Marcus Scholz

1. September 2019

++++ WECHSELSPIELE: Manuel Wintzheimer (zum VfL Bochum) und Berkay Özcan (zu Basaksehir Istanbul) gehen auf Leihbasis – während Neuzugang Nummer 12 im Anflug ist: Martin Harnik kommt auf Leihbasis mit Kaufoption vom Nordrivalen Werder Bremen ++++

 

„Spitzenreiter, Spitzenreiter, hey – hey“, schallte es von den Rängen, als sich die HSV-Mannschaft geschlossen in Richtung Nordtribüne aufmachte, um zusammen mit den Fans den verdienten 3:0-Erfolg gegen Hannover 96 zu feiern. Einen Sieg, der viele Gesichter hatte – aber eines, das alles überstrahlte. Denn Bakery Jatta, der in den vergangenen Wochen von bösen Verdächtigungen medial getrieben wurde und leider noch getrieben wird, konnte gar nicht aufhören, sich zu freuen. Er war es, der mit dem Treffer zum 3:0 den sportlichen Schlusspunkt gesetzt und das mit 54.732 Zuschauern gut gefüllte Volksparkstadion in Ekstase versetzt hatte. Er war es, der auch Minuten nach Schlusspfiff noch von den eigenen Fans gefeiert wurde. Womit? Mit Recht! „Wir sind heute gegen eine sehr starke Mannschaft ein wenig unter die Räder gekommen“, fasste Hannovers Trainer Mirko Slomka das Spiel zusammen. Und er hatte Recht. Aber, wie immer, der Reihe nach:

 

Trainer Dieter Hecking schenkte wie erwartet der Mannschaft das Vertrauen, die vergangene Woche in Karlsruhe begonnen und gewonnen hatte. Und dennoch waren es zunächst die Gäste, die von Anpfiff an das Kommando übernahmen – das allerdings für gerade einmal fünf Minuten. In diesem Spielabschnitt attackierten die Niedersachsen früh, suchten den direkten Weg zum HSV-Tor und wirkten zunächst wacher - ohne dabei jedoch eine echte Torchance zu erspielen. Die bekamen die Hannoveraner tatsächlich erst, als sie ihr Spiel auf Karo einfach umstellten und mit langen Bällen auf Duksch und Weydandt zu kontern begannen. Aber Rick van Drongelen (18.) und Jung (19.) konnten retten.

Der HSV braucht fünf Minuten - aber dann hat er alles im Griff

Zuvor hatte der HSV aber seinerseits ebenfalls Gelegenheiten, um in Führung zu gehen. Oder besser gesagt: Man hätte sich mit etwas genauer gespielten letzten Bällen sehr gute Gelegenheiten erspielen können. Der sehr agile Khaled Narey (bekam von Trainer Hecking sogar ein Sonderlob) war es, der sich in der achten Minute den Ball am gegnerischen Sechzehner erkämpfte, dann aber den Querpass dem Schuss hätte vorziehen sollen.  So war der Versuch kein Problem für 96-Keeper Ron Robert Zieler.  In der 32. Minute machte es Leibold dann zwar gedanklich besser – aber sein Querpass versprang ihm kräftig und geriet zu lang. Und dennoch ging der HSV noch in der ersten Hälfte in Führung - verdientermaßen. Khaled Narey setzte sich über rechts gut gegen Hannovers Anton durch, passte scharf in die Mitte, wo Sonny Kittel nur noch den Fuß hinhalten musste. Das 1:0 (35.) – und der Halbzeitstand.

Viel mehr kann man zur ersten Hälfte auch wirklich nicht sagen. Es war kein wirklich spannendes Spiel – dafür war Hannover einfach zu harmlos und der HSV nicht zielstrebig genug. „Langweilig“, nannte es ein Bloguser - kann man so sehen. Aber: Das Ergebnis stimmte.

In der zweiten Halbzeit wird es deutlich

Und das sollte sich heute auch nicht mehr ändern. Im Gegenteil: Der HSV wurde noch besser und übernahm auch in der zweiten Halbzeit das Kommando. Immer wieder über rechts kommend, wo Gyamerah und Narey heute sehr gut harmonierten, wurde es gefährlich. Wenig verwunderlich, dass es dann auch Narey (nach Pass Gyamerah) war, der das 2:0 vorbereitete. Seinen Schuss aus 13 Metern konnte Zieler weder festhalten noch ausreichend zur Seite klären. Kinsombi nutzte den Abpraller per Direktabnahme zum 2:0 (59.).

Ein Tor, das das Spiel spannender hätte machen können – wenn Hannover jetzt wenigstens angefangen hätte, seinerseits Druck aufzubauen. Sie wechselten zwar offensiv, wurden es aber nicht. Und das aus Gründen: Zum einen stand der HSV defensiv sicher und zum anderen machten die Hecking-Mannen einfach da weiter, wo sie aufgehört hatten: Sie machten Druck. Mit Gideon Jungs vielleicht bester Leistung seit seiner Verletzung vor einem Jahr. Zudem mit einem extrem fleißigen Hinterseer, einer starken rechten Seite – und einem bis hierhin etwas unglücklich agierenden Jatta, der es aber unbedingt wissen wollte. Er suchte den Weg zum Tor – und er fand ihn!

Der Jatta-Moment stellt alles in den Schatten

In der  75. Minute nutzte er einen Abpraller, um den Ball zum 3:0 unter Zieler einzuschieben. Ein  Tor des Willens – und ein Treffer, der natürlich besonderen Jubel auslöste. Jatta lief zu Trainer Dieter Hecking, der in Jubelpose auf den zuletzt medial bedenklich getriebenen Gambier wartete. Aber nicht nur Hecking wollte sich Jatta in besonderer Weise mitteilen. Alle Spieler des HSV demonstrierten noch einmal, wie sie zu dem unter dem Verdacht der Identitätstäuschung stehenden Teamkollegen stehen, indem sie alle zu Jatta stürmten. Rick van Drongelen und Adrian Fein zum Beispiel sagten in den Katakomben später deckungsgleich: „Das war natürlich ein Gänsehautmoment.“ Selbst Torwart Heuer-Fernandes lief aus seinem Kasten bis zur Auswechselbank, um sich der großen Jubeltraube anzuschließen, während die Ränge ihrerseits eskalierten. Ein Tor zum Genießen – und es wurde genossen.

HSV-Angreifer Bakery Jatta war der umjubelte Mann im Volkspark

 

Ich will hier nicht unerwähnt lassen, dass die Hannoveraner ihrerseits zu Chancen kamen und zumindest in der 73. Minute hätten treffen müssen. Duksch scheiterte im Nachschuss an dem sensationell parierenden Heuer-Fernandes. Aber diese Schlussphase gehörte egal wie heute nur einem: Bakery Jatta. Der Angreifer krönte ein gutes HSV-Spiel, in das Trainer Hecking jetzt noch Papadopoulos (für Jung), Hunt (für Kittel) - und Wood für Jatta brachte. Hecking verschaffte seinem Angreifer damit noch einen Moment, den er so schnell nicht vergessen wird. Es war auf jeden Fall ein Abgang, bei dem ich Gänsehaut bekam. Standing Ovations von den 54.732 Zuschauern und ein dankbarer Jatta, der auch nach Schlusspfiff noch mal von den Fans gefeiert wurde. Zurecht.

Hecking schwärmt von "einem perfekten Nachmittag"

„Es war für mich ein perfekter Nachmittag. Angefangen mit der Choreo, die man lobend erwähnen muss bis zum Schlusspfiff hat es gepasst. Ich bin heute ein sehr, sehr zufriedener Trainer.“ Zumal natürlich auch er den Moment mit Jatta eine besondere Bedeutung gab: „Wie der Junge damit umgeht, ist sensationell. Er hat nach Karlsruhe zwei schwere Tage gehabt, weil er nicht verstanden hat, warum er ausgepfiffen wurde. Da war es wichtig, ihn abzuholen. Und das haben wir“, so der Trainer, der den Moment genießen wollte – aber auch warnte: „Ich lasse die Euphorie auch zu. Aber ich als Trainer muss jetzt sehen, dass ein nächstes Spiel ansteht. Heute haben wir eine Messlatte gelegt, die sehr hoch ist.“

Stimmt. Aber das Personal ist da, um diesem Maßstab konstant zu entsprechen. Ob es trotzdem weitere Neuzugänge gibt? Morgen endet die Transferphase. Und Hecking, der auf der Pressekonferenz den Wechsel von Berkay Özcan zum türkischen Erstligisten Basaksehir (ein Jahr auf Leihbasis inkl. Kaufoption) verkündete  lässt alles offen: „Ich weiß von dem einen oder anderen, dass noch was passieren kann. Auf beiden Seiten.“, so Hecking nach dem Spiel, während Slomka gar nicht aufhören wollte, seinen Exklub zu loben:  „Der HSV ist für mich der absolute Favorit. Eine sehr dynamische Mannschaft mit vielen Spielern, die den Unterschied ausmachen können.“

 

In diesem Sinne, bis morgen. Habt alle einen schönen Nachmittag/Abend.

Scholle

Das Spiel im Stenogramm:

HSV: Heuer Fernandes - Gyamerah, Jung (76. Papadopoulos), van Drongelen, Leibold - Fein, Kinsombi - Narey, Kittel (83. Hunt), Jatta (87. Wood) - Hinterseer

Hannover 96: Zieler - Korb, Franke, Anton, Horn - Bakalorz (60. Teuchert), Elez (73. Hansson) - Haraguchi, Prib - Ducksch (73. Muslija), Weydandt

Tore: 1:0 Kittel (35.), 2:0 Kinsombi (59.), 3:0 Jatta (75.)

Zuschauer: 54.732

Schiedsrichter: Bastian Dankert (Rostock)

 

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