Lars Pegelow

31. Juli 2018

Kurz vor Beginn der heutigen Trainingseinheit des HSV am Volkspark gab es eine kurze Meldung: „Joseph Baffo wird das für heute angekündigte Probetraining bei uns nicht absolvieren. Nach gestrigen Leistungstests im UKE herrscht die Einschätzung vor, dass der 25-Jährige erst in voraussichtlich sechs bis acht Wochen das benötigte Leistungslevel erreichen würde.“ Dieser Transfer ist gescheitert, noch bevor der Spieler überhaupt probeweise gegen den Ball treten konnte. Aber während das Management Baffos, wie das Abendblatt berichtet, irritiert ist über die Absage des HSV, weil der Spieler nach deren Auffassung bereits in guter körperlicher Verfassung ist, so scheint die Entscheidung der Hamburger Führung nur konsequent.

 

„Wir haben schon genug verletzte Spieler auf der Position“, sagte Sport-Vorstand Ralf Becker als Begründung für die Absage an den Ex-Braunschweiger. „Wahrscheinlich war er selbst etwas überrascht von unserer Einschätzung und hat wohl selbst gemeint, in einem besseren Zustand zu sein.“ Nach Ansicht der HSV-Mediziner hätte Baffo aber noch bis zu zwei Monate aufgepäppelt werden müssen, was nach einer langen Kreuzband-Verletzung ja auch nicht ungewöhnlich ist. Dieser Zeitraum war den Hamburger Verantwortlichen zu lang. Baffo ist keiner, den man mal so eben am Freitag in der Partie gegen Holstein Kiel auf die Bank hätte setzen und um Notfall auch einwechseln können – das ist die HSV-Haltung. Und deswegen ist die Entscheidung in diesem Fall folgereichtig.

 

„Es ist schade für diesen jungen Mann“, sagte Trainer Christian Titz nach der heutigen Trainingseinheit. Aber eben nicht zu ändern. Das einzige, was etwas ungewöhnlich anmutet bei diesem Vorgang, ist, dass der HSV gestern selbst offensiv Baffos Probetraining angekündigt hatte, ehe die Ergebnisse der medizinischen Tests vorlagen. Offenbar sah sich der Verein zu offensiver Kommunikation veranlasst, nachdem bereits im kicker von einer möglichen Verpflichtung Baffos berichtet worden war. Wie gesagt, das mag unglücklich anmuten, wichtiger ist in diesem Fall aber die konsequente Entscheidung anhand der eigenen Einschätzung – und die hat der HSV am Ende vorgenommen. Selbst wenn es der HSV sicher selbst sehr bedauert, die sich inzwischen hinziehende Suche nach einem weiteren Innenverteidiger nicht schon beendet haben zu können.

 

Bei der Suche nach Alternativen ist nun kurzfristig Kreativität gefragt. Klar, das Duo David Bates/Rick van Drongelen steht. Doch ansonsten ist da erstmal keiner, zumal Stephan Ambrosius wegen seiner leichten Zerrung noch keine Alternative für das Kiel-Spiel ist. Trainer Titz hat angedeutet, intern im defensiven Mittelfeld zu gucken. Christoph Moritz wäre eine Variante, wobei dies im Test gegen Aarhus (1:5), bei der einzigen Testspielniederlage des HSV in diesem Sommer, gründlich schief gegangen ist. So könnte Albin Ekdal wieder ins Spiel kommen. Der Schwede ist aus seinem verlängerten WM-Urlaub zurück. Doch anstatt die obligatorischen Leistungstests zu absolvieren, beorderte Christian Titz den Mittelfeldspieler heute gleich auf den Platz. Er brauchte genügend Leute, um im Training auch ein elf-gegen-elf zu simulieren.

 

„Ekdal könnte ein Backup sein“, sagte Sportvorstand Ralf Becker ganz allgemein, wobei er einschränkte, dass sich diese Einschätzung noch nicht auf den ersten Zweitliga-Spieltag bezieht. Dafür reichen die wenigen Trainingseinheiten dann doch nicht, und das gleiche gilt – auf anderer Position – auch für den Serben Filip Kostic. Also, Freitag gibt es noch keinen Ekdal im HSV, aber, so Becker: „Grundsätzlich geht das, warum nicht?“

 

Im Moment sind Filip Kostic und Albin Ekdal somit voll ins HSV-Training eingestiegen. Dass beide bei entsprechenden Angeboten eine Liga höher bevorzugen würden, ist sonnenklar. Und vermutlich wird dies auch innerhalb der nächsten vier Wochen geschehen. „Aber wer einen Vertrag hat, ist Bestandteil des Kaders“, wie Christian Titz mit einem Achselzucken sagt. Und: „Filip ist von der Ausdauer her in einem sehr guten körperlichen Zustand. Ich finde auch, dass Albin einen guten Eindruck hinterlassen hat. Ich kann bei beiden nicht ausschließen, dass sie uns auch noch in der Liga verstärken.“

 

Dass mit dem „verstärken“ ist bei Fiete Arp so eine Sache. Heute fehlte der frischgebackene Abiturient. Dahinter steckte aber keine Verletzung – im Gegenteil. Arp wird am Abend bei der U 21 aushelfen, die in der Regionalliga Nord an der Hagenbeckstraße auf Schwarz-Weiß Rehden trifft. „Das ist kein Denkzettel und auch keine Degradierung“, stellte Ralf Becker klar. „Die U 21 hat auch einige angeschlagene Spieler und Fiete hat richtig Bock, dort zu spielen. Das passt also.“ Auch Patric Pfeiffer und Tobias Knost sind vom Profi-Training abgezogen und in die Regionalliga beordert worden. „Ich hoffe, sie holen den ersten Sieg“, gab Christian Titz die besten Wünsche mit auf den Weg, nachdem der Nachwuchs seine Saison-Premiere am Wochenende mit 0:2 in Egestorf in den Sand gesetzt hatte.

 

Zwei kleine Sorgenkinder produzierte das Training drei Tage vor dem Auftakt-Kick gegen Holstein Kiel dann aber auch noch. Zunächst ist Aaron Hunt vorzeitig in die Kabine marschiert. Eine Vorsichtsmaßnahme, wie es heißt. Die Wade habe leicht gezwickt, teilte der Trainer mit, und nachdem Hunt bereits die ersten Wochen der Vorbereitung mit der Mannschaft verpasst hat, wollen die Hamburger mit ihrem Kapitän kein Risiko eingehen. Dann kam es zu einem Zusammenprall im Trainingsspiel, an dessen Ende Tatsuya Ito mit bandagiertem Knie den Platz verlassen hat. „Ich rechne nicht damit, dass es etwas Schlimmes ist“, gab Titz zum besten. Allerdings muss abgewartet werden, wie Itos Knie die Prellung übersteht und ob er beim Training morgen, das dann nicht mehr öffentlich sein wird, wieder zur Verfügung steht.

 

Viele Leute am Trainingsplatz spekulierten heute: wie würde das Spiel des HSV gegen Holstein Kiel wohl ausgehen? Oder vielmehr: wie hoch würde der HSV wohl gewinnen? Die Tipps reichten von 2:1  bis 6:0, aus fast allen Antworten sprach jedenfalls ein entweder vorsichtiger oder euphorischer Optimismus. Was aber erwartet den HSV genau am Freitagabend? Vielleicht wissen das die Kieler „Störche“ selbst nicht so genau, denn ihr Umbruch war genauso groß wie der des HSV. Neuer Trainer (Tim Walter), neuer Sportdirektor (Fabian Wohlgemuth), dazu 14 neue Spieler. Die gesamte Achse der erfolgreichen Vorsaison, als Kiel beinahe sensationell die Relegationsspiele zur Bundesliga erreichte, dann aber recht chancenlos war gegen den VfL Wolfsburg, ist verloren gegangen. Von Abwehrchef Rafael Czichos bis Torjäger Marvin Ducksch sind viele Leistungsträger verschwunden. „Das ist kein typischer Zweitligist“, gibt Christian Titz zu bedenken. Er habe sich nun bereits einige Testspiele der Kieler im Video angesehen. „Sie spielen sehr variabel und ziehen ihr Spielsystem durch. Ich bin gespannt auf Freitag, das wird ein interessantes Spiel.“ Klingt fast so, als erwarte der HSV-Trainer einen Gegner, der sich eben nicht nur hinten reinstellt. Das könnte dem HSV entgegen kommen bei seiner Zweitliga-Premiere im ausverkauften Volksparkstadion.

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