Marcus Scholz

18. Mai 2019

Bayern München wird Deutscher Meister und freut sich im Ruhepuls, der letzte Spieltag bringt verrückt hohe Ergebnisse - und der HSV hat sportlich mal wieder enttäuscht. Rechnet man jetzt noch die obligatorischen Trainerentlassungen beim HSV dazu - auch diese Saison schaffte man wieder zwei Übungsleiter -, dann ist sie da, die völlig normal gewordene Fußballsaison aus HSV-Sicht. Man gewöhnt sich ja an alles. Der einzige Unterschied diesmal ist dabei die Liga des HSV. Denn man hat es jetzt auch eine Liga tiefer geschafft, alle seine Ziele zu verfehlen. Aber was soll’s, ab jetzt wird alles besser, sagen die Verantwortlichen. Und ich würde mich wirklich ebenso sehr darüber freuen, wenn es so kommt, wie ich nach den gestern wieder forsch formulierten Saisonzielen daran zweifle. In Hamburg sei nichts anderes möglich, hatte Sportvorstand RalfBecker gestern als Erklärung hinterhergeschoben, weshalb er den Druck auf die Mannschaft schon jetzt forciert. Und ich glaube, dass es intern tatsächlich nicht anders formuliert werden sollte - extern allerdings sehr wohl.

 

Zumal der HSV noch nicht einmal eine Mannschaft hat. Der Kader ist noch längst nicht komplett und somit das Leistungsniveau noch gar nicht absehbar. Sehr wohltuend daher auch die Einschätzungen des Noch-Trainers Hannes Wolf, der dabei auch aus eigener, leidlicher Erfahrung sprach: „Es wird einen großen Umbruch geben, auch geben müssen. Erneut mit der klaren Vorgabe Aufstieg. Ich halte das für problematisch, weil ich es als sinnvoll erachten würde, sich erst mal zu stabilisieren. Aber so tickt der HSV.“

Die große Frage ist: Warum tickt der HSV so? Ist es das Umfeld, das nichts anders zulässt, wie Becker es gestern sagte? Ich behaupte nein. Die Fans sind es definitiv nicht, denn die dürsten nicht nach großen Versprechungen, die immer wider in große Enttäuschungen münden. Sie sehnen sich nach einem neuen und vor allem endlich anderen  Weg ihres HSV, nach mutigen Trainern und einer Philosophie, die ihren Lieblingsklub wieder so sympathisch machen, dass sie aus vollem Herzen mitleiden können.

Dass Teile der Fans vor dem letzten Saisonspiel gegen den MSV Duisburg zu einem Stimmungsboykott aufrufen sagt schon alles. Denn dieser HSV spielt auf Bewährung. Nach jahrelanger, bedingungsloser Hingabe seitens der Fans auch in den übelsten und unnötigsten, dümmsten Misserfolgen hielten sie zum HSV und kamen in Scharen ins Stadion. Knapp 50.000 Zuschauer im Durchschnitt waren es auch in diesem Jahr wieder - in der Zweiten Liga…! Und auch nächstes Jahr werden sie wiederkommen - wenn der HSV mal seine Hausaufgaben macht. Das bedeutet natürlich zum jetzigen Zeitpunkt, dass man schnellstmöglich Klarheit auf der Trainerposition schafft und es vermeidet, nach außen weiterhin den Eindruck zu vermitteln sich intern uneins zu sein. Zudem muss natürlich auch in der Kaderzusammenstellung schnellstmöglich sichtbar werden, dass sich der HSV verstärkt. Zumal bislang durch den aus finanzieller Sicht notwendigen Verkauf von Santos und der Rückkehr von Orel Mangala zum VfB Stuttgart das Gegenteil der Fall zu sein scheint. Wenn zudem Namen wie van Drongelen und Pollersbeck plötzlich auch auf der Liste potenzieller Verkäufe auftauchen, macht es das Ganze zunächst nicht leichter - es schließt aber auch nichts aus.

Denn bei aller Kritik für die verheerenden letzten Tage bleibe ich dabei, dass Ralf Becker sehr viele sehr gute Ansätze hat. Auch und vor allem den, hier vieles neu bestellen zu wollen. Und ich hoffe, dass er sich dem internen Widerstand bzw. bei den intern geführten Diskussionen über die sportliche Ausrichtung durchsetzt und weiter auf Trainer und Spieler setzt, die ihren Höhepunkt erst noch vor sich haben. Dimitrios Grammozis wäre tatsächlich eine sehr interessante Personalie, wie ich finde. Und die große Frage, die man sich in Hamburg stellen muss ist weniger die nach dessen Qualität als Trainer. Die hat er in Darmstadt mit sechs Siegen aus elf Spielen eindrucksvoll angedeutet. nein, die wichtige Frage müssen sich die Verantwortlichen stellen. Sie müssen sich fragen, ob sie selbst überhaupt die Stärke haben, mit diesem Trainer einen neuen Weg zu gehen. Denn das bedeutet, dass man sich endlich von dem völlig überholten Image lösen muss, noch immer ein gefühlter Bundesliga-Dino zu sein.

Wobei Grammozis für mich nur stellvertretend für den Trainertypen steht, der über seine persönliche Art eine Mannschaft mitreißen kann. Trainer, die sich selbst nicht zu wichtig nehmen, die trotzdem an sich glauben und für die nicht das Image des HSV, sondern ausschließlich das eigene Wirken auf dem Platz im Fokus der täglichen Arbeit steht. Kurzum: Der HSV braucht einen Trainer, für den eine Einheit mit der Mannschaft wichtiger ist als alles das, was man öffentlich über ihn und den HSV sagt oder schreibt. Der HSV braucht einfach einen Trainer,  der emphatisch ist, Frische reinbringt und in aller Konsequenz eine klare Philosophie verfolgt. Angefangen bei der Kaderzusammenstellung. Schon deshalb muss der HSV zusehen, hier schnell einen Wolf-Nachfolger zu präsentieren.

Apropos, hier der Kader für das letzte Spiel: Lacroix, Santos, van Drongelen, Narey, Lasogga, Mickel, Behrens, Hunt, Arp, Janjicic, Jatta, Wintzheimer, Hwang, Sakai, Vagnoman, Jung, Köhlert, Özcan. Wie Ihr seht fehlen neben den Dauerpatienten Samperio (die Ärzte lassen ich keinen Einsatz zu, leider!) und Kyriakos Papadopoulos auch  Julian Pollersbeck, der nach einer Erkältung gestern muttrainiert hatte aber offenbar einen Rückschlag erlitten hat. Glück im Unglück für den HSV: Tom Mickel konnte nach dem Trainingscrash von gestern heute wieder mittrainieren und wird morgen auflaufen können. Mein Tipp für die Startelf von morgen: Mickel - Vagnoman, Lacroix, van Drongelen, Santos - Janjicic - Arp, Hunt, Jatta (Köhlert) - Lasogga.

In diesem Sinne, bis morgen!

Scholle

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