Marcus Scholz

6. Februar 2020

Die Laune ist gut. Wie auch sonst nach zwei Siegen aus den ersten beiden Spielen und dem Bruch der Sieglosserie auf fremdem Geläuf? Als die Mannschaft nach dem sehr ballorientierten Training in die Kabine ging, spielten beispielsweise Lukas Hinterseer, Tim Leibold und Martin Harnik spontan noch eine Runde Fußball-Golf. Vom Spielfeld aus musste der Ball dabei per Fuß bis zur Kabine gespielt werden. Immer von dort aus weiterspielend, wo der Ball liegen blieb. Und während Harnik früh den Weg über den steilen Stadionaufgang hinweg gefunden hatte, brauchte Hinterseer zwei Versuche mehr - Leibold sogar so viele, dass wir am Ende aufhörten mitzuzählen. „Was ist denn los mit Dir, Leibe“, lachte selbst Trainer Dieter Hecking, der wie die Zuschauer angesteckt wurde von der guten Laune seiner Spieler.

Dass parallel Rick van Drongelen ohne jede Berührungsangst mit einem Labrador eines HSV-Fans tobte rundete das ach so harmonische Bild heute ab. Es stimmt innerhalb der Mannschaft. Zumindest bei denen, die spielen. Denn der Rest weiß, dass es schwer wird, in solchen Phasen wie jetzt ins Team zu rutschen. „Zwei Spiele, sechs Punkte, wir können zufrieden sein“, sagt Timo Letschert, der derzeit in der Innenverteidigung als gesetzt gilt. „Die Ergebnisse sind gut, da ist alles etwas besser. Für mich auch“, so der Niederländer, der sich nach einer längeren Verletzung im Laufe der Hinrunde ins Team gekämpft hatte. Inzwischen hat der Defensivmann nicht mehr nur den Stammplatz als Ziel - er will führen. „Ich war in der Hinrunde verletzt, habe mich danach in die Mannschaft gespielt. Damit war ich auch zufrieden. Aber jetzt möchte ich noch wichtiger sein, noch mehr meinen Mitspielern helfen.“

Letschert will eine Führungsrolle übernehmen

Vor allem auch seinem Freund und Landsmann Rick van Drongelen. Der schien lange Zeit der Verlierer im Dreikampf mit Letschert und Ewerton um die beiden Innenverteidigerposten zu sein. Bis sich der Brasilianer selbst durch eine Undiszipliniertheit und schlechte Leistung rausnahm und Letschert mit van Drongelen zusammen keine Gelegenheit ausließ, dem Trainer zu zeigen, wie gut sich die zwei doch verstehen würden. Ich hatte es in den Blogs aus dem Portugal-Trainingslager schon beschrieben, wie auffällig sich Letschert und van Drongelen bei jeder Gelegenheit als Team präsentierten. Und immer noch präsentieren. Letschert heute: „Wir sind auch zusammen auf einem Zimmer vor den Spielen, da reden wir auch viel über Fußball und andere Sachen. Wir helfen uns, nicht zu schnell zu euphorisch zu werden - aber uns eben auch nicht zu schnell zu sehr unter Druck zu setzen. Wir versuchen uns gegenseitig zu helfen.“

Und das auch auf dem (Trainings-)Platz. „Ich glaube, dass der Trainer weiß, dass wir ein gutes Verhältnis haben. Wir sind Freunde, wir werden füreinander kämpfen und immer alles geben. Wenn er einen Fehler macht, bin ich da, um Schlimmeres zu verhindern. Und wenn ich einen Fehler mache, machte er das Gleiche. Das Gefühl zwischen uns ist sehr positiv. Dadurch werden wir sicherer. Wir können das noch besser, wollen endliche auch mal wieder zu Null spielen.“ Elfmal hat es der HSV zuletzt nicht geschafft, zu Null zu spielen. Das letzte Mal war am 5. Oktober im Heimspiel gegen Fürth (2:0). Eine Serie, die am Sonnabend durchbrochen werden soll. „Es wird gegen Karlsruhe wieder nicht einfach. Aber zuhause sind wir immer stark“, sagt Letschert, „und wir haben wieder Vertrauen, das Gefühl ist positiv.“

Pyroaktion als „Win-Win“ für Fans und Klub

Und es soll von den Rängen besonders angeheizt werden. Zehn Pyrotöpfe werden vor dem Spiel kontrolliert gezündet und sollen so dem illegalen Gebrauch von Feuerwerken vorbeugen. Nach der Zustimmung seitens der zuständigen Behörden hatte zuletzt auch der DFB klein beigegeben. Unter Vorbehalt, wie man immer wieder betont, soll hier ein Feldversuch gestartet werden. Ein Vorstoß, den ich als grundsätzlich positiv erachte, da es dazu dienen kann, die Fans auf den Rängen weniger Gefahr auszusetzen. Und obwohl ich nur verhalten optimistisch bin, dass es zum Ende der illegalen Pyroaktionen führt, so ist der Prozess an sich ausschließlich positiv. Denn es hat endlich die Kommunikation stattgefunden, die HSV-Fans in den letzten Jahren immer wieder monierten. Vorstandsboss Bernd Hoffmann hat zusammen mit dem Fan-Beauftragten Cornelius Göbel die Interessen der eigenen Fans vor dem DFB vertreten und eine Einheit hergestellt, die das interne Verhältnis ein Stück weit befrieden könnte. Zumindest ist es ein guter Anfang, nachdem es in den letzten Jahren immer wieder im offenen Konflikt lebte.

 

Ich bin auf jeden Fall gespannt, inwieweit dieser mich sehr verwundernde Kniefall des DFB am Ende auch die Wirkung hat, die man sich von HSV-Seite erhofft. Dass man einigen so genannten Fans - oder besser gesagt: Chaoten  - damit den Reiz des Illegalen nicht nehmen kann, auch logisch. Ganz ausschließen wird man damit sicher nichts. Aber wenn es am Ende auch nur dazu führt, dass es einen akuten Rückgang der Pyrozündungen auf der Tribüne bringt, dann hat man zumindest einen Teilerfolg erzielt. Und der ist garniert mit der Erkenntnis, dass Fans und HSV-Führung durchaus gemeinsam Interessen vertreten können. Eine Win-Win-Situation, über die die Spieler offenbar nicht sprechen sollen. Das Thema ist an sich schon so sensibel, dass man offensichtlich erst einmal den Sonnabend abwarten will.

Dudziak wieder im Training - Jung hofft

Apropos abwarten: Das gilt auch für Jeremy Dudziak. Der Achter des HSV konnte heute nach seiner leichten Zerrung zwar schon wieder mittrainieren, musste sich aber nach einem härteren Zusammenprall mit Aaron Hunt länger behandeln lassen. Und ich hoffe, dass der Linksfuß alles so auskuriert, dass er am Sonnabend wieder bei 100 Prozent ist. Denn eines steht für mich fest: Mit Dudziak ist der HSV deutlich besser als ohne ihn. Er ist für mich bislang der einzige Spieler im Team, der das Tempo hinten raus bis in die Spitze transportieren kann und der mit gewonnenen Eins-gegen-Eins-Situationen notwendige Räume für das eigene Offensivspiel öffnet. Ich würde aktuell sogar behaupten, dass er in seiner Art unersetzlich ist für den HSV.

Allerdings hat Trainer Hecking nach dem Bochum-Spiel auch Gideon Jung explizit gelobt, der mit seiner Robustheit dem Mittelfeld defensiv etwas mehr Stabilität verliehen hatte. Von daher wird sich Dudziak Aufstellung auch an der taktischen Ausrichtung des Trainers entscheiden. Im Training heute ließ Hecking beide (auch zusammen) in der vermeintlichen A-Elf agieren.  Stichwort: Konkurrenzkampf hoch halten. Entschieden ist dagegen, dass Lukas Hinterseer vorn wieder beginnen wird. Zumindest hatte Hecking das vorgestern so angedeutet. Und dabei dürfte s auch bleiben, obgleich Neuzugang Joel Pohjanpalo heute im Training wieder zu gefallen wusste. Dass Khaled Narey wie heute im Training auf rechts für Jordan Beyer beginnen wird, halte ich dagegen für nahezu ausgeschlossen.

In diesem Sinne, bis morgen! Da melde ich mich wie gewohnt um 7.30 Uhr mit dem MorningCall bei Euch, ehe ich mich um 13 Uhr via Facebook live von der Pressekonferenz melde. Training ist morgen unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Bis dahin!

Scholle

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