Marcus Scholz

10. Mai 2020

Wir liegen hier im Blog thematisch exakt auf Kurs, das darf man angesichts der letzten Tage und Wochen so festhalten. Sowohl im Blog selbst als auch im Chat darunter wird seit Wochen sehr viel über die Sinnhaftigkeit der Saisonfortsetzung diskutiert. Vor allem aber beschäftigt uns hier der Gedanke an die Zeit danach. Und jetzt nimmt diese durch die Corona-Krise noch einmal verschärfte Diskussion über die Einführung von Gehaltsobergrenzen weiter an Fahrt auf. „Ich bin dafür, das zumindest zu versuchen“, sagte DFL-Geschäftsführer Christian Seifert am Sonnabend im „Aktuellen Sportstudio“ über die Einführung einer Gehaltsobergrenze. Und der Manager ging sogar noch weiter: Solche Grenzen könnten sich nicht nur auf die teils exorbitanten Spielergehälter, sondern auch auf Beraterhonorare und Ablösesummen beziehen.

Klar, das müssten sie sogar. Denn es ist niemandem geholfen, wenn man links den faulen Apfel aus dem Korb nimmt, aber auf der anderen Seite die faule Banane im Korb belässt. Nein, wenn schon, dann in Gänze ausmisten. „Das müsste aber mindestens europaweit eingeführt werden, sonst wäre es für den deutschen Fußball nicht mal ansatzweise sinnvoll", sagte  Manager Horst Heldt vom 1. FC Köln dem „Weser-Kurier" und fügte dabei hinzu: „Bevor wir also darüber nachdenken, wie sinnvoll das wäre, müsste das EU-Parlament den Rahmen dafür schaffen. Denn wenn man das nur in Deutschland einführt, müsste sich jeder im Klaren darüber sein, dass Lewandowski dann nicht mehr bei Bayern spielt. Und jeder BVB-Fan müsste wissen, dass Haaland dann nicht nach Dortmund gewechselt wäre.“ Laut Heldt brauche es „mindestens eine europäische, wenn nicht sogar eine globale Lösung“. Als hätte er den Blog gelesen….

Bundesliga diskutiert Gehaltsobergrenze

Aber im Ernst: Heldt sieht es wie die allermeisten. Auch wie viele von Euch und ich hier. Das Problem ist dabei, dass es nur die allerwenigsten laut sagen und noch weniger die Umsetzung angehen, weil man mit einer solchen Lösung einen Großteil des Selbstbedienungsladens Profifußball schließen würde. Dass Seifert so redet ist das eine. Die Umsetzung ist etwas ganz anderes. Trotzdem war das gestrige Seifert-Interview im Sportstudio aus meiner Sicht sehr interessant. Immerhin kündigte Seifert den Versuch einer grundsätzlichen Veränderung an: „Ich habe darüber selber mit dem UEFA-Präsidenten Aleksander Ceferin gesprochen, dass das sicherlich Gespräche sein werden. Die wird man führen müssen", sagte der DFL-Che, der selbst sehr motiviert sei, das Thema im europäischen Kontext anzugehen.

 

Das Interview mit DFL-Geschäftsführer Christian Seifert im Sportstudio

Die Frage hierbei ist und bleibt natürlich die Umsetzbarkeit. Ich hatte es gestern im Blog zum wiederholten Male geschrieben: Der Gedanke der finanziellen Abriegelungen ist ebenso wünschenswert wie aktuell nicht umzusetzen. Aber: Aufgeben ist nicht. Daher mache längst nicht nur ich mir Gedanken über eine mögliche Lösung. Hannovers Mehrheitsgesellschafter Martin Kind könnte sich eine Lösung, in der die Löhne in Relation zum Umsatz der Clubs gesetzt werden, vorstellen. Und das sagt er seit geraumer Zeit auch laut. Demnach sollten Vereine nur noch einen festgelegten Anteil ihres Etats ins Team investieren dürfen. Damit würde man auch die zunehmenden Überschuldungen der Profiklubs eindämmen - und auf lange Sicht sogar bei entsprechender Kontrolle verhindern können. Aber wie gesagt: Sowas funktioniert nur, wenn es überall gelebt wird. Ansonsten bliebe der überteuerte, maßlose und korrupte Markt bestehen und würde sich nur geografisch verschieben.

Dynamo Dresden als letzter Warnschuss

Aktuell gibt es bei der Saisonfortsetzung eh andere Probleme. Aus Dresden kam gestern die Nachricht, dass es zwei weitere positive Corona-Tests bei Dynamo Dresden gegeben habe, woraufhin das örtliche Gesundheitsamt der gesamten Mannschaft 14 Tage häusliche Quarantäne verordnete. Ein bitterer Rückschlag für die ganze Liga. Oder? Nicht ganz. Denn einige befürchten, dass es nur der Anfang einer Welle von weiteren Fällen sei, die nicht ganz zufällig von Mannschaften kommen  würden, die wie Dresden von einem Saisonabbruch profitieren würden. Eine unbelegte These, die die Dresdner selbstredend abstreiten. „Wir haben in den zurückliegenden Wochen sowohl personell als auch logistisch einen enormen Aufwand betrieben, um alle vorgeschriebenen medizinischen und hygienischen Maßnahmen strikt umzusetzen. Wir stehen im Austausch mit dem zuständigen Gesundheitsamt und der DFL, um alle weiteren Schritte abzustimmen. Fakt ist, dass wir in den kommenden 14 Tagen weder trainieren noch am Spielbetrieb teilnehmen können“, erklärte Dynamos Sportgeschäftsführer Ralf Minge in der Pressemitteilung der Sachsen, in der auch bekannt gemacht wurde, dass der Zweitligist mindestens am ersten Spieltag der Saisonfortsetzung bei Hannover 96 nicht teilnehmen könne.

 

Einen Rückschlag gestanden die Verantwortlichen hier zwar ein, einen Tiefschlag wollte aber niemand daraus ableiten. Geschweige denn ein Indiz für das Scheitern der Wiederaufnahme sehen. Schon gar nicht „Mr. Zweckoptimismus“ selbst, Christian Seifert: „Mir war völlig klar, dass das jederzeit passieren kann. Wir stehen am Anfang des Wiedereintritts. Wenn Dresden 14 Tage in Quarantäne geht, ist das kein Grund, die gesamte Saison infrage zu stellen." Dresden dürfe allerdings als Blaupause gelten, sagte Seifert und gab zu, dass ab jetzt nicht mehr viel passieren darf: „Es gibt eine Größe, da ist es nicht mehr machbar. Das hängt immer davon ab, wie viel Zeit man noch hätte, um die Saison zu Ende zu spielen.“ Das Auswärtsspiel Dynamo Dresdens in Hannover würde definitiv nicht stattfinden, sogar die Partie in der Woche darauf gegen Greuther Fürth muss verlegt werden.

HSV in Herzogenaurach in Mannschaftsquarantäne

Aber die Frage bleibt: Was passiert, wenn sich diese Szenarien häufen? Zuletzt hatte es zwar geheißen, dass bei den Mannschaften flächendeckend Tests gemacht und immer nur die Erkrankten in Quarantäne müssten. Jetzt aber kommt es anders. Und jeder weitere positive Test könnte die Fortführung des Spielbetriebs ernsthaft gefährden, falls die gesamte Mannschaft anschließend in Quarantäne muss. Denn es obliegt nicht der DFL, sondern dem jeweiligen Gesundheitsamt, dies zu entscheiden. Das weiß auch Seifert. Insofern balanciert der deutsche Fußball nicht nur finanziell und gesellschaftlich, sondern „konsequenterweise" nun auch sportlich mit der Saisonfortsetzung auf einem extrem schmalen Grat. Und ich behaupte, dass wir die Uhr danach stellen können, wann die ersten Gerüchte aufkommen, dass dieser oder jener Verein in Nöten darauf aus sein soll, die Saison per Mannschaftsquarantäne abbrechen zu lassen…

 

Voll auf Fortsetzung gepolt ist indes der HSV, für den es morgen Abend per Flieger Richtung Fürth geht. Genauer gesagt nach Herzogenaurach ins Hotel HerzogsPark. Dort will sich die Mannschaft in einer Art Quarantäne-Trainingslager auf das Spiel am Sonntag (13.30 Uhr) im Sportpark Ronhof bei der SpVgg Greuther Fürth vorbereiten. Der nächste Corona-Test wird demnach noch in Hamburg vorgenommen. Den letzten Test machen Spieler und Staff dann gegen Ende der Woche in Herzogenaurach, wobei die Ergebnisse selbiger anschließend im Labor in Geesthacht ausgewertet werden. Hoffen wir mal, dass es weiterhin bei negativen Testergebnissen bleibt. Parallel zu den Profis in Bayern wird sich in Hamburg weiterhin eine siebenköpfige „Trainingsgruppe 4“ bereithalten. Aber dazu morgen mehr.

Ich wünsche Euch allen jetzt erst einmal einen richtig schönen Restsonntag. Bis morgen, wo ich mich pünktlich zum Frühstück um 7.30 Uhr mit dem MorningCall bei Euch melde. Bleibt gesund!

Scholle

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