Marcus Scholz

15. September 2018

Am Ende waren es die Wechsel, die dieses lange Zeit sehr zähe Spiel vor den Augen von 45.379 Zuschauern entschieden. Auf Heidenheimer Seite trafen die beiden Einwechselspieler Schmidt und Glatzel, beim HSV waren die eingewechselten Arp und Moritz zwei der drei Vorbereiter für den Hattrick des dritten Eingewechselten: Pierre Michel Lasogga. Denn Lasogga war es, der mit drei Toren in neun Minuten einen Rückstand in einen Sieg drehte. Mit 3:2 siegte der noch lange nicht stabil wirkende HSV gegen den 1. FC Heidenheim und klettert so mit einem Spiel weniger als die Konkurrenz vorübergehend auf den vierten Tabellenplatz. „Wenn man gegen einen defensiv kompakten Gegner spielt, braucht man Geduld, um sich offensiv Chancen zu erarbeiten. Zwei Gegentore sind allerdings zu viel, da dürfen wir es eigentlich nicht noch mal so spannend machen”, analysierte Arp im Nachgang korrekt.

 

Wobei, apropos Wechsel: Den ersten Wechsel gab es schon vor dem Spiel: Tatsuya Ito musste krankheitsbedingt passen. Für ihn rückte Arianit Ferati in den Kader und Vasilije Janjicic in die Startelf. Die defensivere Lösung, dachte ich zunächst. Aber Trainer Christian Titz ließ in der Offensive erwartungsgemäß rochieren und hatte so fast immer zwei Spieler in der Spitze und einen Spieler direkt dahinter. Auch Neuzugang Hee-chan Hwang, der in den ersten 20 Minuten sechs Mal am Ball war – und ihn sechs Mal verlor, dann aber langsam ins Spiel fand.

Auch, weil der HSV nach sehr fahrigen, ideenlosen ersten 20 Minuten gegen sehr tief stehende Heidenheimer endlich auch mal in Tornähe kam. Khaled Narey scheiterte zweimal (22., 23.) mit Schüssen aus 18 Metern. Ebenso wie Hwang, dessen Schuss von Heidenheims Beermann geblockt zur gefährlichen Bogenlampe wurde (26.). Ansonsten war nicht viel – außer lauernden Heidenheimern, die regelmäßig mit allen elf Spielern in der eigenen Hälfte Beton anrührten und auf Konter lauerten. Einfach mal gar so nichts für Fußball-Ästheten. Aber darum darf es uns in dieser Saison auch nicht gehen, das war vorher klar. “Die stehen nur hinten drin, machen nichts fürs Spiel und wollen kontern”, analysierte Ex-HSVer Thomas Gravesen in der Halbzeit treffend, “und wenn wir einen machen, fallen noch mehr. Ich tippe auf 3:0.”

Wobei ich schon  ich sehr zufrieden gewesen, wenn der HSV hier zumindest mit einer Führung in die Halbzeitpause gegangen ware – und die war drin. Sakai setzte in der letzten Minute der ersten Hälfte gut nach, legte den Ball von rechts quer auf Hwang, der sieben Meter vor dem Tor mit einer schnelle Drehung seinen Gegenspieler Patrick Mainka alt aussehen ließ und mit seinem Schuss am Reflex des Heidenheimer Keepers scheiterte (45.). Schade.

Allerdings war diese Szene auch die mit weitem Abstand gefährlichste HSV-Chance. Trainer Titz hatte somit in der Halbzeit die klare Aufgabe vor sich, sein Mittelfeld(zentrum) zu ordnen. Denn weder Mangala noch Steinmann und noch weniger Janjicic hatten das Spiel im Griff. Im Gegenteil: die beiden defensive Mittelfeldspieler (Janjicic und Steinmann) sahen nach taktischen Fouls schon in der ersten Hälfte Gelb. Folgerichtig, dass Titz den Schweizer rausnahm und dafür Christoph Moritz brachte. Etwas überraschend hingegen war, dass auch van Drongelen raus musste und dafür Pierre Michel Lasogga kam.  Mangala rückte in die Viererkette, die zumeist ne Zweierkette war…).

Nur besser wurde es nicht. Im Gegenteil. Der HSV geriet sogar in Rückstand. Denn nach knapp 20 ereignisarmen Minuten war es Leo Lacroix, der nach einer guten Pollersbek-Parade den Ball verstolperte und dem gerade eine Minute zuvor eingewechselten Schmidt den Ball so vor die Füße servierte, dass dieser aus acht Metern einschieben konnte. Das 0:1 (64.). Und hätte Heidenheims Andrich eine Minute später per Lupfer (Lacroix hatte auf Höhe der Mittellinie völlig übermotiviert (vorbei)gegrätscht und somit den Konter eröffnet) das 2:0 für die Gäste gemacht, das Spiel ware verloren gegangen.

Ging es aber nicht. Denn Lasogga traf.

Und das sogar doppelt. Nein: Dreifach!! Mit einem blitzsauberen Hattrick binnen neun Minuten drehte Lasogga das Spiel komplett. Erst war es Santos, der nach schönem Moritz-Zuspiel den Ball direkt weiterleiten wollte, den Pfosten traf – aber Lasogga setzte nach und drückte den Ball mit ganzem Körpereinsatz irgendwie über die Linie. Der Ausgleich in der 74. Minute. Dann setzte sich der gerade eingewechselte Fiete Arp über rechts super durch, chippte den Ball in die Mitte und Lasogga drückte per Kopf zur Führung (81.) ein. Und zum Schluss verlängerte Lacroix einen Santos-Eckball auf Lasogga, der mit seinem zweiten Kopfballtreffer zum 3:1 (83.) einnickte. Die Entscheidung?

Wenn das so weitergeht, geht der HSV an Lasoggas Torprämie pleite... #HSVFCH

— Tobias Escher (@TobiasEscher) 15. September 2018

 

Nein. Denn der HSV pennte in der Defensive. Warum man nach einem 3:1 so offen steht, erschließt sich mir nicht. Dass Mangala kein gelernter Innenverteidiger ist und Lacroix sich noch etwas an die Bundesliga gewöhnen muss – okay. Aber wie Lacroix in der 89. Minute den Ball verlor und Mangala seinen Gegenspieler im Rücken komplett unbeachtet ließ, das war schon echt schlecht. Und es bedeutete noch mal zittern, den Glatzel verkürzte für Heidenheim auf 2:3.

Aber dabei blieb es dann. Ergo: Alles beim Alten. Der HSV tut sich schwer, die Balance aus mutigem Offensivspiel und stabiler Defensive zu finden. Nein: Er hat sie noch nicht gefunden. Aber gewonnen. Dank Pierre Michel Lasogga und drei sehr effektiven Einwechslungen (die Vorbereiter Moritz, Arp und eben Lasogga kamen) Und darum geht es am Ende.

 

In diesem Sinne, bis später.

Scholle

 

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