Marcus Scholz

14. Juli 2018

Da die Mannschaft eigentlich gestern schon gegen Wien spielen sollte und dieses Spiel erst nach meiner Buchung doch auf Samstag verlegt wurde, war ich extra so abgereist, dass ich das Spiel wenigstens live im TV sehen konnte. Aber trotz abgeschlossenen Abos hatte ich arg zu kämpfen, um an Livebilder zu kommen. Das ORF+ war via Livestream in Deutschland nicht zu empfangen und bei DAZN wurde das Spiel gar nicht angeboten. Obgleich das via Internet so verbreitet wurde... Und als ich zwischenzeitlich bei HSVtv schon aufgegeben hatte und mir ein DAZN-Abo zugelegt hatte, ging es plötzlich doch. Und was ich zu sehen bekam, war dann ein Testspiel auf vernünftigem Zweitliganiveau mit einem Chancenplus für die Gastgeber von Rapid Wien. Aber eben auch die Führung des HSV durch Matti Steinmann, der ein schönes Solo von Neuzugang Jairo Samperio nur noch einzuschieben brauchte. Tatsuya Ito lupfte den Ball an zwei Wienern vorbei in den Lauf des Spaniers, der sich bis zur Grundlinie durchsetzte und mustergültig auf Steinmann ablegte (42.).

Bis dahin hatte der HSV wieder mal mehr Ballbesitz und in der 29. Minute auch seine erste gute Gelegenheit, als Holtby nach Vagnoman-Vorarbeit den Ball quer auf Wintzheimer legte und dieser nur knapp verpasste. Auf der anderen Seite hatten die Wiener Europa-League-Teilnehmer jedoch ihrerseits gute Chancen zur Führung. In der 23. Und 38. Minute rettete Pollersbeck per jeweils gegen Rapids Angreifer Veton Berisha, während in der 39. Minute der Pfosten den HSV vor einem Rückstand bewahrte. Dass es letztlich zur Führung reichte, umso besser.

Auffällig in der ersten Hälfte war das erste Mal seit seinem Wechsel Jairo, der über außen viel Druck machen konnte. Ebenso auffällig neben Keeper Pollersbeck war mal wieder Matti Steinmann, der sich bislang am konstantesten von allen zentralen Mittelfeldspielern präsentiert und seine guten Trainings- und Testspielleistungen heute mit dem Treffer krönte. Einzige Wehrmutstropfen: Stephan Ambrosius, der schon stark bandagiert ins Spiel gegangen war, musste mit Knieproblemen ausgewechselt werden (24.) und Vasilije Janjicic hatte zum Ende der ersten Hälfte erkennbare Konditionsprobleme.

Der Schweizer musste aber bis weit in die zweite Hälfte weiterspielen. Und diese zweite Halbzeit war keine 90 Sekunden alt, da stand es schon 1:1. Malicsek zog aus gut 20 Metern ab und ließ Pollersbeck bei dem platzierten Schuss ins linke, untere Eck (aus Sicht des Schützen) keine Chance (47.). „Die Wiener sind eine Woche vor Pflichtspielstart und sicher körperlich schon ein Stück weit weiter“, hatte Trainer Christian Titz vorher gewarnt. Allerdings sah das lange Zeit gar nicht so aus. Auch nach dem Gegentor war es der HSV, der weiter auf Pressing und Ballbesitz ging. Und das mit Erfolg. In der 58. Minute nutzte der HSV einen (erzwungenen) Fehler des Wiener Keepers. Der eingewechselte Christoph Moritz kam an den Ball, steckte selbigen auf den durchstartenden Holtby in den Sechzehner und dieser legte quer auf Ito, der problemlos zum 2:1 einschieben konnte. Ein sehr schön herausgespieltes Tor.

Und der HSV blieb die spielbestimmende Mannschaft, hatte gefühlt 80 Prozent Ballbesitz und bewies, dass sich Titz’ akribisches Training der letzten Tage schon auszählt. Der HSV wirkte kombinationssicher und hatte lediglich im Aufbauspiel aus der eigenen Defensive (über Pollersbeck, van Drongelen und Jung-Ersatz David Bates) Pobleme. Zudem bleibt die Konteranfälligkeit ein Problem. Heute zum einen, weil Titz in der Zwischenzeit sehr viel wechselte, zum anderen aber auch taktisch bedingt. Gegen Aarhus hatte das  brutalen Folgen. Da fing man sich gleich 5 Kontertore. Gegen Moskau gab es viele gefährliche Konter, aber auch dank der Leistung von Torwart Tom Mickel kein Gegentor.

Und heute? Heute hatte man wieder einen bärenstarken Keeper im Tor. Diesmal hieß der Julian Pollersbeck. Und der parierte in der 69. Minute zuerst einen Hammer aus 18 Metern von Rapids Ivan, ehe er in der 73. Minute einen Schuss aus fünf Metern sensationell gegen Rapids A. Kostic parierte. Eine unfassbare Parade, wobei man dazu sagen muss, dass Pollersbeck, der fußballerisch nicht so sicher wirkte wie Mickel zuletzt, diese Chance mit einem Fehlpass auch selbst eingeleitet hatte.

Für die letzten 15 Minuten brachte Titz dann noch Pierre Michel Lasogga, der neben dem schon in der 60. Minute gekommenen Fiete Arp stürmte, für Ito und stellte auf 4-4-2 um. Große Chancen hatte der HSV allerdings nicht mehr. Dafür kamen die Wiener, nachdem sich Bates und Pollersbeck bei einem Rückpass schlecht abstimmten, unverhofft und fast ohne eigenes Zutun noch zu einer Großchance, die Pollersbeck mit einem langen Bein gerade noch abwenden konnte (84.).

Und so blieb es am Ende beim verdienten 2:1-Sieg gegen den Europa-League-Teilnehmer aus Wien. Ein gelungener Abschluss der sieben langen Trainingstage in Österreich. Und ein guter Startschuss für die Spieler, die in Wien einen Mannschaftsabend feiern durften und die nach ihrer Rückkehr morgen einige freie Tage zur Verfügung haben werden. „Noch mal etwas runterfahren, ehe wir in die finale Belastung gehen“, so Trainer Titz, der mit dem Spiel seiner Mannschaft in Wien zufrieden war.

Und obgleich ich gestern geschrieben hatte, dass es noch zu früh für Gewinner und Verlierer des ersten Vorbereitungsteils ist, ein paar Namen muss man dennoch nennen. Rick van Drongelen beispielsweise, der für mich das wahre Mentalitätsmonster dieser Mannschaft ist. Ich habe ehrlich gesagt schon sehr lange nicht mehr einen solch positiv-verrückten und unfassbar ehrgeizigen Spieler gesehen, der sich für absolut gar nichts zu schade ist und immer 100 Prozent gibt. Brutal! Zusammen mit Gideon Jung, der heute mit Knieproblemen pausieren musste, kann sich hier in den nächsten Wochen und Monaten eine richtig gute Zweitliga-Innenverteidigung bilden.

Davor hat sich trotz des namhaften Zugangs von Christoph Moritz, der heute eine sehr ansprechende zweite Halbzeit zeigte und der sicher nicht umsonst gleich zum Stellvertretenden Mannschaftskapitän gewählt wurde, bislang Matti Steinmann am stärksten präsentiert. Wobei, am stärksten ist eigentlich die Erkenntnis, dass diese Mannschaft auch in dieser sehr jugendlichen Konstellation mit vielen Spielern aus dem eigenen Nachwuchs erkennbare Entwicklungsschritte hinlegt. Spielerisch ist man sicher noch nicht da, wo Titz hin möchte – aber man ist auf einem sehr guten Weg. Zumindest offensiv, während man defensiv noch zu viele Fehler macht.

Dennoch, das Spiel heute unterstrich den positiven Eindruck vom 1:0-Sieg gegen Russlands Vizemeister ZSKA Moskau. Von daher kann man sagen: Man ist noch nicht fertig – aber bislang zumindest im Soll. Trainer Christian Titz auf der Pressekonferenz: „Das war ein sehr interessanter Test für uns gegen einen Gegner, der kurz vor dem Ligastart ist und gut anläuft. Für unseren Stand der Vorbereitung bin ich zufrieden. Solche Spiele unter diesem Spielstress sind für uns sehr wichtig, um Dinge auszuprobieren. Mit dem Stand der Mannschaft nach drei Wochen bin ich nach dem Spiel zufrieden. Es ist immer schwierig, gegen Mannschaften zu spielen, die physisch schon weiter sind. Wir haben das Spiel in der zweiten Halbzeit umgestellt und es hat erfolgreich geklappt. Rapid war ein wirklich guter Gegner, aber wir haben es im Anlaufverhalten wirklich gut gemacht. Für unsere jungen Spieler war es eine wichtige Erfahrung.“

In diesem Sinne, heute gibt es wie angekündigt kein Tagebuch mehr und ich verabschiede mich von Euch in den Rest-Sonnabend. Bis morgen!

Scholle

HSV: Pollersbeck – Ambrosius (24. Vagnoman), Bates, van Drongelen, Narey (60. Knost) – Steinmann (46. Moritz), Janjicic (83. David) – Jairo (60. Kwarteng), Holtby, Ito (76. Lasogga) – Wintzheimer (60. Arp)

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