Nico Pommerenke

24. Juli 2018

Moin liebe User der Rautenperle!

Der heutige Tag stand unter dem Zeichen der Rückkehr. Zunächst einmal kehrte die Mannschaft nach dem freien Montag zurück in den Volkspark und absolvierte zwei Trainingseinheiten. Um 10 Uhr am Vormittag wurde bei mehr und mehr aufkommender Hitze auf dem Platz an der Arena geübt, vor allem der Torabschluss stand dabei im Mittelpunkt. Am Nachmittag wurde dann noch eine ebenso schweißtreibende Krafteinheit absolviert.

Und mitten drin - der weit gereiste Ex-Kapitän. Gotoku Sakai landete gestern um 18:30 Uhr in Hamburg, trat die weite Reise aus der japanischen Heimat allein und ohne Familie an. „Ich habe mich schon lange auf den Moment gefreut, wieder in Hamburg zu trainieren“, so die ersten Worte des WM-Teilnehmers nach der Wiederaufnahme der Arbeit. Wobei: So richtig ruhen wollte der 27-Jährige in den rund drei Wochen Urlaub nach der Weltmeisterschaft nicht: „Ich habe in Japan viel individuell trainiert. Die Konkurrenz ist hier in Deutschland so groß, wenn Du einmal verletzt bist, bist du sofort raus. Deshalb mach ich jedes Mal ein bisschen was extra.“ Dabei engagierte Sakai einen eigenen Personal-Trainer und absolvierte ein ausladendes Individualprogramm: Lange Läufe, Krafttraining, Koordination und Sprints.

Eine Moral, die sich jeder Trainer nur wünschen kann. Und so war auch Christian Titz voller Lob für seinen Führungsspieler, der „extrem diszipliniert“ sei und den EKG-Test am Nachmittag mit Sicherheit problemlos absolvieren würde. „Spieler wie Gotoku Sakai werden Sie selten finden“, so Titz nach der Vormittagseinheit in die Runde der Journalisten, „das habe ich noch nie gesehen!“ Nicht nur aufgrund der körperlichen Disziplin, auch wegen der Erfahrung baut der HSV-Coach auf Sakai als seinen Rechtsverteidiger, ebenso wie auf dessen Pendant auf der linken Seite: „Go und Douglas Santos sind beide Spieler mit hoher Qualität. Die haben nun schon auch ein paar Jahre Erfahrung und können die Dinge gut spielerisch lösen.“ Dass die beiden angesprochenen Verteidiger, die schon in der vergangenen Saison acht Bundesligaspiele von Titz trainiert wurden, gesetzt seien würden, dürfte keine große Überraschung sein. Aber der Nachdruck, mit dem der Übungsleiter das Duo lobte, unterstrich eindeutig, welch verantwortungsvolle Rollen beiden zukommen dürften.

Im Falle Sakais wird es allerdings einen Einschnitt geben. Aaron Hunt ist neuer HSV-Kapitän und bekleidet damit in der neuen Saison das Amt, das Gotoku Sakai im November 2016 von Johann Djourou übernommen hatte. „Go kam nach dem letzten Spiel zu mir und hat gesagt, dass er es gut fände, wenn wir jemand anderes zum Kapitän machen, jemand, der etwas wortgewaltiger ist“, erinnert sich der Trainer am heutigen Vormittag. Nichtsdestotrotz sehe Titz in Sakai den „stillen Chef auf dem Platz“, jemanden, der gerade für junge Spieler wichtig ist und diese unter seine Fittiche nehmen kann. „Wir wollen ja mehrere Leute haben, die Verantwortung übernehmen und die Jungs auch führen“.

„Meine Rolle verändert sich nicht so großartig“, findet auch der Japaner selber, der wie in der vergangenen Saison vorangehen und junge Spieler an die Hand nehmen will. „Aaron übernimmt die Rolle des Kapitäns sehr gut, weil er viel Erfahrung hat. Genauso Lewis Holtby und Christoph Moritz. Wir fünf oder sechs Führungsspieler unterstützen die Jungen, egal ob Kapitän oder nicht“.

Damit beschreibt Sakai sehr passend die neuen, von der sportlichen Führung gewollten Strukturen innerhalb der Mannschaft. Aufgrund des Abstiegs muss vermehrt auf junge Talente gesetzt werden. Damit diese allerdings nicht ziel- und in kritischen Phasen nicht kopflos agieren, bedarf es eben dieser Spielertypen, die schon etwas mehr auf dem Kerbholz haben und sich somit berechtigt sehen, auf und neben dem Platz den Ton anzugeben.

In der Kabine dürften dabei mit Sicherheit einige Gesichten von der Weltmeisterschaft zu erzählen sein. Beim Turnier in Russland, Sakai stand bei der 0:1-Niederlage gegen Polen 90 Minuten auf dem Platz und absolvierte sein 42. Länderspiel, konnte sich seine Japanische Nationalmannschaft gleich auf mehreren Ebenen globalen Respekt erspielen. Zunächst durch das Erreichen des Achtelfinales und das nur knappe und sehr unglückliche Scheitern gegen Belgien in der Nachspielzeit (Sakai: „Am Ende hat sich die Qualität durchgesetzt“). Anschließend durch das Aufräumen der Kabine nach dem WM-Aus. Das Foto von der blitzblanken Umkleide ging um die Welt und sorgte für viel Lob. „Für uns ist das normal. Das haben ja auch unsere Fans gezeigt“, gab Sakai zu Protokoll und fügte hinzu: „Das ist unsere Kultur, da sind wir auch stolz drauf: Alles so sauber hinterlassen, wie man es vorgefunden hat.“

Dass es bei der WM nur zu einem Einsatz reichte, war unter anderem ein Grund für den früheren Stuttgarter, aus der Nationalmannschaft zurückzutreten. Neben dem aufreibenden Konkurrenzkampf seien da die langen Flüge - und natürlich der HSV. Jetzt könne er sich noch mehr auf die Ziele mit dem Verein konzentrieren, so Sakai, der merklich einen ganz wichtigen Platz im Zweitligakader einnehmen will - und auch muss. Die Achse aus erfahrenen Profis ist in jeder Hinsicht wichtig für den Trainer. Die Botschaft, die sein Ex-Kapitän heute durch sein Auftreten sandte: Auf mich kannst Du bauen!

 

Ein weiterer erfahrener Mann landete heute Nachmittag in Hamburg. Filip Kostic wurde am ebenso wie Sakai ärztlich untersucht und soll bis zum Ende der Woche ans Mannschaftstraining herangeführt werden. Christian Titz stellte, gefragt nach der Rolle des serbischen WM-Teilnehmers, klar: „Der Spieler möchte sich verändern und weiter erstklassig spielen. Da laufen auch Gespräche. Aber noch ist er bei uns.“ Heißt: Vorerst wird Professionalität gewahrt, aber ein Verbleib in Hamburg ist ausgeschlossen, auch von Seiten des Clubs. Denn der HSV muss den teuren Außenbahnspieler von der Gehaltsliste bekommen.

In Sachen Innenverteidigung habe ich ja bereits gestern einen Überblick zur Gesamtsituation verfasst. Christian Titz fügte heute hinzu, man werde durchaus noch versuchen, einen Transfer zu realisieren. „Dann aber keinen jungen Spieler, sondern jemanden, der etwas mehr Erfahrung hat.“

Im Training probierte der Trainer zudem etwas Neues aus: So ließ er Aaron Hunt in einer Spielform als Stürmer auflaufen, obwohl mit Pierre-Michel Lasogga, Manuel Wintzheimer und Jann-Fiete Arp drei potentielle Angreifer im Kader stehen. Der Trainer dazu: „Das war heute die Möglichkeit, das ganze mal auszuprobieren. Aber am Donnerstag und Freitag werden wir dann schon konkret aufs Spiel hinarbeiten.“ Schwer vorstellbar, dass Hunt bei der aktuellen Personallage in der Offensive als Stürmer auflaufen wird. Allerdings könnte auch ein taktisches Ziel dahinterstecken: Titz könnte Hunt als hängende Spitze im laufenden Spiel immer wieder als Anspielstation in die vorderste Position schicken, um variabler zu sein und von der Kreativität seines Kapitäns im letzten Drittel des Spielfeldes zu profitieren. Der weitere Verlauf der Trainingswoche könnte durchaus interessanten Aufschluss hierzu bringen.

Abschließend noch zur Personalsituation: Bakery Jatta wird nach seinen Adduktorenproblemen langsam wieder aufgebaut. Douglas Santos, einer der Schlüsselspieler des Kaders, meldete sich nach seiner Verletzung am Hüftbeuger wieder fit zurück. Und Christoph Moritz klagte nach einer leichten Trainingsverletzung noch über Flüssigkeit im Sprunggelenk, bei ihm gibt es allerdings Entwarnung.

Die morgige Vormittagseinheit dürfte etwas früher als normal starten. Christian Titz plant, seine Mannschaft zwischen 9 Uhr und 9:30 Uhr auf den Platz zu bitte. Der Grund: die anhaltende Hitze.

 

In diesem Sinne - bis morgen!

Euer Nico

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