Nico Pommerenke

23. Juli 2018

Moin Moin, liebe Leser!

Nach einem erfolgreichen und arbeitsamen Wochenende hatte sich die Mannschaft heute einen freien Tag verdient. Im Volkspark wurde nicht trainiert, den herrlich sonnigen Tag über durften die Spieler ein wenig die Seele baumeln lassen. Das Blitzturnier in Meppen vom Wochenende wurde gewonnen, die Partien gegen Stoke City und den SV Meppen endeten jeweils mit 2:1 für das Team von Christian Titz. Und vielleicht am wichtigsten: Die Abteilung Attacke lieferte! Mit Pierre-Michel Lasogga, Manuel Wintzheimer und Jann-Fiete Arp trafen alle Stürmer, letzterer holte zudem den Freistoß raus, den Aaron Hunt als Rückkehrer nach seiner lästigen Adduktorenverletzung versenkte. Rundum gute Signale also aus der Offensive.

Doch auf diesem Mannschaftsteil liegt nun seit einigen Tagen schon nicht mehr das Augenmerk. Die Planungen im Angriff gelten mit der Vertragsverlängerung von Arp als abgeschlossen. Auch die Verpflichtung eines offensiven Mittelfeldspielers als Backup für Lewis Holtby und Kapitän Hunt ist aktuell vom Tisch. Der Grund: Das Problem liegt ganz klar in der Defensive.

Die Verwendung der Vokabel „Problem“ ist dabei auch keine Übertreibung. Spätestens seit der Meldung, bei der manche an eine Verwechslung oder einen Namensfehler glaubten, herrscht akuter Handlungsbedarf: Kyriakos Papadopoulos erlitt beim Training am Donnerstag einen traumatischen Knorpelschaden – eben die gleiche Diagnose, die der HSV am selben Tag zur Personalien Gideon Jung veröffentlichen musste. Jung wurde heute erfolgreich in Augsburg operiert. Bei beiden wird von einer Pause von mindestens sechs Monaten gesprochen. Verletzungen am Knorpel haben einen unschönen Ruf und gelten als kompliziert, manchmal sogar karrieregefährdend. Zur Information:

Der Knorpel bildet eine nur etwa zwei Millimeter dicke Gleitfläche auf den Oberseiten des Kniegelenks. Das Gewebe verfügt weder über Nerven noch Durchblutung, weshalb der Heilungsprozess noch um einiges komplizierter ist als beispielsweise bei Bänderverletzungen. Bei Jung und Papadopoulos wird von einem traumatischen Schaden gesprochen. Das Trauma kann hierbei ein Trainingsunfall sein, bei dem eine Verdrehung oder ein Schlag den Knorpel beschädigt. Das Knorpelgewebe wird vor allem bei Richtungswechseln und kurzen, schnellen Belastungsänderungen beansprucht, was neben beispielsweise dem Skifahren vor allem den Fußball zu einer anfälligen Sportart macht. Knorpel-Operationen sind kompliziert und die Erfolgsaussichten schwer vorherzusehen. Berühmtestes HSV-Opfer dieser Verletzung ist Karsten „Air“ Bäron, der seine Karriere nach zahlreichen OPs bereits mit 27 Jahren beenden musste.

Im Falle des heutigen Hamburger Kaders bedeutet dies: Mit beiden Verletzten kann nicht geplant werden – mindestens bis zum Winter, darüber hinaus ist die Einsatzfähigkeit je nach Heilungsprozess offen. Was den Fall Papadopoulos anbelangt, sorgt der lange Ausfall für eine ärgerliche und unbefriedigende Situation. Der Grieche wollte offenkundig weg, plante nicht in der zweiten Bundesliga zu spielen. Weil aber bisher ein passendes Angebot ausblieb und die Verletzung nun einen Strich durch jeden Plan der Verpflichtung des Griechen macht, bleibt der HSV auf dem Spieler und Teilen seines Gehalts sitzen. In der Vorwoche noch hatte Christian Titz als Voraussetzung für die Verpflichtung eines Jung-Ersatzes den Abgang von Papadopoulos genannt. Die Lage hat sich also nochmal deutlich verkompliziert, in der Abwehrzentrale gesetzt ist aktuell nur Rick van Drongelen. Daneben stehen zwar gleich drei Alternativen bereit. Deren Zweitligatauglichkeit muss aber (noch) in Frage gestellt werden:

David Bates, der 21-jährige Neuzugang von den Glasgow Rangers, verfügt zwar über ein überdurchschnittlich gutes Kopfballspiel und eine vorbildliche Einstellung. Allerdings hapert es beim Schotten noch etwas im Spielaufbau, das Passspiel ist stark ausbaufähig. Genau das verlangt aber die Spielweise von Christian Titz, vor allem nach dem Wegfall von Gideon Jung. Bates ist somit aktuell eher noch ein Mann für die zweite Reihe und in den Planungen Innenverteidiger Nummer drei.

Bei Stephan Ambrosius, der in der vergangenen Saison gegen den VfB Stuttgart schon eine Halbzeit Bundesligaluft schnuppern durfte, fehlt es noch eindeutig an Erfahrung. Zu hektisch und ungestüm verhält sich der flinke Teenager im Spiel gegen den Ball. Für ihn dürfte ein Stammplatz in der zweiten Liga zu früh kommen, auch wenn das Potential durchaus vorhanden ist.

Als Perspektivspieler kann noch Patric Pfeiffer genannt werden, der Teile der Vorbereitung allerdings bei der U21 absolviert hat. Der 1,95 m große Deutsch-Ghanaer wird in knapp einem Monat 19 und kann als Teil des Profikaders wertvolle Erfahrungen sammeln.

Diese Personalinventur zeigt: Der HSV verfügt zwar über junge Talente, muss aber akut handeln – und tut das auch in Person von Ralf Becker. Der Sportchef war gestern im Ausland unterwegs, um sich nach geeigneten Kandidaten umzuschauen. In dieser Transferperiode wird definitiv noch ein Verteidiger verpflichtet, der im Optimalfall über genug Erfahrung und die nötige Sicherheit im Spiel nach vorne verfügt. Auf dem Markt gibt es dabei einige interessante Spieler, die frei oder verfügbar wären. So wären unter anderem Philipp Wollscheid (vereinslos), Ermin Bicakcic (TSG 1899 Hoffenheim) oder auch Benedikt Höwedes (FC Schalke 04) zu haben. Letzterer kickte vor über zehn Jahren im Nachwuchs und der zweiten Mannschaft von S04 gemeinsam mit André Kilian, der seit Sommer als Co-Trainer von Christian Titz arbeitet. Allerdings gibt es zwei Hindernisse bei derartigen Spekulationen: einerseits den Preis, der sich aus einer Ablösesumme und den Gehaltsvorstellungen zusammensetzt, andererseits das Hindernis zweite Liga. Der klamme HSV muss den Gehaltsetat möglichst klein halten. Zudem kann die Idee eines Wechsels ins Unterhaus für einen 30-jährigen Weltmeister von 2014 oder einen gestandenen Bundesligaverteidiger abschreckende Wirkung haben.

Final sei gesagt: Es muss etwas getan werden, gegebenenfalls sogar ins erhöhte finanzielle Risiko gegangen werden. Eine wackelige Defensive kann schnell zu sportlichem Misserfolg und dieser schnell zu unnötiger Unruhe führen. Das zarte Gebilde des neuen HSV vor der ersten Zweitligasaison der Vereinsgeschichte kann derartige Störfaktoren überhaupt nicht gebrauchen. Als gutes Beispiel kann hier Hannover 96 im Jahr 2016 genannt werden. Als frischer Bundesligaabsteiger lebte Hannover tendenziell ein Stück weit über den wirtschaftlichen Verhältnissen, investierte in vergleichsweise teure Spieler wie Martin Harnik. In vielen Interviews und Gesprächen unterstrich Klubboss Martin Kind damals, der direkte Wiederaufstieg sei alternativlos. Dieser Ausgangslage sieht sich nun auch der HSV ausgesetzt.

 

Soweit die aktuelle Situation in der Defensive. Eine aktuell etwas ernstere und wichtigere Thematik stellt jedoch der Gesundheitszustand von Mittelfeld-Talent Aaron Opoku dar. Der 19-Jährige war am Wochenende wegen eines Spannungspneumothoraxes notoperiert worden. Es gehe ihm den Umständen entsprechend gut, so der Verein gestern auf Twitter. Wir wünschen an dieser Stelle noch einmal gute und schnelle Genesung.

 

Bis dahin.

Nico

FAQs

 
 

Über uns

Die Rautenperle - das ist ein Team aus jungen Medienschaffenden und Sportjournalisten mit großer Affinität zum HSV. Wir sind 24/7 bei den Rothosen am Ball und produzieren frischen Content für Rautenliebhaber.

Unser Ziel ist es, moderne, unabhängige Berichterstattung und attraktiven, journalistischen Content für junge und jung gebliebene HSV-Anhänger zu bieten. Wichtig ist uns dabei, eine neue Art des Sportjournalismus zu präsentieren: dynamisch, zeitgemäß, zielgruppengerecht. Weg von verstaubten Zeitungsspalten und immergleichen Phrasen.

Die Rautenperle ist aber nicht nur ein Ort, um sich zu informieren, sondern soll auch immer ein Ort des Austausches und des Miteinanders sein. Wir wollen eurer Leidenschaft einen Platz im Netz bieten: zum Diskutieren, zum Mitfiebern, zum Mitmachen.