Marcus Scholz

13. Mai 2018

Unter diesen Umständen schaut man den letzten Spieltag der Zweiten Liga natürlich noch mal anders. Denn nachdem ich mich in den letzten Wochen schon so viel für die Zweite Liga interessiert habe, wie nie zuvor, war es heute noch mal gesteigert. Auch, weil der Abstiegskampf dort noch mal spannender war als der in der Ersten Liga. Und auch heute hat es die Mannschaft nicht geschafft, für die ich die Daumen gedrückt habe. Sang- und klanglos wurde bei Holstein Kiel mit 6:2 verloren. Ein Abgang für Trainer Lieberknecht, den er so sicher nicht verdient hat. Und uns entgeht damit ein zumindest nominell interessantes Duell mit Eintracht Braunschweig, denn die Niedersachsen steigen ebenso wie Kaiserslautern direkt in die Dritte Liga ab. Erzgebirge Aue muss in die Relegation gegen den Karlsruher SC.

Bitter ist es eh. Alles. So ein Abstieg fühlt sich auch am Tag danach noch richtig bescheiden an. Man müsse jetzt zusehen, die neue Situation anzunehmen, mahnte Bernd Hoffmann heute. Und natürlich hat er damit Recht. „Es sind jetzt knapp drei Monate Zeit, die wir uns nehmen werden, um den Klub inhaltlich, personell und sportlich so aufzustellen, dass wir da wettbewerbsfähig sind.“ Der Aufsichtsratsboss und Präsident des HSV e.V. wirkte gefasst. Enttäuscht, aber nicht niedergeschlagen, „dafür wurden wir auch zu lang auf ein derartiges Szenario eingestimmt“, so Hoffmann heute, ehe er deutlich machte, dass es jetzt darum ginge, sofort anzupacken, neu zu planen – und vor allem darum, die entscheidenden Positionen zu besetzen. Und nachdem klar ist, dass Christian Titz Cheftrainer bleiben wird, geht es natürlich vor allem darum, den Posten des Vorstandes Sport zu besetzen. „Christian Titz hat das exzellent gemacht. Er hat eine Spielidee vermittelt, die nicht nur die Mannschaft sondern das gesamte Umfeld, die gesamten Fans erreicht hat. Das hat uns positiv gestimmt, dass es die exakt richtige Entscheidung ist.“ Ob er Bedenken habe, weil der neue Sportchef bzw. Vorstand Sport andere Ideen haben könne? „Nein“, so Hoffmann, „denn das könne nur der Fall sein, wenn der Neue unvorbereitet wäre.“

Soll heißen: Der Kandidat ist bereits in die Entscheidung eingeweiht gewesen. Und nach Boldt und Schröder scheint aktuell der Kieler Manager Ralf Becker ein heißer Kandidat zu sein. Trotz der Möglichkeiten, mit Holstein Kiel in der Relegation den Erstligaaufstieg zu schaffen. Nun denn, ich kenne Becker nicht. Aber der Geschäftsführer Sport gilt in Kiel als Perfektionist. Ob es vielleicht auch eine interne Lösung geben könne, wollte Hoffmann nicht konkret beantworten. „Ich werde den Gesprächen im Aufsichtsrat nicht vorgreifen“, so Hoffmann, der aber durchblicken ließ, dass es eher nicht Bernhard Peters werden wird.

Der Direktor Sport, der sich für diesen Posten in einem viel beachteten Abendblatt-Interview selbst vorgeschlagen hatte. Ein Vorstoß, der beim Aufsichtsrat Wirkung hinterlassen hat. Und zwar keine positive. Ob dieser Vorstoß „Es ist sein gutes Recht, seine Ambitionen intern zu äußern“, sagte Hoffmann, wissend, dass Pers sein Ambitionen eben gerade nicht intern sondern öffentlich geäußert hatte. Also so, wie man es nicht duldet? „Ich meine es so, wie ich es gesagt habe.“

Noch deutlicher wurde Hoffmann, als er auf die Randalierenden Fans angesprochen wurde. Hier haben wir es mit vielleicht 100 Chaoten zu tun und ich fand es einen wichtigen, bemerkenswerten Schritt, dass die gestern isoliert worden sind. Das war das erste Mal, dass diese Gruppe isoliert wurde. Der nächste Schritt ist die Identifikation und der dritte dann der Rausschmiss. Sowas wollen wir hier nie wieder sehen. Da kann es aus meiner Sicht keine Alternative geben. Da sind wir als Klub in Zusammenarbeit mit den Behörden gefragt. Kompromisse kann es hier nicht geben.“ Man werde im Sommer in die Diskussion mit den Fanklubs (beteiligt gewesen sein sollen gestern Mitglieder der Fanklubs „Poptown“, „Clique du Nord“ und „Castaways“) treten, um derlei Vorfälle in Zukunft zu vermeiden. Ob der HSV diese Fanklubs noch braucht? Hoffmann: „Wir wollen Emotionen. Aber diese Hundert von gestern braucht kein Mensch.“

Aus Gründen:

Ob und inwieweit der HSV Kühne brauchen wird, bleibt zunächst offen. Unter der Woche hatten sich Kühne und Hoffmann getroffen. „Fakt ist, dass Herr Kühne auch in der Zweiten Liga Gesellschafter ist der HSV Fußball AG. Fakt ist auch, dass Herr Kühne auch in der Zweiten Liga ein riesiger HSV-Fan bleiben wird. Inwieweit das zu Zusammenarbeiten über seinen Aktionärsstatus hinaus führen wird, das wissen wir nicht. Und das unterstellen wir auch zum jetzigen Zeitpunkt nicht.“ Fakt ist aber, dass sich Kühne und Hoffmann sehr regelmäßig austauschen. Und das ist gut.

Ebenfalls im engen Austausch stehen derzeit Johannes Spors und Trainer Titz, die den Kader derzeit noch ohne den neuen Vorstand Sport planen. Gotoku Sakai hat bereits einen neuen Vertrag vorliegen und sagte gestern selbst, dass er bleiben wolle. Ebenso ließ Papadopoulos durchblicken, dass er sich einen Verbleib vorstellen kann. Sie genau es weitergehen wird, wollte Hofmann heute nicht beantworten. Es sei aber klar, dass nicht der Kader zur Hälfte schon zusammengestellt sein wird, bevor der neue Vorstand Sport installiert ist.

Der HSV hat insgesamt keine gesunde Struktur. Ansonsten hätten wir uns nicht mit diesen unglaublichen Fans in dieser Stad in diese Situation manövriert. Das muss man so sagen und intern analysieren und die richtigen Entscheidungen treffen.“ Wo angesetzt wird? „Der Erfolg eines Fußballklubs hat immer damit zu tun, dass er in allen relevanten Positionen top besetzt ist. Und natürlich müssen wir uns die Frage stellen, ob wir da top besetzt sind und ob wir den Ansprüchen genügen.“ Man sei auf einem guten Weg – aber noch lange nicht am Ziel: „Wir haben da intern schon die ersten Schritte gemacht. Wir haben gute Strukturen geschaffen, exzellente Infrastruktur. Und dennoch ist die Tatsache, dass Herr Titz hier seit drei Jahren im Verein ist und erst vor acht Wochen erwägt wurde, ihn zum Cheftrainer zu machen, ist eben auch ein Beleg dafür, dass an einzelnen Stellen Höchstleistungen erbracht werden, die nicht bis an die entscheidenden Stellen weitergetragen werden.“

Und so bescheiden die Situation auch ist, es klingt alles erst einmal sehr vernünftig. Und deshalb bleibt die Hoffnung, dass dieser Abstieg dazu genutzt wird, sich einmal komplett neu und gesund aufzustellen.

In diesem Sinne, bis morgen.

Scholle

 

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