Marcus Scholz

18. November 2020

„Vierkampf um die Außenbahn“ heißt es heute. Sonny Kittel, Khaled Narey, Manuel Wintzheimer und der wieder gesunde und einsatzbereite Bakery Jatta würden sich um die zwei Positionen streiten. Und im Training soll sich das jetzt entscheiden. Heute bei einer Doppelschicht, am Donnerstag, Freitag und Sonnabend in jeweils noch einer Schicht pro Tag können die Offensivspieler bei Trainer Daniel Thioune um Einsatzzeiten werben. Wie alle anderen auf ihren jeweiligen Positionen auch – logisch. Aber im Gegensatz zu den anderen Positionen haben sich auf den Außenbahnen zuletzt keine klaren Favoriten herausgebildet. Im Gegenteil: Wintzheimer, der in den ersten Spielen überzeugte, schwächelte. Kittel fand irgendwie noch gar nicht wirklich statt und Narey erlebte nach einem kurzen  Zwischenhoch wieder einen Dämpfer.

 

Auch Bakery Jatta kommt nicht unvorbelastet aus seiner Verletzung zurück. Er bringt es erst auf 91 Minuten Spielzeit insgesamt. Zwei Kurzeinsätzen folgte ein Startelfeinsatz gegen Erzgebirge Aue, den Jatta sehr wohl für sich zu nutzen wusste. Allerdings verletzte er sich wie schon zu Saisonbeginn wieder und fiel aus. „Mit Baka habe ich wieder mehr Optionen, gerade was seine Schnelligkeit betrifft“, hatte HSV-Trainer Daniel Thioune gestern gesagt und sprach von einer insgesamt sehr schweren Entscheidung, die er zum Bochum-Spiel hin treffen müsse. Eine Schwierigkeit, die darauf beruht, die Qual der Wahl zu haben. Also eine, die jeder Trainer gern in Kauf nimmt.

Chaos-Stifter oder Techniker gegen Bochum?

Ich weiß, dass sich einige hier ihre Gedanken machen, wer am Sonntag von Beginn an auflaufen sollte. Auch ich mache das und versuche es, mit den Trainingsleistungen zu kombinieren. Wobei sich das gerade bei diesen Vieren seit Monaten nicht unterscheidet. Auch heute beim Training nicht, das am Nachmittag in Turnierform stattfand und viele Zweikämpfe mit sich brachte. Es ist tatsächlich immer gleich: Wintzheimer haut sich in jeden Zweikampf und ackert mehr als der Rest. Das ist technisch nicht schön anzusehen, aber oft sehr wirkungsvoll. Ich nennen dieses „ich mache mehr als alle, dann ist die Wahrscheinlichkeit auch groß, dass ich mehr Gutes mache als andere“-Haltung immer Ivica-Olic-Style. Gefällt mir auf jeden Fall, diese Einstellung.

Die hat auch Jatta, zumindest häufiger mal. Obgleich er definitiv andere alleinstellende Stärken hat, die unübersehbar sind.  Er ist schlichtweg zu schnell – für jeden Gegenspieler. Und manchmal auch für den eigenen Ball. Er macht Sachen, die sind unvorhersehbar, weilo sie oft einfach falsch sind. Aber solange sie so funktionieren. Wie sie in der abgelaufenen Saison funktioniert haben, ist mir das tatsächlich scheißegal. Er ist auf jeden Fall immer wieder eine Wundertüte. Vom Ball aufs Tribünendach bis hin zum Zuckerpass muss man bei ihm jedesmal hoffen, dass es klappt. Garantien gibt es hier nicht.

Einer, der das technisch garantiert, ist Sonny Kittel. Und auch der Edeltechniker mit der Schussstärke eines Top-Erstligaspielers zeigt im Training, was man von ihm kennt. Am Ball ist er Weltklasse – solange er nicht bedrängt wird. Dann aber ist er oft noch zu weich und lässt sich nur allzu schnell mit dem geringsten Körpereinsatz stören.  Warum das so ist? Keine Ahnung. Er ist körperlich allemal stabil genug, um stärker gegenzuhalten. Er macht es nur leider viel zu selten. Dass er es nie wirklich gelernt hat, defensiv taktisch gut und entsprechend zweikampfstark zu agieren – akzeptiert. Dafür kann er nichts. Es würde auch nicht ins Gewicht fallen, wenn er wieder die Gier an den Tag legt, die ihn zu Beginn seiner HSV-Zeit zum Top-Torschützen und Vorlagengeber des HSV machte. Aber: Das fehlt. Leider. Auf jeden Fall bin ich mir sicher, dass sowohl Jatta als auch Wintzheimer viel Geld für das fußballerische Talent Kittels geben würden…

 

Irgendwo zwischen den beiden Außenbahn-Arbeitern und dem „Virtuosen mit Hasenfuß“ liegt Khaled Narey. Er kann defensiv arbeiten, er hat Tempo, er hat einen sehr guten Schuss -  und er kann Fußball. Aber er macht einfach noch zu wenig aus den vielen guten Situationen, die sich ihm über außen bieten. Seine Flankenserie zuletzt war zu schwach. Sie war komplett uneffektiv. Und wenn ich Trainer wäre – ich tue einfach mal so – dann würde ich auf Jatta und Wintzheimer zugleich auch eher erst dann setzen, wenn nichts mehr geht nach vorn.

Vagnoman positiv auf Corona - zum Glück fälschlich!

Dann allerdings ganz gern! Quasi als Chaos-Stifter beim Gegner. Immer in der Hoffnung, dass die beiden im eigenen Team kein Chaos anrichten. Da ich einen Kittel in der aktuellen Verfassung nicht auf der Außenbahn bringen würde und Narey sich nicht anbietet – würde ich aktuell tatsächlich auf die Variante kampf- und laufstark setzen und auf Chaos beim Gegner VfL Bochum hoffen. Oder wie sehr ihr das? Wobei, wenn man die ganzen Varianten durchdenkt, müsste man auch noch einen Josha Vagnoman mit einbeziehen, da dieser diese Position schon häufiger gespielt hat und über Tempo verfügt. Allerdings war sein letzter Auftritt gegen Kiel maximal unglücklich und bei der U21-Nationalelf war er am Dienstag nicht einmal mehr im Kader. Während Wintzheimer von DFB-U21-Nationaltrainer Stefan Kuntz eingewechselt wurde, durfte Vagnomann nicht spielen.

Stattdessen reiste er unverrichteter Dinge aus Wolfsburg ab und war spät nachts erst in Hamburg. Dass er heute nicht am Vormittagstraining teilnehmen konnte, lag allerdings nicht an der von Thioune angesetzten Belastungssteuerung ob der Vortagsbelastung, wie viele dachte, sondern an einem echten Schreckmoment. Denn Vagnoman war plötzlich Corona-positiv! Der obligatorische Corona-Schnelltest, den Vagnoman machen musste, bevor er wieder zur HSV-Mannschaft stoßen durfte, war positiv. Erst der anschließend vorgenommene normale Corona-Test (wurde im Labor ausgewertet) verschaffte dann Entwarnung und ließ es zu, dass Vagnoman am Nachmittagstraining teilnehmen konnte. Entwarnung für den Youngster! Oder um in der Thioune-Sprache zu bleiben: Noch eine Schwierigkeit mehr, für Sonntag die richtigen Entscheidungen zu treffen.

In diesem Sinne, bis morgen! Da meldet sich mein Blogkollege Sören bei Euch. Ich bin dann am Freitag wieder für Euch da!

Bis dahin,

Scholle

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