Marcus Scholz

19. Mai 2019

Was würde auf den Rängen passieren? Würde es Ausschreitungen geben? Oder ein Stimmungsboykott?  Letztlich nichts von alledem, weil der HSV das Spiel mit 3:0 ungefährdet und deutlich gewann. "Wir wollten noch einmal ein gutes Spiel machen. So war es trotz allem glücklicherweise ein relativ versöhnlicher Abschied vor einem fantastischen Publikum", so Hannes Wolf auf der abschließenden Pressekonferenz.

Es blieb vor allem aber auch deswegen ruhig bzw. positiv auf den Rängen, weil es schon nach 51 Sekunden stand. Oder besser: hatte es stehen müssen. Denn die Abseitsentscheidung von Schiedsrichter Rohde war meiner Meinung nach (genauer habe ich es aber selbst erst in der Wiederholung am TV gesehen) falsch. Fiete Arp und Josha Vagnoman spielten einen doppelten Doppelpass, Vagnoman am Ende dieser Kombination quer auf Manuel Wintzheimer und dieser musste nur noch einschieben, was er auch tat. Allein es zählte nicht. Aber es sorgte dafür, dass die Fans, die schon vor dem Spiel gewohnt erstklassig Stimmung gemacht hatten, dabei blieben. Und im Gegensatz zu den letzten Heimspielen legte der HSV diesmal nach und blieb dran.

Vor allem die linke Seite mit Santos und dem spritzigen, hochmotivierten Mats Köhlert, dessen Premiereneinsatz ein wenig an die ersten Spiele von Tatsuya Ito erinnerte, funktionierte. Einziger Unterschied der beiden kurz gewachsenen jungen HSV-Talente: Köhlert kann schießen und flanken. Und er harmonierte mit Santos. Letztgenannter dürfte heute wahrscheinlich zum letzten Mal in einem Pflichtspiel im Trikot des HSV aufgelaufen sein, Und er hatte sich einiges vorgenommen, wie es schien. Zumindest machte er anfänglich mit die meisten Meter, trieb das Spiel immer wieder an und bereitete mit einer Ecke das 1:0 vor. Nach einem geblockten Arp-Schuss gab es einen Eckball, den der Brasilianer gefühlvoll reinchippte. Leo Lacroix stieg am höchsten und traf in seinem ebenfalls voraussichtlich letzten Spiel für den HSV das erste Mal.

Und hätte er zwei Minuten später nach einem Santos-Eckball von der linken Seite etwas genauer gezielt - er hätte gar seinen zweiten Treffer erzielt. So aber stand es 1:0 nach 15 Minuten. Und dabei blieb es auch bis zur Halbzeit, weil auf der einen Seite MSV-Keeper Mesenhöler gegen Arp rettete und auf der anderen Seite Stoppelkamp einmal aus dem Abseits heraus traf (20.), und in der 27. Minute per Außenrist deutlich zu verziehen.

Besser machte es der HSV. Nach der Halbzeitpause in unveränderter FormationGerade einmal zwei Minuten nach Wiederanpfiff stand erst Vagnoman frei vor Mesenhöler und scheiterte am MSV-Keeper (zudem war es Abseits), während Wintzheimer es wieder nur zwei Mi Uten später besser macht. Nach einem Eckball kommt der Ball über Umwege und letztlich von einem Duisburger direkt vor seine Füße und der Angreifer muss den Ball aus wenigen Zentimetern Entfernung nur noch über die Linie drücken. Das 2:0 (49.) - und da Bochum zu diesem Zeitpunkt ebenfalls führte waren es plötzlich bei Punktgleichheit  nur noch 18 Tore Unterschied… Aber zurück in die Realität.

Denn die hatte die nächsten Treffer parat. Köhlert auf Wintzheimer und der visiert links im Strafraum das lange Eck an. Vom rechten Innenpfosten prallt die Kugel ins Tor (59.). Doch wieder ist die Fahne oben - und diesmal ist die Entscheidung korrekt. Anders in der 64. Minute, wo der heute stärker spielende Gideon Jung den Ball in Arms Lauf durchsteckt, dieser sich super durchsetzt, den Torwart rumkurvt und zum 3:0 einschiebt. Die Szene, die Mama Bianca auf der Tribüne hüpfen ließ, die Tom Mickel zu einem Sprint über den gesamten Platz animierte und die bei Arp selbst für Tränen sorgte.

Sein erster Saisontreffer in der Zweiten Liga in seinem letzten Spiel - und dann noch vor der Nordkurve. Viel mehr hätte sich Arp selbst nicht erträumen können für seinen Abschied. Denn obgleich es vom HSV noch nicht offiziell bestätigt ist, rechnen alle damit, dass Arp in diesem Sommer zum FC Bayern wechselt. Und dafür bekam er von den 51.147 Zuschauern - es wurden also doch ein paar tausend Tickets zurückgegeben und nicht nur ein paar hundert - den passenden Abschied. Etwas unpassender indes die Begrüßung von Gotoku Sakai kurz vor Schluss. Der Japaner wurde mit einem heftigen Pfeifkonzert begrüßt. Bitter für den ehemaligen Kapitän, der ja ebenfalls auf der Abgabeliste weit oben stehen soll.

 

Dennoch, insgesamt war der Abschied des enttäuschenden HSV  doch deutlich verträglicher als vorher angenommen wurde. Als Tabellenvierter mit einem Punkt Rückstand auf einen direkten Aufstiegsplatz verabschiedete sich vor allem auch Trainer Hannes Wolf, dessen Aus nach Saisonen ja am Freitag verkündet worden war und schon seit dem Ingolstadt-Spiel feststand. Der Trainer hatte zudem Pierre Michel Lasogga ins Spiel gebracht , der ebenfalls nicht bleiben wird und in der letzten Spielminute seinerseits die große Chance hatte, sich mit einem Treffer zu verabschieden. „Wir steigen ab und ihr nicht auf“, sangen die Duisburger mit einer Portion Selbstironie, während die Nordkurve „Mein Hamburg lieb’ ich sehr“ anstimmte. Untermalt mit schönem Sonnenschein feierte die Nordkurve die Mannschaft mit „Derbysieger, Derbysieger - hey, hey…!!. Und so war es ein Abschied, dem letztlich nur eines fehlte: Ein echter Grund zum Feiern.

In diesem Sinne, bis später. Dann mit der PK, einigen Stimmen zum Spiel und dem Blitzfazit.

Scholle

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