Marcus Scholz

24. Juni 2019

Für 300.000 Euro war er dank einer Ausstiegsklausel zu haben - und wenn ich HSV-Sportchef wäre, ich hätte vieles versucht, um ihn nach Hamburg zu holen. Aber okay, man kann nicht alle haben. Und beim HSV muss man erst einmal abwarten, wie sich die Verkaufssituation entwickelt. Denn bislang hat man noch keinen seiner Spieler, die für die notwendigen Erträge sorgen sollen, verkaufen können. Auch heute standen Julian Pollersbeck, Rick van Drongelen und Douglas Santos. Vielleicht auch deshalb hat Jahn Regensburgs bester Angreifer, Hamadi Al Ghaddioui (28), inzwischen leider beim Zweitligakonkurrenten VfB Stuttgart unterschrieben. Dabei hätte der HSV sicher gute Chancen gehabt. Immerhin wird der Angreifer  von Marcell Jansens „Ziehvater“ Gerd vom Bruch vertreten. Der HSV hatte also dementsprechend enge Kontakte. Aber okay, man kann nicht alle(s) haben.

 

Dafür soll der neue Innenverteidiger Ewerton nach Möglichkeit am Dienstag schon seinen Vertrag beim HSV unterschreiben. Der 30-Jährige soll bereits seinen Medizincheck absolviert haben und war heute von seinem Noch-Arbeitgeber 1. FC Nürnberg vom Training freigestellt worden, wie man über die sozialen Netzwerke verkündete. Geht alles klar, trainiert der Brasilianer schon am Dienstag das erste Mal mit seinen Kollegen. Und für alle, die Bedenken haben, weil Ewerton schon 30 Jahre alt ist: Eine miesere Kondition als Kyriakos Papadopoulos wird er nicht haben. Hintergrund: Der Grieche fiel heute beim 4x1000-Meter-Lauf wieder einmal so ab, dass er abreißen lassen musste. Am Ende lief schon der 37-jährige Ex-Profi und Cotrainer Tobias Schweinsteiger neben ihm, um Papadopoulos zu motivieren.

Papadopoulos bricht beim Lauftraining wieder weg

Papadopoulos ist und bleibt für mich eine Personalie, an der der HSV auf lange Sicht scheitern kann. Denn an dem Griechen festzuhalten konterkariert in vielen bereichen den neu ausgegebenen Leistungsgedanken. Spieler wie Pollersbeck auszusortieren, weil sie nicht professionell genug gewesen sein sollen und parallel einen kniekranken, unfitten Griechen sogar zu einem möglichen Fixpunkt hochzuloben ergibt nur bedingt Sinn. Wenn dann auch noch seinetwegen Spieler wie Rick van Drongelen gehen müssen, obgleich sie den Pathos, die Fitness und das Potenzial mitbringen, um für den HSV einmal ein echter Fixpunkt zu werden - dann läuft etwas falsch. Und ja, ich weiß auch, dass es für Papadopoulos schon seit längerem keinen Markt mehr gibt. Ansonsten wäre der Grieche von sich aus schon weg - und/oder der HSV hätte ihn ziehen lassen.

Ist aber nicht so. Und solange man Papadopoulos nicht los wird, solange sollte der HSV alles daran setzen, den Abwehrspieler so fit zu bekommen, dass er helfen kann. Aber, ganz wichtig: Eben nicht um jeden Preis. Nur mal angenommen, Ewerton avanciert (wie erwartet wird) schnell zum Stammspieler in der Innenverteidigung, dann ist neben ihm noch ein Platz frei. Und den wiederum sollte der HSV an jemanden vergeben, der eine längere Perspektive hat - zumindest eine längere als Papadopoulos. Finde ich. Denn mit Papadopoulos nimmt man sich in dem Moment ein Stück Neuaufbau, wo er den Platz eines talentierten, guten, jungen und vor allem gesunden Innenverteidigers einnimmt. Heute im Vormittagstraining durfte übrigens Jonas David mal in der Innenverteidigung ran. Auch eine Alternative…

Khaled Narey: „Hecking ist anders, deutlich lauter“

Auffällig im Vormittagstraining war übrigens für mich einer, den der HSV auch abgeben würde: Gotoku Sakai. Der Japaner bearbeitete die rechte Abwehrseite und wirkt topfit - wie auch bei den Läufen zu sehen war. Vor allem aber wirkt Sakai  spielfreudig. Dass er selbst in den letzten Monaten angedeutet hatte, gehen zu wollen - er kehrt es zumindest nicht nach außen. Zusammen mit Khaled Narey überlief er die gegnerische Abwehr ein ums andere Mal. Und Letztgenannter hat sich auch Großes vorgenommen. „Die Rückrunde war nicht das, was ich mir erhofft hatte“, sagt Narey, „ich bin nicht mehr so ins Spiel gekommen, wie ich es von mir selbst erwartet hatte.“

Neuer Trainer, neues Glück? „Bis jetzt ist alles top“, sagt Narey, „seine Ansprachen sind etwas anders. Lauter“, sagt Narey, der in der abgelaufenen Saison dennoch mit sieben Treffern seine bislang statistisch betrachtet erfolgreichste Saison gespielt hat. „Es bleibt dabei, dass ich es natürlich verbessern will. Zweistellig wäre schon gut“, so der Rechtsform, der sich in der Sommerpause Gedanken gemacht hat. „Es war am Anfang schwer zu erklären, weshalb Hin- und Rückrunde so unterschiedlich waren. Aber ich habe inzwischen eine Idee.“ Welche das ist? Woran es gelegen hat? „Das behalte ich für mich“, so der Offensivspieler, der auch rechts hinten spielen kann. Letztlich verriet er zumindest: „Es ist nicht nur der Fußball auf dem Platz, sondern auch viel Kopfsache. Eine Mischung aus beidem.“

Auf der Außenbahn hat der HSV ein Überangebot

Unter Hecking dürfte den Außenbahnspielern eine noch größere Bedeutung zukommen als zuletzt unter Hannes Wolf. Das weiß sicher auch Narey, der sich auf der Position aktuell mit Jairo Samperio weiterer, interner Konkurrenz ausgesetzt sieht. Mit dem Spanier, dem bei der Copa America weilenden Tatsuya Ito, Bakery Jatta sowie den flexibel einsetzbaren Sonny Kittel, Jeremy Dudziak und Berkay Özcan hat Narey dabei starke Konkurrenz. Letztgenannter soll übrigens am Dienstag wieder ins Mannschaftstraining einsteigen und ich frage mich, wie der deutsch-türkische Wunschspieler von Heckings Vorgänger Hannes Wolf hier eingeplant wird. Mit Kittel und Hunt sind zwei Spieler auf der zentralen Position nominell vor ihm.

Tagesfazit: Papadopoulos ist nicht fit, mit Ewerton ist der achte Neuzugang auf dem Weg, Özcan ist wieder da - und die Verkaufskandidaten sind allesamt noch nicht verkauft. Dafür geht mit Porath ein weiteres Talent unverrichteter Dinge zu einem Konkurrenten. Und die Gerüchteküche um weitere Neue ist in vollem Gange. Tim Leibold soll dank einer Ausstiegsklausel beim FCN für drei Millionen Euro zu haben und für HSV-Trainer Hecking sehr interessant sein. Allerdings muss der HSV zunächst einmal Spieler abgeben.  Denn Fakt ist auch: Von den knapp 9 Millionen Euro Einnahmen (6 Mio für Kostic, drei Mio. für Arp) sind schon rund 8,3 Millionen Euro wieder ausgegeben. Heuer-Fernandes (1,3 Mio), Berkay Özcan (1,5), David Kinsombi (3 Mio) sowie in Kürze Ewerton (zwischen 2 und 2,5 Mio. Euro Ablöse) hat der HSV bereits verpflichtet - und mehr Geld auszugeben als einzunehmen steht ebenso auf dem Index wie das Wort Aufstieg tun der Kabine.

Mal sehen, wer den HSV verlässt. Vor allem: zu welchem Preis?

Bis morgen! Da melde ich wie immer um 7.30 Uhr mit dem MorningCall bei Euch, ehe es um 10 und um 15.30 Uhr auf dem Trainingsplatz zur Sache geht. Am Mittwoch steht dann der erste Test unter dem neuen Trainer auf dem Plan. Um 19 Uhr wird beim Oberligisten Meiendorfer SV angestoßen. Tickets gibt es noch in allen Preiskategorien.

Bis dahin! Scholle

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