Lars Pegelow

9. Mai 2019

 

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Nichts spricht für den HSV. Nicht die Form der vergangenen Wochen. Nicht die mentale Verfassung, die sich beim Spiel gegen Ingolstadt auf desolateste Weise zeigte. Nicht die Personalsituation. Nicht die Performance von Trainer Hannes Wolf zuletzt. Nicht die Stimmung bei den HSV-Fans. Soweit, so gut. Das alles ist bekannt – und dennoch ist in diesem einen Spiel beim SC Paderborn HSV-Hoffnung vorhanden, denn auf dem Reißbrett ist noch kein Fußballspiel entschieden worden. Fällt ein frühes Tor? Gibt es eine unglückliche Schiedsrichter-Entscheidung in die eine oder andere Richtung? Scheitert auch der SC Paderborn in seiner Rolle des Gejagten, so wie der HSV seit dem Derby-Sieg gescheitert ist (und so wie sich Paderborn zuletzt auch in Bielefeld schwer getan hat)? Findet Hannes Wolf tatsächlich wieder den Paderborn-Schalter seiner Mannschaft, den er schon zwei Mal in dieser Saison gedrückt hat?

Der Kollege Henrik Jacobs vom Hamburger Abendblatt hat in seiner Kolumne am vergangenen Wochenende darauf hingewiesen, dass der permanente Krisen-Modus des HSV nicht schon wieder nur am Trainer festgemacht werden dürfe. In diesem Sinne haben die Verantwortlichen dann auch entschieden nach der Pleite gegen den FC Ingolstadt. Und unabhängig davon, ob in den letzten beiden Saisonspielen nicht doch ein „Retter“ den nötigen Sieg-Impuls gegeben haben könnte, weil fast alle Wolf-Maßnahmen der jüngeren Vergangenheit ins Leere liefen: Es ist auf allen Ebenen Konsens, dass der HSV tatsächlich nicht ständig einzelne Trainer-Probleme hatte, die durch Wechsel-Spielchen zu beheben gewesen wären. Das Leistungs-Mentalitäts-Versagensangst-Problem des HSV in all den Jahren sitzt generell nicht auf dem Trainerstuhl. Daran ändert die Tatsache nichts, dass einzelne Entscheidungen gegen diesen oder jenen Trainer immer möglich sein müssen – wie bei allen anderen Profi-Clubs auch, und so wie es nach meiner Ansicht auch in der aktuellen Situation legitim gewesen wäre. Unabhängig davon: Die Entlassungs-Häufung in Hamburg und die offenbar stillschweigende Übereinkunft, im Zweifel lieber den Titz-Labbadia-Gisdol-Hollerbach-Slomka-oder sonstwie besetzten-Sessel zur Disposition zu stellen, muss der Vergangenheit angehören.

An dieser Stelle wird es kompliziert. Was machen Bernd Hoffmann und Ralf Becker, sollte der HSV nun tatsächlich scheitern und den Aufstieg verpassen, was zur Stunde eher wahrscheinlich ist als der Wiederaufstieg? Entscheiden sie – HSV-untypisch – wieder pro Wolf, und lassen den dann gescheiterten Coach den Neuaufbau in der kommenden Saison leiten? In der Argumentations-Logik dieser Woche müssten die Verantwortlichen sehr wohl an Wolf festhalten. Welche Garantie gäbe es, dass ein anderer Trainer erfolgreicher sein würde? Wie man es dreht und wendet – die Lage ist verflixt. Klar ist nur eins: Völlig egal, ob am Ende Platz 2, 3 oder 4 steht – die Ereignisse dieser Saison zeigen einmal mehr, dass im Volkspark keine angemessene Anspruchs- und Leistungs-Kultur herrscht. Das ist bei fast allen anderen Profi-Clubs besser. Anspruch- und Leistungs-Kultur heißt übrigens nicht, vorschnell nach Erfolgen zu streben, sondern realistisch zu denken, reden und planen. Die Frage des Sport-Psychologen oder Mental-Trainers ist in diesem Zusammenhang in den vergangenen Tagen – ich finde, völlig zurecht – diskutiert worden. Allerdings bezieht sich die Problematik nicht allein auf den sportlichen Bereich. Zu diesem Thema gibt es am heutigen Donnerstag übrigens einen interessanten Beitrag  im NDR Hamburg Journal mit Mental-Coach Olaf Kortmann.

Die bange Frage lautet: Wie kriegt Hannes Wolf mit seinem Team abseits aller strategischen Überlegungen bis Sonntag die Angst aus den Köpfen? Eine Strategie war, auf die Rückkehr von Aaron Hunt zu warten. Der Ansatz ist nachvollziehbar, doch was passiert, wenn Hunt – wie zuletzt bei Union Berlin – aus seiner Verletzung eben nicht mit dem erhofften Schwung kommt? Dann bricht das Kartenhaus zusammen. Hier müssen wir abwarten, wie sich Hunts Gesundheit bis Sonntag entwickelt. Eine andere Strategie wurde von Hannes Wolf und Ralf Becker schon einen Tag nach dem Ingolstadt-Spiel gestartet: Im Geiste anknüpfen an die beiden erfolgreichen Spiele gegen Paderborn in dieser Saison. Diese Partien zu isolieren – und verbal vielleicht auch dem Konkurrenten aus Ost-Westfalen Erinnerungen an zwei verlorene Spiele mit in die Woche zu geben. Tatsächlich war der DFB-Pokal-Auftritt des HSV in Paderborn Anfang April das beste Hamburger Spiel in diesem Kalenderjahr. Die Messlatte hängt nicht hoch, ist mir auch klar, aber es war trotzdem eine gute Leistung. Mit dieser Formation gingen die Hamburger am 2. April zu Werke:

 

Pollersbeck – Bates, Papadopoulos, van Drongelen – Sakai, Jung, Mangala, Douglas Santos – Holtby – Jatta, Lasogga (Janjicic wurde schon in der 26. Minute für den verletzten van Drongelen eingewechselt)

 

Zuvor, beim 1:0-Heimsieg in der 2. Liga im Dezember, sah das so aus:

 

Pollersbeck – Sakai, Bates, van Drongelen, Douglas Santos – Mangala – Narey, Hunt, Holtby, Jatta – Hwang

 

Zwei unterschiedliche Formationen und taktische Ausrichtungen also, und allein das könnte den HSV-Profis verdeutlichen, dass sie nicht ohne Hunt aufgeschmissen sein müssen und entsprechend auch nicht ohne den verletzten Mangala aufgeschmissen sind. Wie man es dreht und wendet: Hannes Wolf wird versuchen, seine Spieler mit der breiten Brust vom 2. April auch jetzt am 12. Mai auf den Rasen zu schicken. Ob dieses Unterfangen gelingt, ist dann die große Frage.

Apropos Hannes Wolf: Der Dortmunder Christian Pulisic hat sich über seinen ehemaligen Jugend-Trainer bei Borussia Dortmund geäußert. In den Ruhr Nachrichten sagte der US-Spieler auf die Frage, welcher Trainer den meisten Einfluss auf seine Entwicklung gehabt habe: „Hannes Wolf. Er hat mir immer Hilfe angeboten, er konnte auch hart sein, was auch wichtig war. Und er war es, der mich oben empfohlen hat.“

Am Freitag beobachtet Scholle für Euch wieder das letzte öffentliche Training vor dem Paderborn-Spiel.

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