Marcus Scholz

25. Juni 2018

Das war ein sehr kurzer Trip. Nachdem die Mannschaft gestern erst in Glücksburg eingecheckt hatte, wurde heute schon wieder der Rückweg angetreten. „Wir haben rundherum top Bedingungen. Aber die Platzbedingungen sind entscheidend für das Gelingen eines Trainingslagers“, erklärte Sportvorstand Ralf Becker um 13.34 Uhr Ortszeit, also ziemlich genau 24 Stunden nach der Abfahrt vom Trainingsgelände ging es schon wieder zurück nach Hamburg. Das Ergebnis einer Kette von organisatorischen Fehlern. „Wir werden sicher auch intern alles noch einmal aufarbeiten um zu sichern, dass das nicht noch einmal passiert“, so Becker sichtlich angefasst. „Aber grundsätzlich hatten wir dafür eine Agentur beauftragt, für die entsprechenden Bedingungen zu sorgen. Das ist jetzt leider nicht der Fall“, so Becker weiter, ehe Titz ergänzte: „Wir müssen jetzt auch anfangen, zunächst nach Lösungen zu suchen, bevor wir nach den Ursachen zu forschen.“ Zeit sei in der Vorbereitung schließlich kostbar.

Allerdings hat der HSV davon bis zum Saisonstart im August (3.8. bis 6.8.) noch ein wenig. Zudem steht im Jul (8. Juli – 15. Juli) noch ein zweites Trainingslager in Österreich an, das allerdings gesichert sein soll. „Ohne zu viel zu sagen, die Bedingungen dort sind großartig“, sagte Becker, der keinen Hehl daraus machte, dass der Abbruch des Trainingslagers auch auf den HSV ein schlechtes Licht werfen würde. Zu oft in den letzten Jahren hatte sich der HSV selbst in missliche Lagen gebracht. „Aber darum kann es bei der Entscheidung nicht gehen. Wir müssen aus sportlicher Sicht Sorge tragen und klare Entscheidungen treffen, um den sportlichen Ablauf maximal zu sichern. Und das haben wir getan. Wir haben den Platz angesehen, haben es darauf probiert und uns mit dem Mannschaftsrat ausgetauscht. Und jetzt die Entscheidung. Was jetzt von außen kommt, können wir nicht beeinflussen. Das müssen wir erst einmal ausblenden.“

Fakt ist: Der Platz ist unbrauchbar für Profitraining. Das Bittere an der ganzen Nummer aber ist, dass der HSV sogar seinen eigenen Greenkeeper in der vergangenen Woche vor Ort hatte und dieser schon vor den Bedingungen vor Ort gewarnt hatte. „Er hat uns auch darauf hingewiesen, dass nicht alles so top ist “, so Becker, der allerdings das Risiko zusammen mit Trainer Titz einging. „Wir haben uns besprochen. Da wir keinen allzu großen Aufwand hatten, haben wir gesagt, dass wir hinfahren und uns selbst ein Bild machen.“ Weshalb das vorher nicht passiert ist? „Wir hatten sehr viele organisatorische Dinge in den letzten Tagen, dazu der Trainingsauftakt. Zudem haben wir eine Agentur beauftragt, die Bedingungen für ein optimales Trainingslager zu gewährleisten. Da liefen viele Dinge falsch“, so der Vorstand Sport, der die Verantwortung für das gescheiterte Trainingslager bei der Agentur sieht.

So berichtet der HSV über den Trainingslagerabbruch

Zwischengeschaltet war auch diesmal wie in fast jeder Sommervorbereitung Jürgen Muhl. Der Stellvertretende Chefredakteur des SHZ-Verlages arbeitet sei Jahrzehnten mit dem HSV zusammen und organisiert Testspiele im Norden. Letzte Saison das Spiel gegen Holstein Kiel, dieses Jahr den Test am Freitag in Büdelsdorf. Erfahren vom Abbruch hat Muhl heute erst spät. „Vom HSV hat mich keiner informiert“, so Muhl, der keinen Hehl daraus macht, stinkesauer zu sein. „Ich bin tief enttäuscht. Der Platz ist, davon habe ich mich eben gerade noch einmal persönlich überzeugt, in einem recht guten Zustand. Er ist deutlich besser als vor viere Jahren, als Mirko Slomka mit dem HSV hier war und am Ende noch ein Dankschreiben schickte.“

Muhl selbst hatte mit seinen Kontakten geholfen, das Trainingslager binnen kurzer Zeit auf die Beine zu stellen. „Letzte Woche waren ein HSV-Greenkeeper und zwei vom Golfklub Glücksburg dabei, den Platz herzurichten. Und jetzt bricht man wegen drei oder vier schlechten Stellen am Rand des Platzes alles ab? Nein, das ist nicht nachvollziehbar. Das ist arrogant. Ich will mal sehen, was passiert, wenn diese Mannschaft in der zweiten Liga im Winter bei Minus zehn Grad in Sandhausen spielt, wenn diese Bedingungen schon nicht ausreichen.“

Der Kostenaufwand für das Trainingslager entspricht den Einnahmen der beiden Testspiele gegen Büdelsdorf am Freitag sowie TuS Dassendorf am 4. Juli. Dementsprechend rund 60.000 Euro, die sich der HSV von nach Prüfung der Umstände gern zurückholen würde. Ob das funktioniert, ist offen. Gespräche mit der Agentur laufen bereits. Noch etwas kontrovers, aber offenbar ist man beiderseits auf eine gütliche Lösung aus. Und sollte das gelingen,  dann dürfte auch noch ein Schreiben an Herrn Muhl mit drin sein...

Apropos Lösung: Die haben der HSV und Hannover 96 offenbar im Fall Walace gefunden. Der Brasilianer soll in Kürze einen Dreijahresvertrag bei de Niedersachsen unterzeichnen. Möglich ist sogar, dass das Ganze heute noch abgewickelt wird. Demzufolge zahlen die Hannoveraner 6 Millionen Euro Ablösesumme für den Mittelfeldspieler, der den HSV im Winter 2017 noch rund 9,5 Millionen Euro gekostet hatte und dafür bis zu seiner Suspendierung 27 Bundesligaspiele absolvierte. Zuletzt war trainierte Walace bei der U21 mit, nachdem er sich unter Trainer Christian Titz geweigert hatte, auf einer anderen Position als der Sechs zu spielen.

Nun kann man versuchen, aus beiden Nachrichten das Positive zu ziehen und sagen: Zum einen ist der HSV nicht allzu weit auf aufwändig teuer gereist, zum anderen bekommt man für einen seit Monaten aussortierten Spieler noch ordentliche 6 Millionen Euro Ablöse. Allerdings bezweifle ich, dass das wirklich so gesehen wird. Vielmehr wird sich der HSV, der in den letzten Jahren selbst in etliche Fettnäpfchen getreten ist und sich die Häme hart verdiente, erneut dem Vorwurf aussetzen lassen müssen, nicht professionell genug gearbeitet zu haben. Dabei wird man hier wie immer Probleme haben, die jeweils Schuldigen dafür zu belangen. Zumal bei Walace alle damals Verantwortlichen inzwischen gar nicht mehr beim HSV angestellt sind...

In diesem Sinne, eine öffentliche Trainingseinheit ist heute um  17.30 Uhr am Volkspark, ehe es morgen Nachmittag weitergeht.

Bis später!

Scholl

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