Marcus Scholz

15. November 2018

 

Der neue MorningCall ist online:

Es ist jetzt nicht gerade so, dass er die Kamera sucht oder morgens aufwacht und sich der ganzen Welt unbedingt mitteilen will. Nein, Hannes Wolf redet zwar gern über Fußball. Allerdings will er dafür auf den Platz, in die Kabine - er will zur Mannschaft sprechen. Und selbst dann hält er sich betont kurz. „Das Prinzip ist am Anfang aber immer gleich: Du solltest nicht zu viel auf die Spieler einreden. Ganz klar und auf den Punkt und dann erst einmal raus und trainieren“, sagte er heute im Interview mit dem Abendblatt. „Daraus entwickeln sich dann die Themen, die du bearbeiten musst. So war es in Stuttgart, so war es beim HSV – und so war es auch bei der SG Eintracht Ergste in der Kreisliga.“

Kurz gesagt: Wolf macht den Fußball einfach - weil er so einfach leichter zu greifen ist. Wie genau er das macht, haben wir in den letzten Wochen hier schon rauf- und runterdiskutiert. Er verändert nur Kleinigkeiten gegenüber seinem Vorgänger. Und er wird dafür gefeiert, weil der HSV Spiele gewinnt. Er wird sogar dafür gefeiert, dass er Pierre Michel Lasogga wiederbelebt habe. Seine Antwort darauf: Er hat ihn aufgestellt, ohne zu wissen, ob es wirklich richtig wäre. Wolf: „Am Anfang war es keine faire Entscheidung. Wir haben drei Tage nach meiner Vorstellung gespielt, da musste ich mich schnell festlegen. Das habe ich der Mannschaft auch so gesagt. Ich bin natürlich froh, wie er es bislang gemacht hat. Er ist fleißig, spielt gut, legt viele Bälle ab und hat in jedem Spiel entscheidende Szenen. Das liegt an ihm, nicht an mir.“

Aber, um hier noch mal ganz deutlich klarzustellen, weshalb ich die Methodik des HSV-Trainers zwar simplifiziert darstelle, sie aber gleichzeitig extrem schätze: Genau diese Einfachheit ist m.M.n. sein erster Schlüssel zum Erfolg! Wolf ist schlicht komplett unverdächtig, ein Blender zu sein. Wolf versteckt sich nicht hinter seinem Alter oder einem Überbegriff (Konzepttrainer etc.), sondern er sagt es genau so, wie es ist: die Ergebnisse zählen. Und weil er wusste, dass er eine intakte, gute Mannschaft vorfindet, hat er sich dazu entschlossen, die bei Trainerwechseln nicht seltene kleine Revolution auszulassen. Er hat daran angeknüpft, seinen Vorgänger noch und nöcher für dessen Vorarbeit gelobt - und sowohl auf als auch neben dem Platz damit gewonnen. Warum? Weil man Wolf glaubt.

Und das setzt sich in den Interviews heute nahtlos fort. Wolf wirkt sehr höflich und beantwortet alle Fragen, obwohl man weiß, dass er solche Tage hasst. Deshalb auch so komprimiert gleich drei „Exklusivinterviews“ an einem Tag. Und Wolf macht sich auch in der Kollegschaft einen guten Namen mit dieser Art. Er vermeidet Kritik an anderen Trainern, weil er weiß, dass sie ihm nicht zusteht. Er ist ebenso korrekt zu seinen Spielern und seinem Vorgänger wie zu seinesgleichen. „Ich finde zum Beispiel krass, wie Eintracht Frankfurt gerade spielt“, lobt Wolf die Arbeit von Eintracht-Trainer Ade Hütter. Allerdings schiebt er sofort nach: „Du weißt aber natürlich nicht, wie viel von Adi Hütter kommt und wie viel noch von Niko Kovac da ist. Daher ist die Frage zu komplex, um sagen zu können, welcher Trainer derzeit etwas besonders gut macht.“ Wer das meiner Meinung nach ist: Wolf selbst.

Und das sage ich, obwohl ich behaupte, dass Christian Titz kein schlechterer Trainer ist. Auch der hatte einen Plan, hat die Mannschaft und sein Umfeld mit seiner Art mitgenommen. Die Diskussion, ob die Trainerentlassung richtig oder falsch war, kann man so aber nicht zu führen. Es ist eher eine Glaubensfrage: Glaubt man an das Neue mit dem neuen Trainer Titz und ist bereit, dafür Risiko einzugehen? Oder setzt man auf die probate Einfachheit von Wolf? Wie der HSV diese Frage beantwortet hat, wissen wir. Was ich damit sagen will: Der HSV zahlt gerade neben Bernd Hollerbach und Markus Gisdol zwei Cheftrainer, die beide den HSV zum Erfolg geführt hätten. Das aber mit einem ganz wesentlichen Unterschied: Wolf wirkt klarer und erreicht genau das damit bei der Mannschaft. Auch die Mannschaft spielt jetzt einfacheren, klareren Fußball als unter Titz, bei dem (auch ob der Tatsache, dass er selbst gerade erst seine erste Profistation hat) alles noch etwas experimenteller und für Außenstehende weniger greifbar wirkte.

Apropos Antwort: Die habe ich noch immer nicht so ganz, was Leo Lacroix betrifft. Ich habe jetzt seit der Sommervorbereitung zig Trainingseinheiten mit dem Schweizer gesehen, dazu die wenigen Pflicht- und Testspiele. Überzeugt hat er mich dabei genau zweimal: Gegen Köln und Aue. Im Training nicht. Weder vorher, noch seitdem. Dafür ist er jetzt Nationalspieler geworden und ich habe gehofft, dass er auch dort durchstartet und den Aufschwung hier aus Hamburg mitnimmt. Leider hat das nicht geklappt.  Denn beim 0:1 der Schweiz gegen Katar machte Lacroix offenbar keine besonders gute Figur, wie die Schweizer Zeitung „Blick” urteilte. Lacroix bekam nur die  Note „sehr schwach”: „Sein Nati-Debüt geht in die Hosen. Viele Unsicherheiten, Fehlpässe. Mitschuld am Gegentreffer.” Bitter für Lacroix, der sich auf seine Rückkehr nach Hamburg dennoch freuen darf. Denn ich bin mir sicher, dass Wolf den baumlangen Abwehrspieler wieder aufstellen - und bestenfalls auch wieder aufbauen wird.

Und wer selbst schon mal Fußball gespielt oder einen anderen Mannschaftssport gemacht hat, der weiß, wie wichtig das Verhältnis des Trainers zur Mannschaft ist. Wenn Du als Spieler genau weißt, woran du bist, ist es manchmal sehr hart. Dann weißt du neben auch beizeiten, wie weit du gerade von der Startelf weg bist. Aber es ist immer noch besser, als erzählt zu bekommen, was für ein geiler Macker du eigentlich bist, ehe du dich dann doch immer wieder nur auf der Bank wiederfindest. Wolf bevorzugt Weg Nummer eins - ich übrigens sowohl als Spieler wie danach auch immer. Und die Ergebnisse geben Wolf in seiner Art allemal Recht, denn wer gewinnt, der darf…

…auch mal ein langes Wochenende einschieben. Ich weiß noch, was hier los war und wie geschimpft wurde, als Titz nach den englischen Wochen ein langes Wochenende einschob. Bei Wolf ist es aktuell ruhig. Niemand schreit auf - zurecht! Denn angesichts der vielen fehlenden Nationalspieler und dem Ausfall von Gotoku Sakai, der heute nach 20 Minuten abbrechen musste, während Steinmann, Jung und Hwang separat trainierten, kann man sich diese Freizeit zum Erholen und Energie aufladen durchaus erlauben. Nein, sie kann sogar (wie bei Hwang) dringend nötig sein. Behaupte ich zumindest.

In diesem Sinne, bis morgen, wo ebenso wie Sonnabend und Sonntag nicht trainiert wird. Ich melde mich dann wie gewohnt morgens mit dem MorningCall bei Euch und abends hier im Blog. Und ein Thema, das kann ich vorwegnehmen, wird die Wahl zum Präsidenten des e.V. auf der Mitgliederversammlung (findet am 19. Januar ab 11 Uhr in Wilhelmsburg in der edel-optics-Arena statt) sein. Heute hat der HSV offiziell verkündet, was  hier und anderswo schon seit tagen bekannt ist: Dass die Bewerbungsphase verkürzt und bis zum 30. November abgeschlossen wird. Aber mehr dazu in den nächsten Tagen.

Bis dahin wünsche ich Euch allen einen schönen Abend und genießt das fußballfreie Wochenende so gut es geht!

 

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