Marcus Scholz

24. Januar 2018

Viel zu erkennen war noch nicht. Zumindest nicht, was eine mögliche Aufstellung für das erste Spiel unter Bernd Hollerbach am Sonnabend in Leipzig betrifft. Im Training heute, das ohne härtere Lauf- oder Krafteinheit auskam, wechselte Hollerbach munter durch. Insbesondere in der Defensive durfte jeder mal mit jedem spielen. Einzige Konstante: Die Dreierkette. Offenbar plant der neue HSV-Trainer die Dreierkette spielen zu lassen, bei der die beiden Außenverteidiger in Ballbesitz offensiv vor den drei Verteidigern agieren und defensiv aus der Dreier- eine Fünferkette machen. Einziger gesetzter Profi scheint hierbei Kyriakos Papadopoulos zu sein, während Hollerbach auffällig viel mit Rick van Drongelen und den beiden Torhütern sprach. Insgesamt machte Hollerbach heute das, was eigentlich jeder Trainer zu Beginn seiner Amtszeit macht: ER sprach mit seinen Spielern. Oft in großer Runde, aber auch parallel immer wieder unter vier Augen. Ergo: Alles so, wie es sein soll.

Allerdings musste Hollerbach heute seinen ersten Trainingsausfall hinnehmen: Aaron Hunt brach die Einheit nach knapp 45 Minuten mit Knieproblemen ab. Ob sein Einsatz am Sonnabend gefährdet ist? Eher nicht. Hunt beendete die Einheit wegen eines heftigeren „Pferdekusses“, soll aber morgen wieder dabei sein können. Ein wenig unklarer ist indes, ob Walace in Leipzig, wo er in der Vorsaison eines seiner besten Spiele für den HSV absolvierte, wieder mit von der Partie ist. Wenn ich es nach den Eindrücken aus dem Training beurteilen sollte, würde ich die Frage heute mit einem ganz deutlichen JA beantworten. Und das nicht nur, weil der HSV dem Brasilianer mitgeteilt hat, dass er bleiben muss und wird. Auch die Tatsache, dass Walace dem HSV versprochen hat, sich voll motiviert in den Abstiegskampf zu werfen, ist nicht der Grund. Vielmehr war es der Umgang von Hollerbach mit dem Mittelfeldspieler, der lieber gestern als heute zu seiner schwangeren Frau nach Brasilien zurückfliegen würde. Denn fast egal, was Walace anstellte, Hollerbach lobte ihn lautstark. Es ist augenscheinlich, dass Hollerbach sich Mühe gibt, den Brasilianer wieder für den HSV zu aktivieren. Und das gefiel auch Walace, der wieder voll mitzog.

„Walace hat uns zugesichert, voll motiviert im Abstiegskampf helfen zu wollen“, sagte Sportchef Todt heute nach dem Gespräch zwischen ihm, dem Mittelfeldmann, dessen Berater Rogério Braun und Hollerbach. Unmittelbar vor der Geburt seines zweiten Kindes in wenigen Wochen soll Walace zugesichert worden sein, nach Brasilien fliegen zu dürfen. Parallel zu dieser erst einmal positiv zu bewertenden Personalie, scheint sich die Verpflichtung von Dominik Kaiser wie gestern schon geschrieben, zerschlagen zu haben. Hollerbach hat andere Namen auf dem Zettel, zudem soll es weiterhin primär um Offensivspieler gehen, die gesucht werden.

„Wir brauchen Torschüsse, zieht ab da“, schrie Hollerbach heute bei der taktischen Übung immer wieder ungeduldig, wenn die HSV-Profis den Ball rund um den Sechzehner lieber wieder querpassten, als die Schusschance zu ergreifen. Bei der taktischen Übung, bei der aus der Dreierkette auf die hoch stehenden Außenverteidiger gespielt und dann schnell über die Außen nach vorn gespielt werden sollte, fielen allerdings nicht besonders viel Tore. Zwei, um genau zu sein. Auch deshalb genießt die Suche nach Offensivspielern – am besten wäre ein kreativer und ebenso torgefährlicher offensiver Mittelfeldspieler – weiter Priorität.

Die Frage wird sein, inwieweit der HSV noch einmal auf die Unterstützung von außen, also von Klaus Michael Kühne hoffen darf. Ich hatte es gestern schon angedeutet. Und offenbar soll es über das Wochenende noch einmal einen regen Austausch geben zwischen Hollerbach und Todt auf der einen und Kühne (sicherlich dann inklusive Berater Volker Struth) geben, wie die Marschroute für die dann letzten drei Tage der Transferphase sein wird. Und das unabhängig vom Ergebnis in Leipzig. Insofern bleibt mir ein kleiner Funken Hoffnung, dass wenigsten ein Teil der bisherigen Versäumnisse in der Kaderplanung korrigiert werden könnten.

Eine interne Korrektur seiner Situation erwünscht sich auch Lewis Holtby, dessen Einsatz von Beginn an am Sonnabend gegen Köln mehr als überraschend kam. Vorsichtig formuliert. Denn Holtby galt als größter Kritiker von Trainer Markus Gisdol, der den Linksfuß daraufhin fast komplett aus dem Kader gestrichen hatte. Zumindest aber hatte man Top-Verdiener Holtby auch für diesen Winter wieder nahegelegt, sich nach einem neuen Verein umzuschauen. Zum eine, um die mit 3,4 Millionen Euro im Jahr teuren Gehaltskosten einzusparen. Zum anderen aber auch, da Gisdol deutlich gemacht hatte, nicht mehr mit Holtby planen zu wollen.

Allein es kam anders. Holtby blieb – und Gisdol musste gehen. Und jetzt scheint Mr. 1000-Volt unter dem neuen Trainer Bernd Hollerbach seine Chance zu sehen und sie unbedingt nutzen zu wollen. Auffällig gut gelaunt und spielfreudig präsentiert sich Holtby derzeit im Training. Er ist fast immer erster auf dem Platz und ackert unermüdlich. Und ehrlich gesagt ist das, was Holtby dazu spielerisch anbietet, auch echt in Ordnung. Abgesehen von seinen inflationären Hacken-Pässen. Ich bin gespannt, ob Hollerbach den lauffreudigen, zuletzt aussortierten Mittelfeldspieler auch am Sonnabend in Leipzig bringt. Überraschen würde es mich zumindest Stand heute nicht.

In diesem Sinne, bis morgen. Da wird zwar wieder zweimal trainiert, einmal vor und einmal nach der Pressekonferenz, die ich Euch wieder auf unserer Facebookseite live streamen werde. Die Einheiten auf dem Platz werden dagegen leider unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Und ich melde mich dann am Abend wieder bei Euch.

Bis dahin!

Scholle

 

P.S.: Und nachdem gestern von Seniorenchef Peter Gottschalk gestern beantragt hatte, „daß AfD-Mitglieder oder gleichgesinnte Personen nicht Mitglied im Hamburger Sport-Verein e. V. werden oder der HSV Fußball AG angehören“ dürfen, hat Blog-User Holger Freydag heute den Gegenantrag gestellt. Sein Antrag anbei:

 

An den Vorstand des HSV.

 

Ich bin kein Jurist und nur einfaches HSV-Mitglied, kein Mitglied einer Partei und Mitglied eines weiteren Sportvereins auf dem Lande.

 

Ich beantrage den Antrag des Herrn Gottschalk bezüglich der Aufnahme von AFD Mitgliedern von der Tagesordnung zu streichen und erwarte von den Juristen des HSV das das geprüft wird.

Sollte der Antrag nicht fristgerecht eingereicht worden sein beantrage ich hilfsweise dies auf der JH vortragen zu dürfen.

 

Das "ausschliessen" von Menschen nach deren politischer Einstellung widerspricht dem Art. 3 Absatz 3 des GG.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Ausserdem stellt sich meiner Meinung nach Herr Gottschalk über das Bundesverfassungsgericht, denn nur dem ist vorbehalten über die verfassungsmässigkeit einer Partei zu entscheiden-

Siehe Art 21 des GG :

1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muß demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben.

(2) Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.

(3) Parteien, die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind von staatlicher Finanzierung ausgeschlossen. Wird der Ausschluss festgestellt, so entfällt auch eine steuerliche Begünstigung dieser Parteien und von Zuwendungen an diese Parteien.

(4) Über die Frage der Verfassungswidrigkeit nach Absatz 2 sowie über den Ausschluss von staatlicher Finanzierung nach Absatz 3 entscheidet das Bundesverfassungsgericht.

  1. Das Nähere regeln Bundesgesetze. Und so lange das Bundesverfassungsgericht die AFD, Mitglied des deutschen Bundestages, nicht für verfassungswidrig erklärt, steht das einem Verein nicht zu. Unabhängig davon stellt sich ja die Frage wie man mit den fast 80000 Mitgliedern im Verein umgehen will. Rein statistisch gesehen könnten 12, 6 % davon ja AFD Wähler gewesen sein. Was kommt dann als Nächstes ? Die Linksautonomen, Muslime die ja auch unsere Grundordnung nicht anerkennen ? Ich verabscheue jede Art von Volksverhetzung und jedes undemokratische Verhalten. Ausschlussmöglichkeiten von Mitgliedern die sich nicht mit den Zielen des HSV identifizieren ergeben sich aus der Satzung des HSV. Mit freundlichen Grüßen Holger Freydag

 

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