28. Oktober 2018
Das nenne ich mal einen Spieltag, der viel besser für den HSV nicht hätte laufen können. Heute patzten nach dem 1. FC Köln gestern (nur 1:1 gegen Heidenheim) auch die Verfolger FC St. Pauli (0:1 gegen Holstein Kiel) und Union Berlin (0:0 gegen früh dezimierte Dresdener). Das bedeutet, nach dem DFB-Pokalspiel am Dienstag in Wiesbaden trifft am 5. November im Montagabendspiel also der Tabellenzweite (HSV) auf den Tabellenführer aus Köln - und das punktgleich. Das ist dann mal ein echtes Spitzenspiel. Leider noch eine Liga zu tief - aber okay. Freue wir uns einfach mal darüber, dass der HSV so weit oben dran bleibt. Mit dem neuen Trainer Hannes Wolf, dem die einleitenden Zeilen dieses Blogs sicher nicht gefallen würden. Denn Wolf ist, das machte er auf der heutigen Pressekonferenz mehr als deutlich, schon komplett auf das Spiel am Dienstag beim Drittligisten SV Wehen Wiesbaden eingestellt.
Ob er in dem Spiel überlegt zu rotieren? Beispielsweise den durch die gelbrote Karte vom Freitag jetzt gegen Köln gesperrten David Bates gegen seinen potenziellen Ersatz austauscht, um dem Spielpraxis zu geben? „Das aus diesem Beweggrund zu machen wäre schwierig, weil es die Wertigkeit des Spiels und des Gegners herabwürdigen würde. Daher werden wir auch hier sicher die Mannschaft aufstellen, von der wir überzeugt sind, dass es die beste Wahl ist.“ Ergo: Eine große Rotation wird es nicht geben - warum auch? Seit Freitagabend konnten die Spieler regenerieren - und das nächste Spiel nach Wiesbaden ist wiederum mit einer sechs Tage langen Pause versehen und somit weit von einer Überbelastung entfernt. Wolf deutlich: „Es ist keine echte Englische Woche, es ist viel Platz zwischen den Spielen. Und die, die gespielt haben, können marschieren. Die Belastung ist kein Argument für Rotation.“
Apropos Belastung: Das scheint beim HSV das geringste Problem zu sein. Die Mannschaft mache einen guten Eindruck auf ihn, wiederholte Wolf heute sein Kompliment an den Vorgänger. „Der erste Eindruck ist, dass da eine sehr gute Substanz vorhanden ist, ein intaktes Gebilde“, so Wolf, dessen Mannschaft von allen 36 Profiklubs der ersten und zweiten Bundesliga die laufstärkste ist. Zwar lief man gegen Magdeburg nur knapp 125 Kilometer - aber hierbei muss man beachten, dass Bates der Mannschaft mit seinen Kilometern fast 40 Minuten lang fehlte. Insofern hätte man den bisherigen 130 Kilometer-Schnitt pro Spiel wahrscheinlich wieder knapp eingehalten. Ein imposanter Wert für eine Mannschaft, die in bislang jedem Spiel ein auffälliges Plus an Ballbesitz hatte. Und ein Wert, den sich der HSV beibehalten sollte. Zum Vergleich: Der 1. FC Köln läuft im Schnitt pro Spiel 114 Kilometer.Dafür schießen die Kölner allerdings insgesamt noch mehr Tore - was sich hoffentlich bald ändert.
Dass wiederum viele hier die Hoffnungen allein auf Pierre Michel Lasogga legen, halte ich für falsch. Denn wenn man Lasoggas Qualitäten maximal nutzen will, muss man sich lösen von dem Dogma, er müsse immer beginnen. Selbst dann, wenn Uwe Seeler das sagt. Vielmehr hilft man dem Spieler sowie der Mannschaft mit Abstand am meisten, wenn man es von Spiel zu Spiel bewertet - und das wird Wolf so machen, wenn ich ihn richtig einschätze. „Ich bin nicht hier, um eine Revolution zu machen“, nahm Wolf heute der Diskussion, ob er viel gegenüber seinem Vorgänger verändern müsse, jegliche Substanz. Wolf weiß, dass er hier den meisten Erfolg hat, wenn er die Mannschaft, die vorher schon funktionierte, nur minimal verändert. So kann er auch für nach seine Spielidee implantieren, ohne dabei einzelne Spieler oder gar die Mannschaft als Ganzes zu überfordern.
Dass Wolf sogar die Vertrauten seines Vorgängers übernahm, war zumindest eine seltene Entscheidung. Zumeist bringt ein neuer Trainer auch seinen oder gar seine Vertrauten mit. Wolf nicht. Stattdessen lobte er heute die Zusammenarbeit mit seinem neuen Team. „Auf menschlicher Ebene passt es top. Und davon waren wir auch vorher schon überzeugt. Inhaltlich sind wir ganz nah beieinander. Es gibt Konstellationen, da passt es einfach. Und ich würde sagen, das passt.“ Worte, die die von Titz zum HSV gelotsten Cotrainer Andre Kilian und Mike Goebbels sicher gern hörn werden. Dass sich Wolf im Winter dennoch versuchen wird, mit Miguel Moreira seinen engsten Vertrauten seit Dortmunder A-Jugend-Zeiten nach Hamburg zu holen, ist wahrscheinlich. Und verständlich.
Aber auch das sind Dinge, die Wolf (ebenso wie eine Stadttour, um Hamburg kennenzulernen) aufschiebt. Heute machte er deutlich, wie ernst er das Pokalspiel am Dienstag nimmt. Wehen Wiesbaden sei eine Spitzenmannschaft ihn der Dritten Liga, habe zuletzt fünf Tore gegen den KSC erzielt, was ihn schlussfolgern ließ: „Es ist eine Profimannschaft, Die haben das Zeug, uns wehzutun.“ Aber seht und hört selbst, was Wolf heute zu sagen hatte.
In diesem Sinne, bis morgen. Da wird noch mal unter Ausschluss der Öffentlichkeit trainiert, bevor es nach Wiesbaden geht.
Bis dahin!
Scholle