scholz

22. April 2020

Heute durfte er endlich wieder ran. Und die Freude darüber konnten ihm auch alle Corona bedingten Einschränkungen nicht nehmen. Im Gegenteil: „Es war ein sehr gutes Gefühl, mit der Mannschaft zu trainieren. Auch wenn es nur ein teil der Mannschaft war. Es hat einfach Spaß gemacht, auch wenn ich gemerkt habe, dass noch etwas Luft, dass noch etwas Kondition fehlt. Aber das ist völlig normal mach der Pause“, so Jeremy Dudziak heute nach der ersten Einheit für ihn. Wobei die Freude über die Rückkehr des HSV-Mittelfeldspielers längst nicht allein bei Dudziak liegt. Ganz im Gegenteil.

Der Mittelfeldspieler, der wegen eines Innenbandrisses im Knie aus dem Spiel gegen Hannover 96 seit dem 15. Februar pausieren musste, ist einer der wichtigsten Spieler des HSV. Behaupte ich. Und das wird von der Statistik gestützt. Auch Trainer Dieter Hecking darf einmal tief durchatmen: „Jerry hat eine enorme Wichtigkeit für unser Spiel erlangt, er macht es richtig gut. Wir freuen uns, dass Jerry die Spiel-Pause durch Corona für die Genesung nutzen konnte. Er wird immer mehr zum Leistungsträger in unserem Team“, so der HSV-Coach zuletzt in der BILD. Es sei einer der wenigen positiven Aspekte der Zwangspause für den HSV. Hecking weiter: „Mit seiner guten Art kommt er in der Mannschaft und beim Trainer-Team gut an. Er ist ein sehr wertvoller Spieler für uns.“

Von Klopp entdeckt, beim HSV wieder erstarkt

Stimmt. Vor allem auch sportlich. Ohne den einst in Dortmund von Jürgen Klopp entdeckten und zum Profi beförderten Mittelfeldmann hatte der HSV in den letzten drei Saisonspielen zwei Niederlagen verkraften müssen. Insgesamt war Dudziak bei drei der fünf Saisonniederlagen nicht dabei. Zumindest fast - denn gegen St. Pauli war er im Hinspiel erst sehr spät eingewechselt worden und stand nur zehn Minuten auf dem Platz. Dabei konnte er am 0:2-Rückstand zwar nichts mehr ändern, aber das Spiel gewann mit ihm auch damals an Qualität. Denn Dudziak verkörpert etwas, was Aaron Hunt und Co. schlichtweg nicht haben: Der 24-Jährige verfügt über Defensivstärke und ist parallel dazu immer in der Lage, das eigene Offensivspiel mitzugestalten. Er ist antrittsstark und technisch so versiert, dass er jederzeit variabel vom Ballschlepper zum Zehner mutieren kann. Er pendelt zwischen der Sechs und der Zehn - und ist deshalb fast logisch ein typischer Achter…

 

Besonders leistungssteigernd bei dem Tunesier ist, dass er unter Hecking immer wieder auf der gleichen Position spielen darf. „Es ist eine große Stütze, dass ich mich auf eine Position konzentrieren kann“, so Dudziak zuletzt. Zuvor hatte er beim FC St. Pauli immer wieder auch als Außenverteidiger spielen müssen. Das hat ihn defensiv zweifellos geschult - aber eben auch frustriert. Am Millerntor fand Dudziak nie zu der Form, die er jetzt beim HSV zeigt. „Ich spiele, wo der Trainer mich hinstellt“, so Dudziak bei seinem Wechsel zum HSV im Sommer, „aber ich bin froh, dass mich die Verantwortlichen im Zentrum sehen. Dafür wurde ich geholt. Da fühle ich mich auch am besten aufgehoben.“

Und dort spielt er auch. Sehr gut sogar, wie ich von Anfang an schon fand. Vor sechs Monaten habe ich geschrieben:

Jeremy Dudziak…hat mich bislang in jedem seiner Spiele überzeugt. Anfänglich immer bis zur 60. oder 70. Minute. Also, bis er müder wurde. Zuletzt in Bielefeld war Dudziak dagegen bis zum Schluss ein Aktivposten und übernahm einen großen Teil der Aufgabe von Adrian Fein, der von den Bielefeldern mit aller Härte bearbeitet und weitestgehend aus dem Spiel genommen wurde. Dudziaks große Qualität ist, das Tempo über das Mittelfeldzentrum in den Angriff rüberzuretten. Er geht oft und erfolgreich ins Eins-gegen-Eins, er liebt Tempodribblings - und er hat damit genau die Qualität, die dem HSV in der vergangenen Saison oft fehlte. Zu oft fehlte. Kurzum: Über das Mittelfeldzentrum kann man sich beim HSV in dieser Saison am allerwenigsten beschweren. Hier werden Spiele gestaltet, verwaltet - und durch Kittel immer wieder auch entscheiden.

Und so ist es auch heute noch. Zumindest sehe ich das noch immer so. Wobei Dudziak’s Qualitäten nicht nur auf dem Platz zu erkennen sind, wenn er spielt. Fast noch deutlicher wird es, wenn der 24-Jährige nicht auf dem Platz steht. Vor allem dann wird schnell deutlich, wie wichtig Dudziak für den HSV schon ist, denn dann fehlen dem HSV Kreativität und Handlungsschnelligkeit im Mittelfeld. In diesem Phasen hat es der Gegner zumeist leichter, sich mit einer simpel tief stehenden Abwehr gegen den HSV zu wehren.

Dudziak 's Qualitäten sind ansonsten rar beim HSV

Außer Sonny Kittel, der sich auf der Außenbahn wohler fühlt, und Winterzugang Louis Schaub gibt es in dieser Mannschaft kaum einen Spieler, der so stark im Offensivdribbling ist wie Dudziak. Seine Dribblings sorgen immer wieder für Überzahlsituationen und Raumgewinne. Und die fehlen fast immer, wenn er nicht spielt. Aaron Hunt, der immer wieder auf die Zehn gezogen wurde, konnte Dudziak ebenso wenig ersetzen wie David Kinsombi, der bislang seiner eigenen Form hinterherläuft. Und während Kinsombi zwar torgefährlicher (Dudziak’s größtes Manko) ist, fehlt(e) Hunt und Kinsombi das Tempo, um als Schnittstelle zwischen Defensive und Offensive zu agieren.

Erst Winterzugang Schaub, der allerdings fast ausschließlich offensiv eingesetzt wird, brachte Schwung ins Offensivspiel. Zunächst zusammen mit Dudziak vor dem dann einzelnen Sechser Adrian Fein (oder Gideon Jung) - zuletzt gegen Regensburg im rechten Mittelfeld. Ich werde oft gefragt, wen ich von den Dreien spielen lassen würde? Dudziak. Zusammen mit Schaub. Vor allem auch, weil der Vertrag von Hunt ausläuft und die Zeichen der Zeit immer mehr auf Trennung deuten.  Ich würde Dudziak definitiv bevorzugt weiter aufbauen. Sollte er bis zum geplanten Wiederbeginn der Saison Anfang Mai gesund bleiben, würde er bei mir gesetzt sein. Offen ist für mich nur, ob das letztlich auch im falle des Aufstieges so ausreicht. Denn während man als spielstarke Mannschaft wie der HSV in der zweiten Liga sicher mit einem robusten Sechser hinter drei so verspielt-kreativen Spielern wie Kittel, Schaub und Dudziak bestehen kann, dürfte das in der ersten Liga schwerer werden.

Morgen tagt die DFL - Trainingsstart 27. April?

Aber bis zum Aufstieg ist es noch ein langer Weg, der erst einmal gegangen werden muss. Ob der tatsächlich wie erhofft im Mai fortgesetzt werden kann, soll sich maßgeblich auch morgen auf der DFL-Tagung aller 36 Profiklubs entscheiden. Dort soll dann auch besprochen werden, ob und inwieweit Lockerungen bei der Trainingsgestaltung sinnvoll sind. Die hatte die DFL vor einigen Wochen als notwendig erachtet, um den Spielbetrieb überhaupt wieder aufnehmen zu können. 14 Tage, so war der Plan, sollten alle Mannschaften unter Wettkampfbedingungen (also ohne Sicherheitsvorkehrungen auf dem Platz)  trainieren dürfen. Aktuell hoffen alle Beteiligten, dass es am 27. April soweit ist. Und auch die DFL, die ein 41 Seiten umfassendes Sicherheitskonzept ausgearbeitet hat, soll das dem Vernehmen nach morgen so empfehlen. Letztlich aber ist das wiederum Sache der Bundesländer.  Wir dürfen also gespannt bleiben.

 

In diesem Sinne, bis morgen! Da melde ich mich um 7.30 Uhr wie gewohnt zum MorningCall und bin am Abend dann wieder bereit für die große Revanche. 20 Fragen zum HSV gegen Euch als Community! Letztes Mal habe ich 17 zu 18 vergeigt. Und ich werde alles daran setzen, diese Scharte morgen auszuwetzen!  Von daher: Ich freu mich auf Euch!

Bleibt gesund, habt einen schönen, gesunden Abend - und bis morgen!
Scholle

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