Marcus Scholz

24. April 2018

Dass es eine Problemzone ist, ist lange bekannt. Gerade einmal 24 Tore in 31 Spielen – das ist Negativrekord für den HSV. Und in der Liga der schlechteste Offensivwert aller 18 Klubs. Zudem hat man doppelt so viele kassiert. Auch deshalb hatte der HSV im Winter nach außen immer wieder betont, nach neuen Offensivkräften zu suchen. Unter Markus Gisdol war es zunächst ein offensiver Mittelfeldspieler mit Torgefahr, während Gisdols Nachfolger Bernd Hollerbach einen klaren Neuner haben wollte. Geholt wurde: niemand. Auch deshalb wird aktuell mit Aaron Hunt sogar ein nomineller Zehner, also der Spielgestalter, zum Torjäger umfunktioniert. Weil man nichts Besseres hat. „Er kann das“, verteidigt Trainer Christian Titz seine Maßnahme immer wieder. Wissend, dass er es auch aus Mangel an formstarken Alternativen macht, lobt der Trainer seine Problemzone stark.

Denn aktuell ist kein Stürmer wirklich gut drauf. Auch nicht Jann Fiete Arp, der heute fehlte, weil er Abi-Vorbereitung hatte. Der 18 Jahre junge Angreifer trainierte stattdessen am Abend mit der Perspektiv-Trainingsgruppe und holte nach, was er am Vormittag auf dem Platz und am Nachmittag im Kraftraum verpasst hatte. Vor allem psychisch waren die letzten Wochen für den umworbenen Angreifer schwierig, wie wir hier schon oft genug geschrieben und diskutiert haben. Allerdings ist Arp deutlich robuster, als es ihm viele zutrauen, bzw. als man generell einem 18-Jährigen zutrauen sollte. Auch Titz, der Arp schon seit der U17 kennt, weiß das.

Vor allem weiß auch Titz, wie es in der Zukunft mit Arp weitergeht. Noch immer liegt kein Angebot des FC Bayern in Hamburg vor. Was allerdings nicht heißen muss, dass hinter den Kulissen nicht schon gesprochen wurde. So von Berater Jürgen Milewski zum FC Bayern. Aber es gilt zumindest als sehr wahrscheinlich, dass der HSV unter der Führung von Trainer Titz, die absurderweise vom Schaffen eines Wunders abhängig gemacht wird, eine gute Chance hätte, Arp in Hamburg zu halten. Ob gänzlich oder als Leihspieler nach einem Verkauf nach München ist dabei offen. Fakt ist aber, dass Arp sehr viel von Titz hält. Ob wohl er es momentan nicht leicht hat zu spielen.

Denn was in den Trainingseinheiten für alle, also insbesondere auch für Titz, zu sehen war: Arp ist aktuell nicht in Top-Verfassung. Er gibt zwar immer Vollgas, lässt es auch nie an Motivation und Einsatz mangeln. Aber er trifft einfach nicht mehr mit der Selbstverständlichkeit seiner ersten Schritte im Bundesligakader. Deshalb hat er Arp in den letzten Wochen immer wieder im Training geschont und in der Bundesliga nicht spielen lassen.

Ob Arp trotz seines heutigen Fehlens für das nächste Endspiel in Wolfsburg eine Alternative für die Startelf ist? „Ich glaube, dass er so langsam durchschnaufen kann“, erklärte der Coach. „Man merkt ihm an, dass es besser wird. In den letzten Wochen und Monaten ist es alles in allem schon sehr viel für ihn gewesen. Bei ihm geht es einfach darum, dass er vom Kopf her freier wird. Die Zeit geben wir ihm. Wenn das schon bis zum Spiel am Sonnabend so ist, dann bin ich echt glücklich. Und wenn er doch noch ein, zwei Wochen länger braucht, ist das auch okay. Dann kriegt er die auch.“

Klingt nicht so, als habe Titz den festen Plan, sein Toptalent beim VfL Wolfsburg zu bringen. Mehr noch: Heute lobte der Cheftrainer auch noch Bobby Wood. Den US-Amerikaner, der seit Monaten seiner Form hinterherlief. Schon gegen Freiburg brachte Titz den US-Nationalstürmer in der zweiten Halbzeit – während Arp draußen blieb. Und Titz gefiel, was Wood ablieferte. „Ich finde, dass er auch zwei richtig gute Aktionen für uns hatte. Er ist im Aufwind und ich hoffe, er macht so weiter. Wenn er nach Wolfsburg fährt und zwei Tore macht, bin ich glücklich.“ Geht man nach dem heutigen Training, dann hat Titz zumindest in einem Recht: Wood wirkt agiler. Er schmeißt seinen Körper in die Bälle, setzt nach und schließt ab. Noch nicht so effektiv, dass er seinen Einsatz erzwingt. Aber zumindest scheint Wood im Saisonendspurt noch mal motiviert zu sein, sich zu zeigen. Und das ist grundsätzlich positiv.

Tatsächlich scheint die letzte Restchance mit dem direkten Duell in Wolfsburg in ganz Hamburg noch einmal den Glauben bei einem Großteil der Fans sowie den Verantwortlichen selbst freigesetzt zu haben. So oft wie in den letzten Tagen habe ich lange nicht gehört „die packen das noch“. Mehr noch: Viele glauben sogar daran, dass der HSV noch den direkten Klassenerhalt schafft. Allem vorausgesetzt: Ein Sieg am Sonnabend bei HSV-Retter Bruno Labbadia. „Es ist wie ein Viertelfinale“, sagt Titz heute, „verlieren wir, sind wir raus. Gewinnen wir, geht es in die nächste Runde.“ Und auch in können man wieder ausscheiden – oder mit Siegen am Ende den ganz großen Wurf landen.

Ich wurde in einem der letzten Blogs gefragt, wie die Körpersprache der Spieler sei. Und ganz ehrlich: Stand heute ist sie angespannt aber mit erkennbarer Motivation. Bei fast allen. Heute besonders auffällig: Douglas Santos. Der Brasilianer, der gegen Freiburg gesperrt war, wird mit Sicherheit und hochverdient am Sonnabend wieder in die Startelf rutschen. Und auch heute demonstrierte er, weshalb er in den letzten Monaten beim HSV zum besten Spieler avancierte. Er vernaschte wirklich jeden Gegenspieler – egal, wer ihm gegenübergestellt wurde. Und das, obwohl er schon so gut wie an PSV Eindhoven verliehen war. Zum Glück blieb der Linksverteidiger.

Heute Abend stand erneut ein Essen beim Griechen statt. Zwar ohne Keeper Julian Pollersbeck, der heute krank zu Hause blieb und in den nächsten Tagen wieder einsteigen soll. Aber dafür wie wohl bis Saisonende in jeder Woche nach einem Sieg. Teambuilding der Marke Kyriakos Papadopoulos. Wäre zu schön, wenn es anschließend noch zweimal gemeinsam zum griechischen Essen gehen würde...

In diesem Sinne, Euch allen einen schönen Restabend mit einem spannenden Champions-League-Spiel Bis morgen. Ich drücke dem Mann die Daumen, den der HSV einst wegen zerrissener Hosen und von Klopp selbst bis heute bestrittener Unpünktlichkeiten ablehnte...

Bis morgen!

Scholle

 

 

 

 

 

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