Marcus Scholz

30. September 2018

Der HSV begann mit zwei Veränderungen gegenüber dem 0:0 in Fürth: Hee-chan Hwang feierte seine Startelfpremiere. Ebenso wie Fiete Arp. Der 18 Jahre junge Angreifer hatte vor dem Spiel mit einem unüberlegten Post für Aufsehen gesorgt - im Spiel dann sportlich leider nicht mehr. Im Gegenteil: Arp blieb nahezu komplett wirkungslos in einem Spiel, das allen Zuschauern von Beginn an ein altbekanntes Bild bot: Der Gegner stand sehr tief, überließ dem HSV den Ballbesitz, aber der HSV blieb mal wieder ohne Zug zum Tor. Oder besser gesagt: Der FC St. Pauli stellte sich tief, verteidigte massiert und ließ dem HSV keine Lücken. Offensiv versuchten es die Gäste nur sporadisch über Konter - aber auch das kennt man aus den letzten Spielen hier im Volkspark.

Chancen gab es daher - wenn man es so nennen kann - nur nach Standards. St. Paulis Diamantakos köpfte einen Knoll-Freistoß in der 7. Minute in die Arme von Julian Pollersbeck und David Bates köpfte einen Santos-Eckball seinem Gegenspieler an den Hinterkopf - ansonsten wäre der Ball in der 25. Minute vielleicht gefährlich geworden. Das Beste an den ersten 45 Minuten? Ganz eindeutig die Stimmung auf den Rängen, ansonsten fehlte Tempo, Kreativität - und auch sonst alles, um ein Tor zu schießen.

Aaron Hunt blieb wieder einmal komplett ohne Aktionen. Sein Spiel ist aufgebaut auf Coolness, auf den genialen Pass bzw. die eine geniale Aktion. Passiert das aber nicht, sieht es einfach nur behäbig und teilweise schon aufreizend bis arrogant aus. Und die Geduld, auf eben diese geniale Szene des Spielmachers zu warten, ist (sicher nicht nur bei mir) vorerst aufgebraucht. Hunt sollte sich losgelöst vom Kapitänsamt wie alle anderen dem Leistungsprinzip stellen müssen - und danach gehört er aktuell (ebenso wie Sakai) nicht in die Startelf. Auch deshalb gab es Applaus von den Rängen, als Hunt in der 56. den Platz verließ.

Und Lewis Holtby? Der wirkte - wie schon zuletzt gegen Fürth - in den ersten 45 Minuten langsamer und laufschwächer als sonst.  In den zweiten 45 Minuten kam er etwas mehr ins Spiel - aber entscheidende Ideen hatte auch er nicht. Einzig Mangala versuchte, den Ball nach vorn zu treiben, fand aber selten einen Anspielpunkt, da Fiete Arp ebenso wenig wie Hwang Bindung zum Spiel fanden. Und mit den hohen Bällen, die zu Arp in die Spitze kamen, konnte dieser gegen Ziereis und Avevor wenig bis nichts ausrichten.

Ergebnis: Es blieb zur Halbzeit beim 0:0 und viele fragten sich, was Titz wohl in der Halbzeit verändern würde. Hunt raus und Narey rein? Vielleicht auch Pierre Michel Lasogga neben Arp - oder für ihn - rein? Die Antwort: Zunächst passierte nichts davon. Erst in der 56. Minute nahm Titz seinen Kapitän runter, brachte dafür Tatsuya Ito, der auf links ging. Hwang wechselt von hieran auf die rechte Seite, bis er in der 65. Minute für Khaled Narey (den ich zwingend in der Startelf sehe) weichen musste. Kurz zuvor hatte der Südkoreaner noch seine auffälligste Szene, als er einen schnellen Gegenangriff nach Pass vom stärksten HSVer, Orel Mangala, nicht aufs Tor brachte (60.). In dieser Szene war zweifellos mehr drin.

In der 72. Minute kam dann auch endlich Pierre Michel Lasogga. Titz’ letzter Offensivspieler im 18er-Kader sollte mit seiner körperlichen Wucht die Entscheidung bringen. Allerdings hatte Lasogga gefühlt keinen Ballkontakt (in Wirklichkeit waren es ein paar hohe Bälle, die er per Kopf zu verlängern versuchte und ein, zwei flache Anspiele). Der FC St. Pauli setzte seinerseits jetzt vermehrt darauf, die Zeit runterzuspielen - mit gelegentlichen Ausflügen, wenn der HSV die Möglichkeit dazu bot. In der Schlussminute beispielsweise: Da war es Knoll, der aus 18 Metern frei zum Schuss kam, aber deutlich verzog. Und so blieb es beim „Abnutzungskampf“, den Titz vorher prognostiziert hatte. Und das leider bis zum Schluss. Zum Glück muss man fast schon sagen, denn Sahin verpasste mit einem langen Ball über den weit vor seinem Tor postierten Pollersbeck in der Nachspielzeit nur knapp das Tor.

Am Ende teilten sich also beide Mannschaften die Punkte in einem mauen Spiel, das wieder einmal gezeigt hat, dass der HSV mit seiner Doppelsechs als zusätzliche Absicherung vor der Abwehr zwar selbiger mehr Stabilität verleiht, auf der anderen Seite aber die Offensive derzeit keine Ideen hat, wie man derart massierte Abwehrreihen wie die heutige knackt. Hunt und Holtby sind derzeit keine Taktgeber und schon gar nicht die Spieler, die den entscheidenden Pass spielen. Stattdessen verlässt man sich darauf, dass Mangala den Ball tief aus der eigenen Hälfte nach vorn schleppt. Das wiederum bietet jedem Gegner die Gelegenheit und ausreichend Zeit, sich defensiv wieder zu sortieren. Schnelle Angriffe des HSV? Fehlanzeige. Auch deshalb würde ich beide Außenpositionen ausschließlich mit schnellen Spielern besetzen. Denn die Bilanz ist hart:  Drei Spiele, null Tore, zwei Punkte geholt - und nunmehr fünf Punkte Rückstand auf Tabellenführer Köln.

In diesem Sinne, der HSV rangiert mit 14 Zählern vorerst auf dem dritten Rang hinter Köln (19 Punkte) und Fürth (15). Morgen Abend könnte Union Berlin mit einem Punktgewinn in Ingolstadt noch am HSV vorbeiziehen, der am kommenden Freitag schon in Darmstadt (18.30 Uhr) antreten muss.

Bis später! Scholle

STIMMEN ZUM SPIEL:
Sportvorstand Ralf Becker:  Wir haben uns das natürlich anders vorgestellt, aber am Ende ist das 0:0 ein gerechtes Ergebnis. Es war ein Abnutzungskampf ohne richtige Torchancen. Damit sind wir nicht zufrieden. Wir müssen in Zukunft einen Mittelweg finden, wie wir defensiv stabil stehen und offensiv trotzdem gefährlicher werden. Die Fans wollten, dass wir unbedingt den Sieg einfahren. Von daher ist es schade, dass wir ihnen diesen Wunsch nicht erfüllen konnten.
Lewis Holtby:  Ein Punkt fühlt sich scheiße an. Ich bin sehr enttäuscht. Vor allem über die letzte Viertelstunde, wo wir nicht mehr Fußball gespielt haben, sondern den Spielstil von Pauli kopiert und die Bälle nach vorn geschlagen haben. Wir waren klar besser, auch wenn nach vorn natürlich etwas fehlte. Wir Spieler müssen wieder zu dem Spiel kommen, mit dem wir die Leute zurück ins Stadion gebracht haben. Zielstrebig nach vorn. Es liegt an uns, dass wir aktuell nicht übertragen, was wir uns erarbeiten. Wir sind in der Pflicht, vorn kreativer und torgefährlicher zu werden. Trotz der jüngsten Ergebnisse darf man aber auch nie vergessen, dass wir eine junge Mannschaft haben, die sich auch erstmal finden muss.
Khaled Narey:  Wir wollten für die Fans unbedingt gewinnen. Es ist schade, dass uns das nicht gelungen ist. Das Tor hat gefehlt. Wir haben viel probiert, aber uns fehlte die letzte Offensivaktion. Defensiv haben wir nichts anbrennen lassen. St. Pauli hat fast nichts vom Spiel, wir viel Ballbesitz, aber leider ohne Ertrag. Im Moment ist es leider so, dass wir keine Tore schießen. Wir haben es sicherlich nicht verlernt. Wir werden jetzt nicht aufgeben, sondern werden früher oder später wieder unsere Tore erzielen.
Julian Pollersbeck:  Wir sind natürlich enttäuscht, da wir das Derby unbedingt gewinnen wollten. Wir waren dominant und haben das Spiel bestimmt, aber der letzte Pass ist leider nicht gekommen. Letztendlich war es dann wichtig, dass wir kein Gegentor kassiert haben. In der letzten Szene habe ich gesehen, dass Cenk Sahin schießen will. Am Ende sah das aber spektakulärer aus, als es letztendlich war. Die Unterstützung der Fans hat uns extrem motiviert und wir wissen das sehr zu schätzen. 
Rick van Drongelen:  Wir haben heute zwei Punkte verloren. Viele Gegner wissen, dass wir dominant mit dem Ball spielen und deshalb verteidigen sie sehr tief. Dann gibt es wenig Räume und es ist schwer, durchzukommen. Aber für jedes Problem gibt es eine Lösung. Manchmal muss man 20-mal hin und herspielen, damit sich eine Lücke auftut. Aktuell fehlt uns auch etwas das Glück. Vielleicht mal ein glückliches Tor, ein Elfmeter oder eine Standardsituation, die dazu führt. Wir haben einen Plan und wissen, was wir können. Jeder Spieler steht hinter diesem Plan.

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