Marcus Scholz

2. Oktober 2019

Sie waren alle wieder da. Dieter Hecking und Dirk Bremser leiteten wieder die Einheit. Zusammen mit dem zweiten Cotrainer Tobi Schweinsteiger, der am Dienstag für einen Tag Chef im Ring war. Neben den Trainern stiegen derweil auch Ewerton, Kittel und Papadopoulos wieder ins Training ein – nur einer fehlte: Daniel Heuer Fernandes. Die Nummer eins des HSV hatte sich gestern im Training eine leichte Zerrung zugezogen und pausierte heute. Für ihn wurde Nachwuchskeeper Kevin Harr hochgezogen, während Tom Mickel als erster Ersatzkeeper darauf hoffen kann, am Sonnabend ausgerechnet gegen seinen Exklub Greuther Fürth spielen darf.

Es wäre das erste Mal seit  Mai, wo er den verletzten Julian Pollersbeck vertrat, und insgesamt erst sein viertes Zweitligaspiel für den HSV.  Entscheiden wird sich das alles allerdings erst morgen und Freitag in den letzten beiden Einheiten. Stand heute besteht allerdings auch noch eine realistische Chance, dass Heuer Fernandes rechtzeitig gesund wird.

Sicher nicht spielen wird Gideon Jung. Der Innenverteidiger muss mit muskulären Problemen im Oberschenkel passen und die große Frage, die wir uns heute schon beim Training am Rand stellten, ist: Wen sieht Hecking hier vorn? Wen würde er neben Rick van Drongelen stellen? Im gesunden Zustand wäre das meiner Meinung nach mit großer Wahrscheinlichkeit Ewerton. Der Brasilianer, der seit seinem Wechsel zum HSV dauerverletzt (mit zwei Wochen „Unterbrechung“ ) ausfällt, war heute weder auf dem Platz und durfte das Warmmachprogramm mitmachen. Er bringt das komplette Paket mit. Mehr als das Warmmachprogramm ist aber noch nicht drin. Kurz danach war für ihn heute schon wieder Schluss und er wanderte auf den Nebenplatz, wo er zusammen mit Physio Sebastian Capel und Christoph Moritz individuell trainierte.

Bleiben also noch drei Kandidaten: Der erfahrene Kyriakos Papadopoulos, der noch nicht wieder topfitte Timo Letschert – und der junge U20-Nationalspieler Jonas David.  Und Letztgenannter war es, der heute in den Trainingsspielen neben dem gesetzten van Drongelen spielte. Durchgehend. Und gut, um das auch gleich vorwegzunehmen. Ginge es nach dieser Einheit, wäre es David, der die größte Chance hätte – auch, weil der Trainer bei Letschert noch nicht davon überzeugt ist, dass er 90 Minuten durchhält. Sollte der Niederländer diesen Eindruck wiederlegen können und Grünes Licht geben, hätte er wahrscheinlich größere Chancen.

Irgendwie raus scheint dagegen Papadopoulos zu sein. Dem Griechen fehle das Tempo, hatte Hecking zuletzt gesagt und damit erklärt, weshalb Gideon Jung den Vorzug erhalten hatte. Nach der langen Vorbereitung, in der Papadopoulos teilweise sogar die Kapitänsbinde in Testspielen tragen durfte, ein bitterer Rückschritt für den erfahrensten Innenverteidiger beim HSV, der sich im Training nicht hängenlässt. Noch nicht. Allerdings ist sich Papadopoulos seiner schwierigen Situation beim HSV offenbar bewusst. So hatte er nach dem Wolfsburg-Test bereits eindeutig-zweideutig gesagt, dass er unzufrieden sei mit seiner Rolle und mehr Spielzeit erwarte. Allerdings blieb dieser Wunsch ungehört. Und vieles deutet daraufhin, dass es auch so bleibt.

Stattdessen scheint Hecking mit David tatsächlich einen Youngster aufbauen zu wollen. Und die Gelegenheit dafür ist jetzt da. Mit seinen 1,90 Meter Körpergröße bringt David zudem ein ordentliches Kopfballspiel mit. Wobei, apropos Kopfballspiel: Seit Jahren schon ist eine Tendenz bei den Profis (ebenso wie bei uns in Hamburgs Amateurligen) zu erkennen, die mich verwundert: Es kann einfach keiner mehr richtig köpfen.  Wer sich heute bzw. in den letzten Monaten und Jahren die wenigen Kopfballübungen beim HSV angeschaut hat, der ist nicht selten hintenrüber gefallen. Auch heute absolvierten die Defensivspieler eine Kopfballübung mit Cotrainer Dirk Bremser.  Letschert, Papadopoulos, Ewerton und Yonugster David zeigten, wie man zum Kopfball hochsteigt und „die Klappschere“ rausholt. Das heißt, hochspringen, in der Luft den Oberkörper nach hinten drücken, um dann mit einer hervorschnellenden Bewegung maximalen Druck gegen den Ball zu bekommen. Das Besondere daran ist aber weniger diese Technik, als vielmehr das Timing. Und das hatten diese vier.

Wobei man bei David noch leichte  Abstriche machen muss. Allerdings muss Hecking zusehen, dass er am Sonnabend gegen Fürth die Schwäche bei hohen Bällen behoben bekommt, die zuletzt offensichtlich wurde. Und wenn es allein um das Kopfballspiel ginge, wäre Papadopoulos im Dreikampf um die Jung-Nachfolge sicher vor Letschert und David.

Fazit: Papdopoulos nicht einzusetzen ist eine ebenso sportlich wie strategisch getroffene Entscheidung. Mit dem (teuren) Griechen wird in Hamburg nicht langfristig geplant. Letschert indes wäre wahrscheinlich die erste Wahl für Hecking – wenn er nicht befürchten müsste, dass der Niederländer noch keine 90 Minuten durchhält. Und wechseln in der Viererkette will kein Trainer. Bleibt also tatsächlich David – und da spreche ich nicht von meiner Bewertung der drei Kandidaten, sondern schildere lediglich meine Beobachtungen. Aber das nur für die, die das gestern nach meinem  Blog über die Irrungen und Wirrungen rund um Jonas David ein wenig falsch gedeutet haben.

Und klar: David als Eigengewächs in den Profikader zu bringen wäre sicher eine schöne Geschichte für die HSV-Verantwortlichen, die ihn eigentlich schon abgeschrieben hatten. Aber darum kann es nicht gehen. Und ich bin mir sicher, dass es auch niemandem beim HSV, schon gar nicht Hecking,  vorrangig darum gehen wird. Dafür ist das Ziel Wiederaufstieg zu wichtig. Aber David hat sich sportlich angeboten, so viel darf man bis hierhin festhalten. Seine Aufstellung wäre also sportlich allemal vertretbar.  Von daher bleibt es spannend, wer die Nachfolge Jungs antreten darf.

In diesem Sinne, bis morgen. Da melde ich mich (weil keine Zeitungen rauskommen) nicht schon um 7.30 Uhr mit dem MorningCall sondern erst am Abend wieder mit dem Tagesblog. Euch allen bis dahin einen schönen Champions-League-Abend und einen schönen Feiertag!

Scholle

 

P.S.: Um Euch nicht mit Talenten zu überfordern, die mir gefallen, hier im Nacklapp: Im Training heute war Travian Sousa wieder dabei – und wieder auffällig gut. Robuster als beispielsweise Amaechi und technisch stark präsentiert sich der 17 Jahre alte US-Amerikaner derzeit und darf zurecht darauf hoffen, weiter bei den Profis dabei zu bleiben.

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