Marcus Scholz

22. Oktober 2018

„Zu Hause wollen wir natürlich gewinnen. Das haben wir wieder nicht geschafft. Wir sind nicht zufrieden.“ Sätze, die so von jedem HSV-Spieler sowie von jedem Verantwortlichen hätten kommen können. Nein, bei fast allen Befragten wurde es genau so formuliert - in diesem Fall von Aaron Hunt, der auch gleich in die Analyse einstieg: „Wir hatten nicht die hundertprozentige Torchance. Ein paar Fernschüsse waren dabei. Aber keine Chance, bei der man sagt: Die muss man machen. Daran hat es vielleicht gelegen. Dass wir uns nicht die Chancen herausgespielt haben, die wir uns erhofft haben.“ Eine Ursachenforschung, die sein Trainer heute nach eingehender Videoanalyse komplett bestätigte:

 

Dabei ist eigentlich gerade Aaron Hunt der Spieler, von dem man sich den genialen Moment erhofft. Er ist der Zehner, er ist der Regisseur dieser Mannschaft. Er ist der Mann für die Kreativität im HSV-Spiel. Seine Erfahrung soll den Unterschied ausmachen. So war der Plan. Auch er scheint aktuell überfordert zu sein. „Wir tun uns schwer. Das sieht man ja. Für uns geht es Woche um Woche darum, das Bollwerk aufzubrechen. Wenn wir mal das 1:0 machen, wird es einfacher. Solange das nicht passiert und je länger das Spiel dauert, desto mehr stellen sich die Gegner hinten rein.“ Er sieht zwar keine Heimkrise, immerhin hat man auch nicht verloren, sondern zu null gespielt. Aber: „zu Hause tun wir uns im Moment etwas schwerer als auswärts. Wir wollen jetzt auswärts natürlich wieder gewinnen und müssen jetzt versuchen, wieder nachzulegen.“

Dass eine Trainerdiskussion entfacht werden könnte, lächelte Hunt weg. „Es ist sehr eng in der Tabelle. Wir sind in Lauerstellung. Die Punktausbeute ist ganz in Ordnung. Natürlich hätten wir gerne das eine oder andere Heimspiel mehr gewonnen. Wichtig ist, dass wir den Kontakt nach oben nicht abreißen lassen.“ Kann man so sehen. Andererseits muss man irgendwann auch mal wieder mehr machen als die Konkurrenz. Soll heißen: Den Abstand nicht größer werden lassen ist das eine - den Abstand verringern oder gar an der Konkurrenz vorbeiziehen, das sollte das eigentliche Ziel sein. Oder?

Eindeutig: ja.

Natürlich kann man immer mit der Konkurrenz argumentieren, die auch schwächelt. Der 1. FC Köln spielt auch tatsächlich keinen souveräneren Ball als der HSV. Fünf Dinger kassiert haben sie zuhause gegen Paderborn, unnötige Remis wie zuletzt gegen Kiel deuten daraufhin, dass man noch nicht die Souveränität im Spiel gefunden hat, die alle von ihnen - und vom HSV - erwarten. Aber der FC trifft in bislang jedem Spiel. Mindestens einmal, im Schnitt sogar mehr als zweimal pro Ligaspiel. Und er ist Tabellenführer. Allerdings könnte der HSV mit den Rheinländern den Tabellenplatz tauschen und man würde in Hamburg trotzdem über das Titz-System diskutieren. Weil es auch unabhängig vom Ergebnis längst zur Grundsatzdebatte geworden ist. „Warum spielt der HSV nicht mit zwei Stürmern“, wurde immer wieder gefragt. Titz konterte, dass er sogar mit drei Offensiven gespielt habe. „Titz verteidigt seinen Spielstil“ titelt der „Kicker“ heute.

Und das wird sich so schnell nicht legen, befürchte ich. Dass man sich mit derlei Diskussionen selbst schwächt - es scheint hier niemanden zu interessieren. Alle wissen hier immer alles - und das vor allem besser. Vertrauen tun lediglich die Fans auf die eigene Mannschaft. Dass es hier und da auch Pfiffe gibt - auch logisch. Aber um mal zu verdeutlichen, was ich meine: Nach dem 1:1-Gegentreffer in der 88. Minute in Kiel durch einen individuellen Fehler sagte Kölns Sportchef Armin Veh: „Man kann auch mal mit einem Punkt leben. Abgesehen davon haben wir das Defensivspiel gut gemacht.“ Kein Ärger, keine Vorwürfe, keine Kritik daran, den Sack nicht vorher zugemacht zu haben. Dabei war das möglich, da Kiel schwach spielte (ich habe mir das ganze Spiel angesehen). Kurzum, und das ist der große Unterschied: Man vertraut in Köln weiter darauf, seine eigene Qualität auf Sicht auch in souveränerer Art und Weise tabellarisch zu verdeutlichen. Auch, weil niemand die Geduld verliert.

Ich bin ehrlich gesagt gespannt, wie der HSV am Freitag auswärts auftreten wird. In Magdeburg darf man eher nicht davon ausgehen, dass die Gastgeber ein Offensivspektakel abfeuern werden. Warum auch? Sie wissen auch, dass der HSV am meisten Probleme hat, wenn der Gegner extrem tief steht. Die Frage wird nur sein, ob der HSV damit am Freitag besser klarkommt. „Wir arbeiten jede Woche daran“, so Titz, „ebenso wie an unserer defensiven Stabilität.“ Und Sportvorstand Ralf Becker ergänzte am Sonntag bereits: „„Jetzt haben wir zwei Auswärtsspiel. Da müssen wir unseren Job gut machen. Wir wissen selbst, dass wir uns in der Offensive steigern müssen. Und das werden wir auch.“

 

Ich freue mich darauf. Ebenso wie auf die Sendung heute Abend, in der ich meinen ehemaligen Kollegen Henrik Jacobs vom Hamburger Abendblatt begrüßen darf. Zudem dürfen wir uns auf HSV-Ersatzkeeper Tom Mickel freuen, der uns ja schon während des Trainingslagers mit dem Tagebuch große Freude bereitet hat und der uns ein wenig über das Innenleben der Mannschaft in diesen Tagen berichten kann. Sendebeginn ist 20 Uhr. Wir werden also wieder live senden.

Bis später!

Scholle

 

P.S.: Morgen ist beim HSV trainingsfrei.

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