Nico Pommerenke

26. Juli 2018

Moin Moin liebe Freunde der Rautenperle!

Wer den gestrigen Blog-Beitrag aufmerksam gelesen hat, dem mag vielleicht aufgefallen sein, dass es viel um Dinge wie das Wetter, die Belastung und die allgemeinen Anstrengungen der Vorbereitung ging. Christian Titz scheint aktuell ein ganz besonderes Auge darauf zu legen, seine Spieler körperlich nicht zu überfordern und somit die Verletzungsgefahr möglichst gering zu halten. Verständlich. Denn an den Ausfällen von Gideon Jung und Kyriakos Papadopoulos, letzteren hätte man gerne verkauft, hat der Zweitligist zu knabbern.

Und weil das Trainerteam ein genaues Auge auf die Belastungssteuerung wirft, nehmen die entsprechenden Maßnahmen kein Ende. Einerseits trainierten Bakery Jatta und Moritz Kwarteng erneut individuell, andererseits führte Titz eine Neuerung im Strafenkatalog ein: Wer nach Trainingsschluss noch länger auf dem Platz bleibt, zahlt 50 Euro in die Mannschaftskasse. „Das sind die jungen Wilden. Wenn wir die jetzt draußen lassen, dann kicken die 20 bis 30 Minuten weiter - und das zieht schon enorm rein“, so der Trainer nach Beendigung der 90-minütigen Einheit am Vormittag, die trotz der anhaltenden Hitze mit einer ordentlichen Intensität geführt wurde.

Zwei Tage vor der Saisoneröffnung gegen die AS Monaco konstatierte der Übungsleiter: „Wir sind in einem guten körperlichen Zustand und spielerisch gefestigt.“ Und deshalb freue man sich auf das Duell mit dem achtfachen französischem Meister im Volksparkstadion, auch wenn es schwer sei, den Gegner vorab einzuschätzen: „Es kann sein, dass Du auf einen extrem starken Gegner triffst“, so Titz, „es könnte aber auch eine ganz junge Truppe auf dem Platz stehen.“

So oder so -  für den HSV hat der anstehende Härtetest eine besondere Bedeutung. Das letzte Spiel vor dem Saisonauftakt gegen Holstein Kiel in acht Tagen, zudem die letzte Möglichkeit, verschiedenen Konstellationen unter Wettkampfbedingungen zu testen. Denn eine echte Stammelf, mit der der Bundesligaabsteiger die neue Saison angehen wird, gibt es noch nicht. „Das sieht man auch im Training, wir wechseln immer noch durch. Wir haben 15, 16, 17 Spieler, die alle zum Stamm gehören können.“ Das sei positiv zu bewerten, fügte der Trainer mit einem Grinsen hinzu - der Konkurrenzkampf läuft auf Hochtouren.

Und das war auch im heutigen Training festzustellen. Zunächst wurde die Einheit etwas ruhiger angegangen. Wieder teilte der Trainer seine Mannschaft in verschiedene Gruppen auf. Matti Steinmann, Rick van Drongelen und David Bates zum Beispiel übten Standards. Die drei Langen verwerteten dabei Eckbälle, getreten von Tatsuya Ito und Douglas Santos.

Dieser Durchgang der Übung zeigt (obwohl ich einen Finger vor der Linse habe - sorry!) die speziellen Anforderungen, die der Coach seinen Spielern stellt. Der Torwart eröffnet das Spiel flach auf einen der Innenverteidiger. In diesem Falle stehen die Anspielstationen sehr nah am Tor, die verteidigende Mannschaft schiebt extrem hoch, ein Großteil der raufschiebenden Mannschaft darf das gegnerische Spieldritten auch nicht verlassen. Der entstehende Druck auf den Ball ist vom Trainer so gewollt. Titz will sehen, wie seine Spieler die Situationen lösen und die erste Reihe des pressenden Gegners überwinden.

Ist dies geschehen, soll das Spielgerät in wenigen Sekunden und über wenige Anspielstationen das Mittelfeld passieren. Zwischen dem öffnenden Pass und dem Torabschluss liegen im Optimalfall nur wenige Sekunden. Die Anspiele müssen hart und präzise durchgeführt und ebenso gut verarbeitet werden. Jede verlorene Zeit ist ein Dorn im Auge des Trainers.

Am Ende dieser kurzen Videosequenz ist es Pierre-Michel Lasogga, der zum Abschluss kommt. Allerdings wirkte dieser Torschuss speziell und die meisten weiteren Versuche des 26-Jährigen heute glücklos. Viele Torschüsse verfehlten das Ziel, waren zu unplatziert oder wurden geblockt. Eine Szene in derselben Übung fiel besonders ins Auge: Bei einem Gegenstoß kam Lasogga über die rechte Seite und lief in einer Überzahlsituation in Richtung Tor. Statt direkt quer auf die mitgelaufenen Teamkollegen zu spielen, versuchte der 1,89 m große Angreifer, sich selbst in eine aussichtsreiche Position zu bringen. Als der Winkel dann zu spitz wurde, entschied sich Lasogga doch zum Querpass - aber zu spät. Der Ball wurde abgefangen, die Chance war dahin.

Aufgrund eines einzelnen Trainingstags auf dem Stürmer rumzuhacken wäre nun allerdings auch übertrieben. Dennoch könnte ein solcher Eindruck das Zünglein an der Waage sein. Immerhin hat Christian Titz in keinem anderen Mannschaftsteil derart viel Auswahl. Neben Lasogga kann Titz auf Manuel Wintzheimer und Jann-Fiete Arp zurückgreifen. Zusätzlich beorderte der Trainer in der laufenden Trainingswoche Aaron Hunt in die Sturmzentrale. Von einer „guten Option neben den drei anderen Stürmern“ sprach Titz heute nach dem Training. Aus der offensiven Viererreihe im 4-1-4-1-System könnten ohnehin immer mal wieder einzelne Spieler mit in die Spitze vorstoßen. Es wird mit Sicherheit eine der spannenden Fragen, wer gegen Monaco in vorderster Front stürmen darf - und gegen Holstein Kiel sowieso.

Mindestens genauso entscheidend: was passiert auf dem Transfermarkt? Ein neuer Innenverteidiger soll her, der Trainer spricht von aktuell nur drei Alternativen für die Startelf. Rick van Drongelen scheint gesetzt, daneben baut Titz auf David Bates und Stephan Ambrosius. „Wir haben gute Spieler in den Reihen. Nichtsdestotrotz wäre es schon wichtig, einen vierten Mann in den Reihen zu haben“, stellte der 47-Jährige fest. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass den jüngeren Alternativen wie Patric Pfeiffer noch Entwicklungsspielraum gegeben werden soll. Die Talente sollen nicht überfrachtet werden. Namen wie Ermin Bicakcic oder Carlos Zambrano wollte Christian Titz heute nicht kommentieren und gab nur preis: „Momentan ist der Stand, dass wir das wirtschaftlich noch mit keinem Spieler hinbekommen haben.“ Dies sei aber einer der Hauptfaktoren, unter denen die Suche angestellt werde. Bis es zu einem fixen Transfer kommt, wird im Training noch fleißig getestet. So durfte Vasilije Janjicic sich heute in der Abwehrzentrale probieren und hinterließ dabei keinen schlechten Eindruck.

Es war also wieder eine Menge los beim Training, an dessen Ende ein kleiner Kreis von Spielern noch ein wenig Strafstöße trainierte - eben so lange, wie es ohne Geldstrafe geduldet wurde.

Arp, Lasogga und Hunt, drei Namen, über die man dieser Tage häufiger stolpert, traten vom Punkt aus gegeneinander an. Gemeinsam mit Lewis Holtby verfügt Christian Titz jetzt schon über ein Quartett von sicheren Elfmeterschützen. Wer im Ernstfall dann tatsächlich antreten wird, soll nach Tagesform entschieden werden. Aufgrund der Hitze und des anstehenden Monaco-Tests wird morgen nur am Vormittag trainiert. Titz plan eine lockere Einheit, in der Technik, Aktivierung und Standards auf dem Programm stehen. Wie schon heute werden dann zwei Akteure wieder fehlen: Filip Kostic arbeitet individuell im athletischen Bereich und stößt frühestens in der nächsten Woche zum Team. Tobias Knost weilt mit der U19 bei einem internationalen Turnier in Aesch/ Schweiz.

Zum Abschluss des heutigen Blogs noch eine Beobachtung, die bei uns Journalisten für ein kleines Lächeln sorgte: Mitten im Training landeten plötzlich zwei riesige Greifvögel auf dem hinteren Teil des Trainingsgeländes, einer von beiden sogar mit einer gar nicht kleinen Beute in den Fängen. Als die Tiere sich wieder in die Lüfte erhoben, kreisten sie noch eine ganze Weile über den schwitzenden Profis und kommunizierten mit gellenden Schreilauten. Sogleich wurde natürlich der eine oder andere Witz gemacht, manch einer sprach sogar von einem schlechten Omen für den Start in die erste Zweitligasaison der HSV-Geschichte. Ich von meinem Standpunkt aus kann aber beruhigen: Viel mehr als am Aberglauben orientiere ich mich an meinen ganz subjektiven Eindrücken aus dem Training und den Signalen, die Mannschaft und Trainer senden. Und aus der Woche, die ich jetzt für die Rautenperle schreibe, nehme ich schon ein bisschen dezenten Optimismus mit.

In diesem Sinne - bis die Tage!

Euer Nico

FAQs

 
 

Über uns

Die Rautenperle - das ist ein Team aus jungen Medienschaffenden und Sportjournalisten mit großer Affinität zum HSV. Wir sind 24/7 bei den Rothosen am Ball und produzieren frischen Content für Rautenliebhaber.

Unser Ziel ist es, moderne, unabhängige Berichterstattung und attraktiven, journalistischen Content für junge und jung gebliebene HSV-Anhänger zu bieten. Wichtig ist uns dabei, eine neue Art des Sportjournalismus zu präsentieren: dynamisch, zeitgemäß, zielgruppengerecht. Weg von verstaubten Zeitungsspalten und immergleichen Phrasen.

Die Rautenperle ist aber nicht nur ein Ort, um sich zu informieren, sondern soll auch immer ein Ort des Austausches und des Miteinanders sein. Wir wollen eurer Leidenschaft einen Platz im Netz bieten: zum Diskutieren, zum Mitfiebern, zum Mitmachen.