Marcus Scholz

14. April 2020

„Perspektivisch planen wir aber, auf Vagnoman und Gyamerah zu setzen.“ Diesen Satz hatte Sportvorstand Jonas Boldt im Winter, auf der Mitgliederversammlung des HSV in Harburg gesagt, als er für die Rechtsverteidigerposition „Optimierungsbedarf“ angekündigt hatte. Damals waren Jan Gyamerah und Josha Vagnoman noch längerfristig verletzt. Boldt betonte damals, dass man den beiden Verletzten auf lange Sicht vertrauen wolle und daher nur ein Leihgeschäft auf der Position anstrebe. So kam es dann auch. Im Trainingslager in Lagos stieß Trainer Dieter Heckings Entdeckung Jordan Beyer aus Mönchengladbach dazu. Auf Leihbasis bis Saisonende und ohne Kaufoption. „Das zeigt mir, dass hier auf mich gesetzt wird“, sagte Gyamerah damals. Und auch Boldt betonte seinerzeit, dass man seinen jungen Talenten die Tür auf ihrer Position nicht habe zuschlagen wollen und ein Leihgeschäft ohne jede Kaufoption.

Heute, rund drei Monate später, sind sowohl Gyamerah als auch Vagnoman wieder voll im Mannschaftstraining. Gyamerah stand sogar schon im Kader beim letztlich abgesagten Spiel bei Greuther Fürth. Und Vagnoman soll bei einer etwaigen Saisonfortsetzung wieder bei 100 Prozent sein. Und dennoch macht seit kurzem die Idee die Runde, der HSV könne Beyer doch verpflichten wollen. So zumindest hatte es die BILD heute suggeriert. Demnach sollen die Gladbacher dem HSV vor kurzem eine Kaufoption nachträglich eingeräumt haben. Beyer selbst soll interessiert sein, fühlt sich in Hamburg wohl. Und der HSV? Der dementiert. Deutlich. „Diese Frage stellt sich uns überhaupt nicht“, so Sportvorstand Jonas Boldt, „Borussia Mönchengladbach hat uns den Spieler für ein halbes Jahr geliehen und er besitzt dort einen Anschlussvertrag.“ Boldt betonte, dass Fußball zwar immer sehr schnelllebig sei, dass es sich hier aber um eine reine Spekulation handele. „Bislang gibt es seitens Gladbach null Bestreben, das mir bekannt ist, den Spieler abzugeben.“

Beyers Verbleib beim HSV ist kein Thema

Vor allem gibt es seitens HSV offenbar aktuell auch kein Bestreben. Im Gegenteil: „Ich ziehe den Hut davor, wie Josha mit der Situation umgegangen ist. Dass er jetzt da steht, wo er steht, liegt auch daran, dass er sehr gut gearbeitet hat. Josha ist ein gutes Beispiel dafür, dass junge Spieler bei uns die Chance bekommen, wenn sie hart an sich arbeiten. Er hat unsere Erwartungen mehr als erfüllt“, hat Boldt jüngst dem „kicker“ gesagt und damit noch einmal betont, welch Signalwirkung er sich von der Vertragsverlängerung des 19-Jährigen erhoffe. Immerhin setzt der HSV darauf, in Zukunft von eigens ausgebildeten Talenten sowohl im Profikader wie letztlich auch durch Verkäufe zu profitieren. Und dazu gehört es eben auch, sich als Ausbildungsverein mit Positiv-Beispielen einen Namen zu machen. Vagnoman mit einem dritten Rechtsverteidiger eine zusätzliche Konkurrenz vor die Nase zu setzen und das Risiko einzugehen, dass sich der Youngster eben nicht wie gewünscht entwickelt, wäre zweifellos kontraproduktiv. Glücklicherweise scheint der HSV hier seinen geraden Weg zu gehen.

Offen ist eh, ob und wann die Saison fortgesetzt werden kann. Die DFL hat die für Freitag anberaumte Mitgliederversammlung auf den 23. April verschoben. Damit soll „zusätzliche Zeit zur weiteren intensiven Vorbereitung bevorstehender Entscheidungen“ gewonnen werden. Hintergrund ist, dass die Politik in dieser Woche über neue Regelungen im Umgang mit der Corona-Krise entscheiden will, die ab dem 20. April gelten sollen. Der Spielbetrieb in der Bundesliga und der 2. Liga ist noch bis mindestens 30. April ausgesetzt.

 

In unserer „Frage der Woche“ wollten wir von Euch wissen, ob die Alternative, Geisterspiele auszutragen, dem Fußball mehr schaden oder helfen. Bislang ist die Tendenz sehr deutlich - 80 Prozent sind für Geisterspiele als letzte Möglichkeit, die Saison doch sportlich noch zu beenden. Auch Boldt lässt hier gar keine Zweifel zu. Weniger noch: Boldt ist genervt, dass hier überhaupt noch diskutiert wird. „Die 36 Profiklubs haben abgestimmt, die letzte Möglichkeit auf eine sportliche Beendigung der Saison zu nutzen. Hierfür sind Geisterspiele alternativlos. Dass darüber heute überhaupt noch diskutiert wird, wundert mich.“ Man müsse vielmehr froh sein, wenn sich dieser Slot überhaupt noch einmal öffnet. Die Situation sei für die gesamte Gesellschaft schon schwierig und vor fünf Wochen habe man vielleicht noch eine Erklärung dafür gefunden, zu träumen. Aber dieser Zeitpunkt sei längst vorbei, so der HSV-Vorstand.

Geisterspiele alternativlos - Hoffmanns Vertrag aufgelöst

Eine Auslegung der Umstände, der ich zu 100 Prozent zustimme. Auch ich sehe den romantischen Gedanken, dass Fußballspiele durch fehlende Stimmung von den Rängen an Reiz verlieren, als absolut nachrangig. Primär kann und muss es jetzt um Schadensbegrenzung gehen. Und das bedeutet, dass man die Saison unter allen Umständen beenden muss. Oder besser formuliert: Man darf hier keine Ansprüche mehr stellen, wenn man die Minimalchance noch nutzen und so möglichst viele Klubs vor der Insolvenz retten will. Ehrlich gesagt glaube ich sogar, dass die Spiele auch als Live-Übertragungen die Gemütslage der Gesellschaft in Teilen verbessern werden. Sicher nicht mit Public Viewing, aber eben als kleinen Anker Normalität und ganz surrealen und leider auch sehr ernsten Zeiten.

Endgültig beendet ist indes die Zeit von Bernd Hoffmann beim HSV. Der HSV einigte sich mit dem bislang nur freigestellten Vorstandsboss auf eine vorzeitige Auflösung des noch bis 2021 laufenden Vertrages (Jahresgehalt knapp 500.000 Euro) zum 11. April. Auf der vereinseigenen Homepage heißt es, dass beide Parteien Stillschweigen bezüglich aller Inhalte dieser Vertragsauflösung vereinbart hätten. Klar ist aber auch, dass der HSV im Falle eines Nichtaufstieges den Vertrag Hoffmanns zum Saisonende vorzeitig hätten auflösen können. Dennoch dürfte sich Hoffmann, der sich für den Fall eines Aufstieges noch einmal 500.000 Euro Prämie in den Vertrag hatte schreiben lassen) diesen vorzeitigen Abgang teuer bezahlen lassen. Interessant wird zu sehen sein, ob er letztlich eine Verschwiegenheitsklausel unterschrieben hat. Auf eine solche hatte Hoffmann zuvor bei den entlassenen Verantwortungsträgern stets großen Wert gelegt. Nicht selten war das sogar viel Geld wert.

In diesem Sinne, bis morgen! Da melden wir uns wieder mit unserem Community-Talk bei Euch! Und natürlich um 7.30 Uhr mit dem MorningCall!

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