Marcus Scholz

14. Mai 2019

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Es sollte ein Gespräch werden, in dem der Vorstandsboss die aktuelle Situation ein wenig einordnen - und bestenfalls ausufernde Spekulationen beenden sollte. Oder besser gesagt: er wollte es. Herauskam ein interessantes Statement ohne klare Quintessenz. Außer der, dass seit Winter sportlich alles schief gelaufen ist, was schief laufen konnte und eben nie schieflachen durfte. Betonung dabei: sportlich. Denn den wirtschaftlichen Bereich, also sein Kerngebiet, hat der HSV sehr gut aufgestellt, wie Bernd Hoffmann heute noch mal klarstellte. Wer für diesen sportlichen verantwortlich sei, war eine der ersten Fragen an den Vorstandsboss, der zwei Tage nach dem Nichtaufstieg noch immer angefasst wirkte. „Wir haben den überflüssigsten Nicht-Aufstieg der Fußball-Geschichte zu verdauen. Das lässt niemanden kalt. Es geht dabei um ein Systemversagen. Mir geht es immer noch schlecht.“

Immerhin muss man nicht nur den Misserfolg an sich verdauen, sondern sich auch eingestehen, dass man offensichtliche Fehler nicht rechtzeitig erkannt und bestellt hatte. Man hat seine eigenen Zielvorgaben  verfehlt. Deshalb sprach Hoffmann heute auch davon, dass das sportliche System beim HSV in den zurückliegenden fünfeinhalb Monaten „versagt“ hätte. Ob dafür der Trainer verantwortlich sei? „Ich habe mir – wie sicher jeder Fan und Mitarbeiter auch – viele Gedanken gemacht und schlaflose Nächte hinter mir. Wir müssen jeden einzelnen Stein umdrehen. Das Versagen hat auch mit einzelnen Personen zu tun, aber im Winter ist das ganze Sportsystem kollabiert.“ Und ohne „das Sportsystem“ genau zu umreißen, legte Hoffmann zur Trainerfrage um Hannes Wolf nach: „Natürlich sitzt der Trainer mit im Boot, wie jeder andere auch, da nehme ich mich auch nicht aus. Wir werden die Situation in aller Ruhe, aber auch ganz zügig analysieren – denn in vier, fünf Wochen ist schon wieder Trainingsauftakt. Da werden wir die aus unserer Sicht notwendigen Entscheidungen treffen, die nötig sind, damit wir wettbewerbsfähig sind. Diese Gespräche werden wir jetzt führen. Wir werden aber mit Hannes Wolf sprechen, nicht über ihn. Die Analyse, warum es in dieser Saison nicht zum Aufstieg gereicht hat, betrifft alle Abteilungen.“

Dass das automatisch Entlassungen auf der Geschäftsstelle bedeuten würde, wie zuletzt vielfach vermutet wurde, dementierte Hoffmann. Er sieht die Schuld für den sportlichen Misserfolg nicht allein in dieser Saison sehen mag, sondern ihn auch als Folge der  Fehler in der Vergangenheit sah. „Wir sind seit Jahren im permanenten sportlichen Krisen-Modus, der dann üblicherweise im Austausch einzelner Personen endet. Das macht es dann kurzzeitig besser, sorgt für eine gewisse Erholung, aber das hat eindeutig dauerhaft keinen Effekt gehabt. Da müssen wir uns jeden einzelnen Bereich anschauen und analysieren.“

Hoffmann möchte - ohne das genauer zu definieren - diesen Kreislauf aus ewig wiederkehrenden kurzfristigen Personalwechseln durchbrechen. Ob das bedeute, dass er sich eine konstante Zusammenarbeit auch mit Becker vorstellen kann? Hoffmann antwortete wie auf alles andere auch ausweichend: „Wir müssen diesen Kreislauf irgendwann mal durchbrechen, dass wir permanent alles reduzieren auf den Trainer. Das ist aus meiner Sicht Unsinn.“ Dennoch konnte und wollte Hoffmann sich nicht festlegen, was Wolfs Zukunft betrifft. Ob er persönlich denn eine weitere Zusammenarbeit mit dem Trainer präferiert?  Hoffmann zögerte, überlegte und antwortete:„Ich will unserer Analyse hier jetzt nicht vorgreifen.“ Ergo: Alles bleibt wie es war - offen zu allen Seiten.

Interessant war auch, dass Hoffmann es als Fehler ansprach, sich vor Saisonbeginn nicht um mentale Hilfe von außen für die junge Mannschaft gekümmert zu haben. „Es gibt keinen einzigen Spieler, der in der Rückrunde die Leistung gebracht hat, die er in der Hinrunde gebracht hat. Da mag jeder ein eigenes Thema gehabt haben, ob mental oder medizinisch, ein Vertragsthema“, so Hoffmann. „Das werden wir jetzt in aller Klarheit analysieren und die notwendigen Schritte einleiten, damit wir insgesamt auf ein anderes Niveau kommen. So wird das nichts.“ Aber seht und hört selbst:

 

 

Letztlich war die heutige Veranstaltung nicht viel mehr als ein netter Plausch und ein daraus resultierender Zeitgewinn für den Vorstand, der sich vor dem letzten Spiel gegen den MSV Duisburg noch nicht festlegen wollte, wie es mit oder ohne Wolf weitergeht. Es wurde dabei lediglich deutlich, dass sich der Vorstandsvorsitzende nur sehr bedingt in der Verantwortung sieht für den Misserfolg. Er schob sich heute dezent aus der Schusslinie. Offen ist seit heute dagegen, inwieweit Becker für die mangelhafte Kaderzusammenstellung verantwortlich gemacht wird. Denn die wurde zuletzt von Becker selbst, dem Trainer  nach dem Paderborn-Spiel und jetzt auch noch einmal von Bernd Hoffmann angeprangert.

 

Fortsetzung folgt. ganz sicher.

 

In diesem Sinne, bis morgen. Da melde ich mich wie immer um 7.30 Uhr mit dem MorningCall bei Euch und am Nachmittag um 15.30 Uhr wird öffentlich trainiert.

Scholle

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